Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Liberia
Liberia⃟ Fläche: 111 369 km2
Einwohner: (1995) 3,039 Mio.
Hauptstadt: Monrovia
Verwaltungsgliederung: 13 Bezirke (Counties)
Amtssprache: Englisch
Nationalfeiertag: 26. 7.
Währung: 1 Liberianischer Dollar (Lib$) = 100 Cents (c)
Zeitzone: WEZ
(amtlich engl. Republic of L.), Staat in Westafrika, grenzt im SW an den Atlantik, im NW an Sierra Leone, im N an Guinea, im O an die Rep. Elfenbeinküste.
Staat und Recht: Nach der 1986 in Kraft getretenen Verf. (1997 modifiziert) ist L. eine präsidiale Rep.; Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und oberster Inhaber der Exekutive (Reg.chef) ist der für sechs Jahre direkt gewählte Präs. Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament, bestehend aus Senat (26 Mitgl.) und Repräsentantenhaus (64 Abg.). 1990-97 war die verfassungsmäßige Ordnung infolge des Bürgerkriegs außer Kraft gesetzt. Das 1996-97 wieder belebte Mehrparteiensystem wird von der National Patriotic Front of Liberia (NPP) dominiert, daneben spielen v. a. die Unity Party (UP) und All Liberia Coalition Party (ALCOP) eine Rolle.
Landesnatur: An die 570 km lange, nur schwer zugängl. Küste (»Pfefferküste«) schließt sich eine 10-50 km breite, meist sumpfige Küstenebene (Mangrovensümpfe) an; dahinter erhebt sich ein Plateau- und Hügelland (200-400 m ü. M.), das im N durch Mittelgebirge überragt wird (im Nimba 1 384 m ü. M.). Das Klima ist subäquatorial mit einer Regenzeit, im äußersten S zwei Regenzeiten. Das Land ist überwiegend mit trop. Regenwald bedeckt, der an manchen Stellen starke anthropogene Veränderungen zeigt.
Bevölkerung: Staatstragende Schicht (jedoch nur 3 % der Bev.) sind die Nachkommen der 1822 eingewanderten 16 400 ehem. Sklaven aus den Südstaaten der USA; die meisten von ihnen sind Christen. Die Bev.mehrheit besteht aus 20 ethn. Gruppen von Sudaniden (Kpelle, Bassa, Kru u. a.) sowie Libanesen. Die Bev.dichte ist an der Küste und in den Bergbau- und Kautschukanbaugebieten am größten. Infolge des seit 1989 andauernden Bürgerkriegs sind etwa 750 000 Liberianer nach Guinea und in andere Nachbarstaaten geflohen. - Allg. Schulpflicht besteht vom 6. bis 16. Lebensjahr; die Analphabetenquote liegt bei 62 %. In Monrovia gibt es eine Univ. (gegr. 1862 als College, seit 1951 Univ.) sowie zwei Hochschulen. - Rd. 40 % der Bev. gehören Naturreligionen an, 37 % sind Christen, etwa 20 % Muslime.
Wirtschaft, Verkehr: Hauptzweig ist die Landwirtschaft, die über die Hälfte der Erwerbstätigen beschäftigt; für den Eigenbedarf Anbau von Reis, Maniok, Bataten, Jamswurzeln, Bananen, Zitrusfrüchten, Zuckerrohr; für den Export hat die Kautschukgewinnung (Plantagen) größte Bedeutung, ferner Kaffee, Kakao, Ölpalmen. Die Viehhaltung ist wegen der Tsetsefliege eingeschränkt; Fischerei spielt zunehmend eine Rolle; die Forstwirtschaft verfügt über enorme Reserven an wertvollen Hölzern (etwa ein Drittel des Landes wird forstwirtsch. genutzt). Zweitgrößter Wirtschaftsfaktor ist der Bergbau: Eisenerzabbau, Gewinnung von Diamanten und Gold. Entwickelt sind die Bereiche der verarbeitenden Ind., bes. Eisenerzaufbereitung und Kautschukverarbeitung. Die Einnahmen aus der Tanker- und Transporterflotte (meist ausländ. Schiffe unter liberian. Flagge) sind leicht rückläufig. Haupthandelspartner sind die USA, Dtl. und andere EU-Länder. - Die drei Eisenbahnlinien dienen fast ausschl. dem Erztransport; das Straßennetz umfasst 6 100 km. Haupthäfen: Monrovia (mit Freihafen), Buchanan (Eisenerztransport), Greenville, Hasper (Holzexport). Internat. Flughafen Robertsfield bei Monrovia.
