Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kriminalität
Kriminalität[zu lat. crimen »Vergehen«, »Verbrechen«] die, die Gesamtheit der in einem bestimmten Gebiet vorkommenden Straftaten. Dabei wird K. heute vorwiegend als eine besondere Form abweichenden Verhaltens von den in einer bestimmten Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit festgelegten Normen verstanden, das mit gesetzlich festgelegten Sanktionen geahndet wird. In Dtl. wurden in den 1990er-Jahren jährlich rd. 4,5 Mio. Straftaten (ohne Verkehrsdelikte; 1996 einschließlich Verkehrsdelikte rund 6,7 Mio. registrierte Straftaten) bekannt und von der polizeil. Kriminalstatistik (PKS) erfasst. Setzt man die Anzahl der bekannt gewordenen Straftaten in Beziehung zur Bev., erhält man eine Häufigkeitsziffer von inzwischen mehr als 8 000 angezeigten Straftaten auf 100 000 Ew. (die entsprechenden Häufigkeitsziffern lagen 1980 bei 6 200 und 1970 nur bei 3 900). Abgeurteilt wurden allerdings im Altbundesgebiet nur etwa 870 000 Personen (zum Vergleich 1980: 930 000 und 1970: 140 000 Personen).
Die Struktur der zeitgenöss. K. wird zahlenmäßig weiterhin hauptsächlich von den Eigentums- und Vermögensstraftaten einerseits sowie den Verkehrsdelikten andererseits bestimmt. Nach der PKS, welche die Verkehrsdelikte nicht erfasst, stand der Diebstahl mit einem Anteil von etwa drei Fünfteln (1996 rückläufig mit 55,2 %) an erster Stelle. Sachbeschädigung und Betrug machen zus. mit dem Diebstahl etwa drei Viertel der polizeilich registrierten K. aus.Viele der angezeigten Straftaten sind minderschwer. Knapp die Hälfte der einfachen Diebstähle und etwa 44 % der Betrugsfälle erreichen nur eine Schadenshöhe bis zu 100 DM. Verglichen mit der Eigentums-K. fällt die Gewalt-K., gemessen an der Gesamtzahl der registrierten Straftaten, nicht sehr stark ins Gewicht. Sie liegt, wenn man den Begriff definitorisch weit fasst, bei etwa 15 %. Gleichwohl bleibt die absolute Zahl der ermittelten Gewaltstraftaten mit nahezu 300 000 Fällen pro Jahr beträchtlich. Auch haben sich die Fälle von Geiselnahme innerhalb eines Jahrzehnts mehr als verdoppelt. Immerhin ist die Zahl der Mord- und Totschlagsfälle seit 1971 beinahe konstant geblieben, während Raub und räuber. Erpressung beträchtlich angewachsen sind. Während die Zahl der bekannt gewordenen Vergewaltigungen in den letzten zehn Jahren etwa bei 5 500 Fällen pro Jahr stagniert (abgesehen vom Vielfachen des geschätzten Dunkelfeldes), sind die Rauschmitteltaten seit Ende der 1960er-Jahre erheblich angewachsen, übersteigen aber einen Anteil von etwa 5 % an der Gesamt-K. nicht. Die Delikte gegen die Sicherheit des Straßenverkehrs, überwiegend Trunkenheitsdelikte, machen rd. zwei Fünftel der abgeurteilten Straftaten aus.Bedeutung gewinnt auch in Mitteleuropa die organisierte Kriminalität. Nach der PKS wird rd. die Hälfte der Straftaten in Großstädten mit mehr als 100 000 Ew. begangen. Entsprechend der K.-Belastung (Tatverdächtige je 100 000 Ew. entsprechender Bezugs-/Personengruppen) besteht ein beträchtl. Stadt-Land-Gefälle. Unterschiede in der Verteilung krimineller Verhaltensweisen ergeben sich nach Lebensalter und Geschlecht. Die K. wird überwiegend von Männern geprägt. Der Anteil tatverdächtiger Frauen liegt seit einigen Jahren bei etwa 21 % (beim Ladendiebstahl allerdings wesentlich höher). Der Anteil der nichtdt. Tatverdächtigen an allen polizeilich registrierten Tatverdächtigen beträgt rd. 30 %, wobei bes. Durchreisende, Asylbewerber und illegal Anwesende eine Rolle spielen. Es ist aber auf den Unterschied zw. dem Status von Verdächtigen und dem von überführten und gerichtlich verurteilten Straftätern hinzuweisen; der überproportional hoch erscheinende Ausländeranteil an der K. spiegelt nicht nur ein erhöhtes Gefahrenpotenzial wider, sondern deutet auch auf ein Fehlschlagen bei der Bewältigung individueller, als schwierig empfundener Lebenssituationen hin.In fast allen Industriestaaten, mit Ausnahme Japans, wird in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ein erhebl. K.-Anstieg beobachtet. Der Zuwachs der allgemeinen K. ist zu einer durchgängigen Erscheinung in den westl., neuerdings auch in den postkommunist. Gesellschaften geworden. Die Unterschiede zw. den westl. Gesellschaften sind hauptsächlich solche im Detail. In Dtl. und den Nachbarländern Österreich und der Schweiz hat die K. in den letzten Jahrzehnten beträchtlich zugenommen; von kleineren Abweichungen in der Erfassung abgesehen, ist die Deliktstruktur in Österreich und der Schweiz ähnlich und daher mit jener in Dtl. vergleichbar. Mehr als die Hälfte bis zu zwei Dritteln aller registrierten Straftaten richten sich auch in Österreich und der Schweiz gegen Eigentum und Vermögen.
