Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Leonardo da Vinci
Leonạrdo da Vinci,[-'vintʃi], italien. Maler, Bildhauer, Architekt, Kunsttheoretiker, Naturforscher und Ingenieur, * Vinci (bei Florenz) 15. 4. 1452, ✝ Schloss Cloux (heute Clos-Lucé, bei Amboise) 2. 5. 1519; bei Verrocchio in Florenz ausgebildet. Nach langjähriger Tätigkeit (1482-99) am Mailänder Hof des Herzogs Ludovico il Moro (Ludwig von Mailand) kehrte L. über Mantua und Venedig nach Florenz (1500-06) zurück, ging dann jedoch auf Einladung des frz. Statthalters wieder nach Mailand, 1513 nach Rom und 1516 an den Hof Franz' I. nach Frankreich.Der Bestand an gesicherten Gemälden ist zahlenmäßig gering. Neben vereinzelten Werken der Wandmalerei (»Abendmahl«, 1495-97; Mailand, Santa Maria delle Grazie) schuf L. Bildnisse (»Dame mit Hermelin«, um 1484-88, Krakau, Museum Narodowe; »Mona Lisa«, um 1503-06, Paris, Louvre) und Andachtstafeln (»Verkündigung«, 1473, Florenz, Uffizien; »Madonna mit Nelke«, vor 1475, München, Alte Pinakothek; »Madonna Benois«, um 1478-80, Sankt Petersburg, Eremitage; »Felsgrottenmadonna«, 1483-86, Paris, Louvre, 2. Fassung unter Mitwirkung von Schülern 1503-06, London, National Gallery; »Hl. Anna selbdritt«, 1508-11, Paris, Louvre). Einige Werke blieben unvollendet (»Anbetung der Könige«, um 1481, Florenz, Uffizien; »Hl. Hieronymus«, um 1480, Rom, Vatikan. Sammlungen; »Anghiari-Schlacht«, 1503-06, für den Florentiner Rathaussaal, zerstört, in Kopien überliefert). Seine durch ungewöhnl. Beobachtungsschärfe, waches Naturgefühl und psycholog. Einfühlung gekennzeichneten Werke streben kompositionell nach einer formalen Ausgewogenheit von klass. Klarheit und erscheinen malerisch in ein weiches Halblicht (»Sfumato«) getaucht. Als Bildhauer beschäftigte sich L. in Mailand mit zwei monumentalen Reiterstandbildern: das Denkmal für Francesco Sforza und das Grabmonument für den Feldherrn Gian Giacomo Trivulzio; Skizzen und Bronzemodelle zeugen von der weit über die Epoche hinausweisenden Großartigkeit der nie ausgeführten Projekte. Eine Vielzahl von Entwürfen für ideale Garten- und Schlossanlagen, Kirchenbauten, Festungswerke, Kanäle und mehrgeschossige Straßen belegen seine Tätigkeit auf architekton. Gebiet. Einige der skizzierten Baupläne aus den letzten Jahren wurden bei der Errichtung des Schlosses Chambord verwendet.Von seiner Vielseitigkeit legen v. a. seine Zeichnungen (in Silberstift, Feder, Kreide, Kohle, Rötel oder Tusche) Zeugnis ab. Sie beziehen sich nicht nur auf vollendete oder geplante Werke in Malerei, Plastik und Architektur, sondern weisen L. als Wegbereiter einer anschaul. Naturforschung auf dem Gebiet der Anatomie, Botanik, Zoologie, Geologie, Hydrologie, Aerologie, Optik und Mechanik aus. Der Naturforscher L. war einerseits philosophisch orientiert, ablesbar v. a. in seinem künstler. Werk (z. B. den Landschaftsgestaltungen), andererseits empirisch, wenn er Einzelerscheinungen untersuchte, um die ihnen zugrunde liegenden Kräfte und Gesetze zu erkennen. In prakt. Anwendung aufgefundener Gesetzmäßigkeiten konstruierte er zahlr. Geräte, u. a. Stechheber, Pumpen, Brennspiegel, Fallschirme, Fluggeräte, Kräne, Schleudern sowie Maschinen zur Tuchherstellung. Auf einer bisher verklebten Rückseite des »Codice Atlantico« fanden sich in den letzten Jahren Konstruktionsentwürfe für ein fahrradähnl. Fahrzeug. Seine Landkarten der Toskana sind Marksteine der modernen Kartographie. Ziel seiner schriftl. Aufzeichnungen war eine umfassende Lehre von den mechan.-funktionellen Urgesetzen der Natur, eine Art groß angelegter Kosmologie. - Universalgenie wie kein anderer seiner Zeitgenossen, hat sich L. in einer neuartigen Synthese von Kunst und Wissenschaften in den Dienst eines neuzeitl. Erkenntnisdranges gestellt.
Literatur:
Alberti de Mazzeri, S.: L. da V. Die moderne Deutung eines Universalgenies. A. d. Italien. Neuausg. München 1995.
Bramly, S.: L. da V. Eine Biographie. A. d. Frz. Neuausg. Reinbek 1995.
L. da V. Künstler, Erfinder, Wissenschaftler, hg. v. M. M. Grewenig u. O. Letze. Ostfildern 1995.
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Ansicht: Leonardo da Vinci