Geschichte: Ab 1822 wurden östlich von Kap Mesurado und entlang der Pfefferküste 16 400 freigelassene schwarze amerikan. Sklaven angesiedelt. Gegen den Widerstand der einheim. Bev. kolonisierten sie das Land und riefen am 26. 7. 1847 die unabhängige Rep. L. aus. Bis weit ins 20. Jh. lebten die Amerikoliberianer von amerikan. Unterstützung. Versuche Präs. W. Tubmans (1944-71), die Rivalität zw. den Eingeborenen (Afroliberianer) und den Amerikoliberianern zu beseitigen und die zahlr. ethn. Gruppen in den Staat zu integrieren, blieben auch unter seinem Nachfolger W. R. Tolbert (1971-80) weitgehend ohne Erfolg. Eine geplante Preiserhöhung für Reis führte 1979 zu blutigen Aufständen (»Reisunruhen«). Am 12. 4. 1980 kam es zu einem Militärputsch unter S. K. Doe, der die Verf. aufhob und nach der Ermordung Tolberts als erster Afroliberianer Staatsoberhaupt wurde.
Im Dez. 1989 brach in L. ein Aufstand gegen Präs. Doe aus, der sich ab Aug. 1990 zu einem bewaffneten Konflikt zw. versch. Rebellengruppen und der ehem. Regierungsarmee ausweitete. Mit der Entsendung einer Friedenstruppe suchten die in der Westafrikan. Wirtschaftsgemeinschaft (engl. Abk. ECOWAS) zusammengeschlossenen Staaten den Bürgerkrieg zu beenden. Sie setzten im Nov. 1990 eine »Übergangsregierung der nat. Einheit« unter Präs. Amos Sawyer ein, der seit Mai 1994 weitere Übergangsregierungen folgten. Im Sept. 1993 beschloss der UN-Sicherheitsrat die Entsendung einer Beobachtermission. Trotz Vermittlungsbemühungen der ECOWAS-Staaten, der OAU und der UN brachen die Kämpfe, unterbrochen von zahlreichen Waffenstillstandsbeschlüssen und Friedensabkommen, immer wieder aus, lösten Flüchtlingsbewegungen in die Nachbarländer aus und zogen diese auch (bes. Sierra Leone, Elfenbeinküste) in Mitleidenschaft. Unter dem Druck der UN, der USA und des ECOWAS-Präs. J. Rawlings (Ghana) auf die Führer der einander bekämpfenden Milizen schlossen diese im Aug. 1996 ein neues Friedensabkommen. Ihm entsprechend fanden im Juli 1997 allgemeine Wahlen statt, bei denen C. G. Taylor zum Präs. gewählt wurde und die ihn stützende Partei die absolute Mehrheit erhielt.
▣ Literatur:
Hogan, E. M.: Catholic missionaries and L. A study of Christian enterprise in West Africa, 1842-1950. Corc 1981.
⃟ Kraaij, F. P. van der: The open door policy of L. An economic history of L., 2 Bde. Bremen 1983.
⃟ Dunn, D. E. u. Holsoe, S. E.: Historical dictionary of L. Metuchen, N. J., 1985.
⃟ Boom, D. van den: Bürgerkrieg in L. Münster u. a. 1993.
⃟ Gifford, P.: Christianity and politics in Doe's L. Cambridge u. a. 1993.
⃟ Dunn, D. E.: L. Oxford u. a. 1995.
⃟ Korte, W.: Ethn. Tradition u. militär. Intervention in Afrika. Essay über den Putsch in L. Münster 1995.
⃟ Körner, P.: Macht- u. Interessenpolitik in der ECOWAS-Region u. der Krieg in L. Hamburg 1996.
