Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Landschaftsmalerei
Landschaftsmalerei,Gattung der Malerei. In den frühen Kulturen (z. B. in Ägypten und auf Kreta) findet man formelhafte landschaftl. Elemente zur Andeutung des Schauplatzes, illusionist. Landschaftsdarstellung in der hellenist. und röm. Kunst. Erst im 13. Jh. gewann die Landschaft neue Bedeutung, zuerst in der italien. Malerei (Giotto), im 14. Jh. ist sie bereits vereinzelt eigenständiges Bildthema (A. Lorenzetti). Entscheidend für die Entwicklung einer selbstständigen L. wurde die niederländisch-burgund. Buchmalerei (Brüder Limburg, Brüder van Eyck). Ein frühes Beispiel einer topographisch genauen Abbildung ist »Petri Fischzug« (1444, Musée d'Art et d'Histoire, Genf) von K. Witz mit einer Darstellung des Genfer Sees. Zum Studienobjekt ohne Figurenstaffage wurde die Landschaft in den Zeichnungen Leonardo da Vincis und in den Aquarellen A. Dürers. Eines der ersten reinen Landschaftsbilder nördlich der Alpen ist A. Altdorfers Gemälde »Donaulandschaft mit Schloß Wörth bei Regensburg« (1520-25, Alte Pinakothek, München). Daneben blieb die Landschaft Schauplatz v. a. bibl. Szenen, erhält aber Gewicht als Träger von Stimmungen oder Sinnbild kosm. Kräfte (»Weltlandschaften« der Niederländer J. Patimir, P. Bruegel d. Ä. u. a.). Die venezian. Malerei baute eine sympathet. Beziehung zw. Figur und Landschaft auf durch Wiedergabe der Stimmungen in Licht und Auflösung der Konturen in Farbabstufungen (Giorgione, Tizian). A. Elsheimer verband um 1600 beide Möglichkeiten in der idealen Landschaft, die zu den lyr. Kompositionen C. Lorrains führte. Auf N. Poussin geht die heroische Landschaft mit antiker Architektur und mytholog. Szenen zurück. Zur selbstständigen Gattung wurde die L. im 17. Jh. in den Niederlanden (J. Ruisdael, Rembrandt). Die L. des 18. Jh. bevorzugte wieder ideale (klassizist.) Ansichten, auch idyll. Parklandschaften (Watteau), die Romantiker suchten das Aufgehen des Menschen in der Natur zu versinnbildlichen (P. O. Runge, C. D. Friedrich, G. Carus). Zur gleichen Zeit entstand in England mit J. Crome und J. Constable eine realist. L., die auf unmittelbarem Naturstudium gründete. Ihrer Zeit weit voraus waren die Landschaftsbilder W. Turners. Der Einfluss der engl. L. reichte in Frankreich von der Schule von Barbizon über G. Courbet bis zu den Impressionisten. P. Cézanne gestaltete die Landschaft in seinen Bildern durch Modulation von Farbtönen. In der Kunst des 20. Jh. war die Landschaft noch einmal ein wesentl. Gegenstand der Auseinandersetzung für die Expressionisten und die Vertreter der Land-Art. In der zeitgenöss. Malerei kommt ihr nur gelegentlich größere Bedeutung zu.In Ostasien spielt die L. eine bed. Rolle. Nach einem Höhepunkt chines. L. im 8. Jh. wurde sie in den um realist. Wiedergabe bemühten monochromen Meisterwerken des 11. und 12. Jh. (Fan Kuan, Guo Xi, Xu Daoning) weiterentwickelt. Seit dem 13. Jh. blühte die Literatenmalerei, die die L. als Ausdruck der Persönlichkeit auffasste. In Japan entwickelte sich die L. zw. dem 8. und 11. Jh. aus der buddhist. Malerei; auch die Tuschlandschaften der Mönchmaler (Minshō, Shūbun, Sesshū) vom 14. bis 16. Jh. sind noch als Ausdruck des Zen zu sehen; erst ab Ende des 16. Jh. wurde die japan. L. zu einer selbstständigen Kunstrichtung in betont dekorativem Stil.
Literatur:
Steingräber, E.: Zweitausend Jahre europ. L. München 1985.
Eschenburg, B.: Landschaft in der dt. Malerei. München 1987.
Bätschmann, O.: Entfernung der Natur. L. 1750-1920. Köln 1989.
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