Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Leukämie
Leukämie[grch.] die (Leukose, Weißblütigkeit, volkstümlich: Blutkrebs), bösartige, generalisierte Wucherungen der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) im blutzellbildenden Gewebe, vorwiegend im Knochenmark, in der Milz und in den Lymphknoten, verbunden mit z. T. exzessiver Vermehrung der Leukozyten im zirkulierenden Blut infolge Überproduktion oder Akkumulation. Zu einer Erhöhung des Krankheitsrisikos führen möglicherweise chem. Karzinogene (z. B. Benzol) und ionisierende Strahlung; der Einfluss einer genet. Disposition (Chromosomenaberrationen) und die ursächl. Beteiligung von Tumorviren werden vermutet. Die Einteilung der L. richtet sich nach den betroffenen Blut bildenden Organen und dem Verlauf (akut oder chronisch). Grundsätzlich wird die myeloische L. (Myelose), eine krebsige Entartung der Granulozyten des Knochenmarks, von der lymphat. L., einer Fehlbildung der Lymphozyten des lymphat. Systems (Milz, Lymphknoten), unterschieden.
Der Verlauf der akuten L., die unbehandelt in wenigen Wochen bis Monaten tödlich endet, ist durch eine fortschreitende schwere Knochenmarkinsuffizienz aufgrund einer Verdrängung der übrigen Blut bildenden Zellen bestimmt. Es kommt zu einem Mangel an roten Blutkörperchen, Blutplättchen und funktionsfähigen (reifen) Granulozyten; die Gesamtzahl der Leukozyten ist dabei um mehr als das Zehnfache erhöht, kann aber auch geringfügig erniedrigt sein. Symptome sind zunächst heftige grippeähnl. Beschwerden und Fieber, später anäm. Zustände (Schwäche, Blässe), erhöhte Blutungsneigung und Abwehrschwäche. Häufigste Todesursache bilden Infektionen und akute Blutungen. Die chron. L., bei denen Organveränderungen im Vordergrund stehen, sind fast ausschließlich Erkrankungen im Erwachsenenalter. Die chronisch-myeloische L. ist durch das Vorhandensein von Zellen aller Reifungsstadien im Blut und eine starke Vermehrung von Granulozyten und deren Vorstufen u. a. im Knochenmark gekennzeichnet. In 80-90 % der Fälle liegt eine Anomalie des Chromosoms 22 (»Philadelphia-Chromosom«) in den Knochenmarkzellen vor. Symptome sind Fieberschübe, Infektionsanfälligkeit und starke Milz- und Lebervergrößerung. Die chronisch-lymphat. L. tritt im höheren Lebensalter auf und ist durch starke Vermehrung lymphat. Zellen mit Lymphknotenschwellungen und Hauterscheinungen (Juckreiz, Ekzeme) gekennzeichnet. - Die Behandlung der L. wird mit Kombinationen zytostat. Mittel (Chemotherapie), Interferon, Corticosteroiden, Röntgenbestrahlung, Antibiotika zur Infektionsprophylaxe oder -therapie und Bluttransfusionen sowie Knochenmarktransplantationen durchgeführt. - Bei Tieren wird die L. als Leukose bezeichnet. Sie kommt bei allen Haussäugetieren, vielen Wildtieren und Vögeln, bes. Hühnern, vor.
Literatur:
D. Lutz L.n u. Lymphome. Fortschritte u. Hoffnungen, hg. v. u. a. München u. a. 1988.
Hiller, E. u. a.: Klin. Hämatologie. Stuttgart 1994.
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