Einwohner: (1995) 3,039 Mio.
Hauptstadt: Monrovia
Verwaltungsgliederung: 13 Bezirke (Counties)
Amtssprache: Englisch
Nationalfeiertag: 26. 7.
Währung: 1 Liberianischer Dollar (Lib$) = 100 Cents (c)
Zeitzone: WEZ
(amtlich engl. Republic of L.), Staat in Westafrika, grenzt im SW an den Atlantik, im NW an Sierra Leone, im N an Guinea, im O an die Rep. Elfenbeinküste.
Staat und Recht: Nach der 1986 in Kraft getretenen Verf. (1997 modifiziert) ist L. eine präsidiale Rep.; Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und oberster Inhaber der Exekutive (Reg.chef) ist der für sechs Jahre direkt gewählte Präs. Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament, bestehend aus Senat (26 Mitgl.) und Repräsentantenhaus (64 Abg.). 1990-97 war die verfassungsmäßige Ordnung infolge des Bürgerkriegs außer Kraft gesetzt. Das 1996-97 wieder belebte Mehrparteiensystem wird von der National Patriotic Front of Liberia (NPP) dominiert, daneben spielen v. a. die Unity Party (UP) und All Liberia Coalition Party (ALCOP) eine Rolle.
Landesnatur: An die 570 km lange, nur schwer zugängl. Küste (»Pfefferküste«) schließt sich eine 10-50 km breite, meist sumpfige Küstenebene (Mangrovensümpfe) an; dahinter erhebt sich ein Plateau- und Hügelland (200-400 m ü. M.), das im N durch Mittelgebirge überragt wird (im Nimba 1 384 m ü. M.). Das Klima ist subäquatorial mit einer Regenzeit, im äußersten S zwei Regenzeiten. Das Land ist überwiegend mit trop. Regenwald bedeckt, der an manchen Stellen starke anthropogene Veränderungen zeigt.
Bevölkerung: Staatstragende Schicht (jedoch nur 3 % der Bev.) sind die Nachkommen der 1822 eingewanderten 16 400 ehem. Sklaven aus den Südstaaten der USA; die meisten von ihnen sind Christen. Die Bev.mehrheit besteht aus 20 ethn. Gruppen von Sudaniden (Kpelle, Bassa, Kru u. a.) sowie Libanesen. Die Bev.dichte ist an der Küste und in den Bergbau- und Kautschukanbaugebieten am größten. Infolge des seit 1989 andauernden Bürgerkriegs sind etwa 750 000 Liberianer nach Guinea und in andere Nachbarstaaten geflohen. - Allg. Schulpflicht besteht vom 6. bis 16. Lebensjahr; die Analphabetenquote liegt bei 62 %. In Monrovia gibt es eine Univ. (gegr. 1862 als College, seit 1951 Univ.) sowie zwei Hochschulen. - Rd. 40 % der Bev. gehören Naturreligionen an, 37 % sind Christen, etwa 20 % Muslime.
Wirtschaft, Verkehr: Hauptzweig ist die Landwirtschaft, die über die Hälfte der Erwerbstätigen beschäftigt; für den Eigenbedarf Anbau von Reis, Maniok, Bataten, Jamswurzeln, Bananen, Zitrusfrüchten, Zuckerrohr; für den Export hat die Kautschukgewinnung (Plantagen) größte Bedeutung, ferner Kaffee, Kakao, Ölpalmen. Die Viehhaltung ist wegen der Tsetsefliege eingeschränkt; Fischerei spielt zunehmend eine Rolle; die Forstwirtschaft verfügt über enorme Reserven an wertvollen Hölzern (etwa ein Drittel des Landes wird forstwirtsch. genutzt). Zweitgrößter Wirtschaftsfaktor ist der Bergbau: Eisenerzabbau, Gewinnung von Diamanten und Gold. Entwickelt sind die Bereiche der verarbeitenden Ind., bes. Eisenerzaufbereitung und Kautschukverarbeitung. Die Einnahmen aus der Tanker- und Transporterflotte (meist ausländ. Schiffe unter liberian. Flagge) sind leicht rückläufig. Haupthandelspartner sind die USA, Dtl. und andere EU-Länder. - Die drei Eisenbahnlinien dienen fast ausschl. dem Erztransport; das Straßennetz umfasst 6 100 km. Haupthäfen: Monrovia (mit Freihafen), Buchanan (Eisenerztransport), Greenville, Hasper (Holzexport). Internat. Flughafen Robertsfield bei Monrovia.
Geschichte: Ab 1822 wurden östlich von Kap Mesurado und entlang der Pfefferküste 16 400 freigelassene schwarze amerikan. Sklaven angesiedelt. Gegen den Widerstand der einheim. Bev. kolonisierten sie das Land und riefen am 26. 7. 1847 die unabhängige Rep. L. aus. Bis weit ins 20. Jh. lebten die Amerikoliberianer von amerikan. Unterstützung. Versuche Präs. W. Tubmans (1944-71), die Rivalität zw. den Eingeborenen (Afroliberianer) und den Amerikoliberianern zu beseitigen und die zahlr. ethn. Gruppen in den Staat zu integrieren, blieben auch unter seinem Nachfolger W. R. Tolbert (1971-80) weitgehend ohne Erfolg. Eine geplante Preiserhöhung für Reis führte 1979 zu blutigen Aufständen (»Reisunruhen«). Am 12. 4. 1980 kam es zu einem Militärputsch unter S. K. Doe, der die Verf. aufhob und nach der Ermordung Tolberts als erster Afroliberianer Staatsoberhaupt wurde.
Im Dez. 1989 brach in L. ein Aufstand gegen Präs. Doe aus, der sich ab Aug. 1990 zu einem bewaffneten Konflikt zw. versch. Rebellengruppen und der ehem. Regierungsarmee ausweitete. Mit der Entsendung einer Friedenstruppe suchten die in der Westafrikan. Wirtschaftsgemeinschaft (engl. Abk. ECOWAS) zusammengeschlossenen Staaten den Bürgerkrieg zu beenden. Sie setzten im Nov. 1990 eine »Übergangsregierung der nat. Einheit« unter Präs. Amos Sawyer ein, der seit Mai 1994 weitere Übergangsregierungen folgten. Im Sept. 1993 beschloss der UN-Sicherheitsrat die Entsendung einer Beobachtermission. Trotz Vermittlungsbemühungen der ECOWAS-Staaten, der OAU und der UN brachen die Kämpfe, unterbrochen von zahlreichen Waffenstillstandsbeschlüssen und Friedensabkommen, immer wieder aus, lösten Flüchtlingsbewegungen in die Nachbarländer aus und zogen diese auch (bes. Sierra Leone, Elfenbeinküste) in Mitleidenschaft. Unter dem Druck der UN, der USA und des ECOWAS-Präs. J. Rawlings (Ghana) auf die Führer der einander bekämpfenden Milizen schlossen diese im Aug. 1996 ein neues Friedensabkommen. Ihm entsprechend fanden im Juli 1997 allgemeine Wahlen statt, bei denen C. G. Taylor zum Präs. gewählt wurde und die ihn stützende Partei die absolute Mehrheit erhielt.
▣ Literatur:
Hogan, E. M.: Catholic missionaries and L. A study of Christian enterprise in West Africa, 1842-1950. Corc 1981.
⃟ Kraaij, F. P. van der: The open door policy of L. An economic history of L., 2 Bde. Bremen 1983.
⃟ Dunn, D. E. u. Holsoe, S. E.: Historical dictionary of L. Metuchen, N. J., 1985.
⃟ Boom, D. van den: Bürgerkrieg in L. Münster u. a. 1993.
⃟ Gifford, P.: Christianity and politics in Doe's L. Cambridge u. a. 1993.
⃟ Dunn, D. E.: L. Oxford u. a. 1995.
⃟ Korte, W.: Ethn. Tradition u. militär. Intervention in Afrika. Essay über den Putsch in L. Münster 1995.
⃟ Körner, P.: Macht- u. Interessenpolitik in der ECOWAS-Region u. der Krieg in L. Hamburg 1996.