Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
katholische Kirche
katholische Kirche,in ihrem theolog. Selbstverständnis wurzelnde Selbstbezeichnung der vom Papst geleiteten, hierarchisch strukturierten und episkopal verfassten, in ihren inneren Beziehungen durch das kath. Kirchenrecht bestimmten weltweiten christl. Kirche; im interkonfessionellen Gespräch des Ökumen. Rates der Kirchen (ökumenische Bewegung), bei dem sie Beobachterstatus hat, im Sinne der Konfession als römisch-kath. Kirche bezeichnet. Die k. K. ist die größte christl. Kirche und zählt weltweit (1999) über 1 Mrd. Mitgl., darunter über 14 Mio. in den unierten Ostkirchen. In Dtl. gehören ihr knapp 27,4 Mio. Menschen an.Dem Papst, der nach kath. Verständnis in der direkten und ununterbrochenen Nachfolge des Apostels Petrus steht, kommen der allg. Jurisdiktionsprimat und (seit 1870) die unfehlbare Lehrautorität in Glaubensfragen bei der Leitung der Gesamtkirche zu. Ihm stehen die Kardinäle (Kurie) und das Kollegium der Bischöfe zur Seite, deren Einfluss auf die Leitung der Gesamtkirche mit der Schaffung der Bischofssynode durch das 2. Vatikan. Konzil wesentlich gestärkt worden ist. Sie besitzen die kirchl. Lehr- und Jurisdiktionsgewalt über die Geistlichen und Kirchenmitgl. ihrer Diözese. Nach kath. Verständnis in der apostolischen Nachfolge stehend, garantieren sie in ihrem Jurisdiktionsbezirk die rechtmäßige Verwaltung der Sakramente und den geordneten Ablauf des kirchl. Lebens in seinen versch. Aufgabenfeldern (»Liturgia« [Gottesdienst], »Martyria« [Verkündigung], »Diakonia« [Dienst am Nächsten], »Communio« [Gemeinschaft], »Missio« [Sendung]). - Organisatorisch sind i. d. R. mehrere Diözesen zu einer Kirchenprovinz zusammengefasst, die unter der Leitung eines Erzbischofs oder Patriarchen steht. Daneben gibt es exemte Bistümer und besondere kirchenrechtl. Organisationsstrukturen, die dem Hl. Stuhl direkt unterstehen (z. B. die Apostol. Administraturen und in Missionsgebieten die Apostol. Präfekturen und Vikariate). Neben den Ortspfarreien mit dem i. d. R. auf Lebenszeit bestellten Pfarrer und ggf. Hilfsgeistlichen (Kaplan) kennt die k. K. für besondere Gruppen und seelsorgl. Aufgaben so genannte Personalpfarreien (z. B. Studentengemeinden, Militärseelsorge). - Grundlage und Norm kath. Kirchenverständnisses sind die Hl. Schrift und die kirchl. Tradition, repräsentiert im kirchl. Lehramt und verbindlich durch dieses ausgelegt. Theologisch versteht sich die k. K. als heilige (von Jesus Christus gestiftete), apostol. (in der Nachfolge der Apostel stehende) und kath. (weltumspannende) Kirche.Der mit der Schlüsselgewalt theologisch verbundene exklusive Anspruch der k. K. als der zum Heil notwendigen allein selig machenden Kirche wurde durch das Ökumenismusdekret des 2. Vatikan. Konzils dahingehend modifiziert, dass auch nichtkath. Kirchen theologisch das Kirchesein zugesprochen wird, als den »getrennten Brüdern«, die im Hl. Geist an der einen christl. Wahrheit und Heilszusage teilhaben. Die vorkonziliare Forderung nach kirchl. Einheit im Sinne der »Rückkehr« zur k. K. wurde aufgegeben. - Die gegenwärtige Situation der k. K. in Afrika, Asien und Lateinamerika, wo rd. zwei Drittel aller kath. Christen leben, ist nach wie vor durch große karitative, in einem neuen Maße aber auch durch theolog. Herausforderungen (Inkulturation) geprägt. In Westeuropa und in Nordamerika sieht sich die k. K. bes. durch die (fortschreitende) Säkularisierung (»Entkirchlichung«) weiter Teile der Gesellschaft und deren Folgen (z. B. den geringer werdenden Einfluss im öffentl. Bewusstsein), aber auch durch krit., innerkirchl. Reformen (Rolle der Frau in der Kirche, Zölibat) anmahnende Laien vor große Herausforderungen gestellt. Einen Schwerpunkt der kirchl. Arbeit in Mittel-, Südost- und Osteuropa bildet seit Anfang der 1990er-Jahre die Rekonstitution und Neuordnung der kirchl. Organisationsstrukturen in den ehem. kommunist. Staaten.
Literatur:
J. Lenzenweger Ecclesia Catholica. Katechismus der k. K.München u. a. 1993.
Geschichte der k. K., hg. v. u. a. Graz u. a. 31995.
Das Neue wächst. Radikale Veränderungen in der Kirche, hg. v. O. Fuchs u. a. München 1995.
Die k. K. u. das neue Europa. Dokumente 1980-1995, hg. v. J. Schwarz, 2 Tle. Mainz 1996.
Kirchner, H.: Die römisch-kath. Kirche vom II. Vatikan. Konzil bis zur Gegenwart. Leipzig 1996.
Kirche u. Katholizismus seit 1945, hg. v. E. Gatz, Bd. 1: Mittel-, West- u. Nordeuropa. Paderborn u. a. 1998.
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