▣ Literatur:
K. Boers Sozialer Umbruch u. K., bearb. v. u. a., 2 Bde. Bonn 1994.
⃟ Bruns, W.: Sozialkriminalität in Deutschland. Neuausg. Frankfurt am Main u. a. 1996.
⃟ Forschungsthema »K.« Festschrift für Heinz Barth, hg. v. C. Pfeiffer u. W. Greve. Baden-Baden 1996.
⃟ Kommunale Kriminalprävention, hg. v. T. Trenczek u. H. Pfeiffer. Bonn 1996.
⃟ Sterling, C.: Verbrecher kennen keine Grenzen. A. d. Engl. Tb.-Ausg. München 1996.
Die Struktur der zeitgenöss. K. wird zahlenmäßig weiterhin hauptsächlich von den Eigentums- und Vermögensstraftaten einerseits sowie den Verkehrsdelikten andererseits bestimmt. Nach der PKS, welche die Verkehrsdelikte nicht erfasst, stand der Diebstahl mit einem Anteil von etwa drei Fünfteln (1996 rückläufig mit 55,2 %) an erster Stelle. Sachbeschädigung und Betrug machen zus. mit dem Diebstahl etwa drei Viertel der polizeilich registrierten K. aus.Viele der angezeigten Straftaten sind minderschwer. Knapp die Hälfte der einfachen Diebstähle und etwa 44 % der Betrugsfälle erreichen nur eine Schadenshöhe bis zu 100 DM. Verglichen mit der Eigentums-K. fällt die Gewalt-K., gemessen an der Gesamtzahl der registrierten Straftaten, nicht sehr stark ins Gewicht. Sie liegt, wenn man den Begriff definitorisch weit fasst, bei etwa 15 %. Gleichwohl bleibt die absolute Zahl der ermittelten Gewaltstraftaten mit nahezu 300 000 Fällen pro Jahr beträchtlich. Auch haben sich die Fälle von Geiselnahme innerhalb eines Jahrzehnts mehr als verdoppelt. Immerhin ist die Zahl der Mord- und Totschlagsfälle seit 1971 beinahe konstant geblieben, während Raub und räuber. Erpressung beträchtlich angewachsen sind. Während die Zahl der bekannt gewordenen Vergewaltigungen in den letzten zehn Jahren etwa bei 5 500 Fällen pro Jahr stagniert (abgesehen vom Vielfachen des geschätzten Dunkelfeldes), sind die Rauschmitteltaten seit Ende der 1960er-Jahre erheblich angewachsen, übersteigen aber einen Anteil von etwa 5 % an der Gesamt-K. nicht. Die Delikte gegen die Sicherheit des Straßenverkehrs, überwiegend Trunkenheitsdelikte, machen rd. zwei Fünftel der abgeurteilten Straftaten aus.Bedeutung gewinnt auch in Mitteleuropa die organisierte Kriminalität. Nach der PKS wird rd. die Hälfte der Straftaten in Großstädten mit mehr als 100 000 Ew. begangen. Entsprechend der K.-Belastung (Tatverdächtige je 100 000 Ew. entsprechender Bezugs-/Personengruppen) besteht ein beträchtl. Stadt-Land-Gefälle. Unterschiede in der Verteilung krimineller Verhaltensweisen ergeben sich nach Lebensalter und Geschlecht. Die K. wird überwiegend von Männern geprägt. Der Anteil tatverdächtiger Frauen liegt seit einigen Jahren bei etwa 21 % (beim Ladendiebstahl allerdings wesentlich höher). