Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kunststoffe
Kunststoffe(Plaste, Polymerwerkstoffe, engl. Plastics), Werkstoffe, deren Hauptbestandteile synthetisch oder durch Umwandlung von Naturstoffen hergestellte, meist organ. Polymere sind. Synthet. Polymere lassen sich durch Polymerisation, Polykondensation oder Polyaddition aus einfachen Molekülen (Monomeren) aufbauen. Die molaren Massen liegen i. Allg. zw. 10 000 und 1 Mio. g/mol. Je nachdem, ob die entstehenden Makromoleküle aus gleichartigen oder unterschiedl. Struktureinheiten aufgebaut sind, spricht man von Homo- oder Copolymeren.Die Klassifizierung von K. erfolgt meist aufgrund ihres Verhaltens in der Wärme. Thermoplaste bestehen aus Molekülketten, die nur durch schwache Van-der-Waals-Kräfte aneinander gebunden sind. Bei amorphen Thermoplasten (z. B. Polystyrol) sind die Molekülketten unregelmäßig ineinander verschlungen. Bei teilkristallinen Thermoplasten (z. B. Polyäthylen) existieren geordnete Bereiche. Thermoplaste erweichen oberhalb einer bestimmten Temperatur (Glastemperatur) und erhärten bei Abkühlung wieder. Dadurch wird eine plast. Verformung durch Spritzgießen, Extrudieren u. a. bei höherer Temperatur möglich. Thermoplaste sind schweißbar und i. Allg. in spezif. Lösemitteln löslich. Beispiele sind Polyäthylen, Polypropylen, Polyvinylchlorid, Polymethacrylate, Polystyrol, Celluloseester, Polyamide und Polycarbonate. Bei Duroplasten (besser Thermodure) oder Duromeren sind die Molekülketten durch kovalente Bindungen engmaschig vernetzt, sodass die Kettenbeweglichkeit verloren geht. Sie sind unschmelzbar, nicht plastisch verformbar und in Lösemitteln unlöslich. Zu den Thermoduren gehören Phenolharze, Aminoplaste, Epoxidharze und Polyurethane. Zw. Thermoplasten und Thermoduren liegen die weitmaschig vernetzten Elastomere (Elaste). Sie sind vorwiegend amorphe Polymere mit Glastemperaturen unterhalb der Raumtemperatur. Sie sind formfest, aber elastisch stark verformbar (gummielastisch), sie schmelzen nicht, sind unlöslich, aber quellbar.Die ungeformten K.-Erzeugnisse (Formmassen) enthalten häufig Füllstoffe (z. B. Holzmehl, Kreide) zur Verbilligung und zur Erzielung bestimmter Eigenschaften, Stabilisatoren zur Erhöhung der Beständigkeit gegenüber Wärme und Licht u. a. Zusätze. Durch Einbetten von Verstärkungsfasern (z. B. Kohlefasern) kann ein Verbundwerkstoff mit höherer Festigkeit gewonnen werden. Mithilfe von Weichmachern wird die Glastemperatur erniedrigt, d. h., harte Thermoplaste (bes. PVC) werden in einen leder- oder weichgummiartigen Zustand überführt. Die Schaumstoffe sind K. mit zelliger Struktur.
K. zeigen in vielen Bereichen der Technik und des tägl. Lebens bessere Eigenschaften als konkurrierende Produkte und können mit geringerem Energieaufwand hergestellt werden. Bei der Herstellung von Papiersäcken wird z. B. das Eineinhalbfache, bei der Herstellung von Stahlrohren und Glasflaschen das Vierfache der Energie verbraucht, die zur Herstellung vergleichbarer Artikel aus Polyäthylen notwendig wäre.Die ersten K. waren Abkömmlinge von Naturstoffen wie vulkanisierter Kautschuk (1839) und Celluloid (1869). 1910 wurde der erste synthet. K. (Bakelit) produziert. Voraussetzung für die große Verbreitung der K. war das Angebot an billigem Erdöl und die Entwicklung der Petrochemie.Wirtschaft: K. sind in Dtl. mit rund 15 % des gesamten Produktionswerts das zweitwichtigste Erzeugnis der chem. Ind. (nach Pharmazeutika). Die Produktion von K. liegt seit 1996 bei etwa 11,46 Mio. t, zusätzlich werden 0,84 Mio. t an Synthetikfasern erzeugt. In den letzten Jahren hat das Kunststoffrecycling an Bedeutung gewonnen.
Literatur:
K. Stoeckhert Kunststoff-Lexikon, hg. v. u. W. Woebcken. München u. a. 81992.
Saechtling, H.: Kunststoff-Taschenbuch, begr. v. F. Pabst, überarb. v. K. Oberbach u. a. Neuausg. München u. a. 1995.
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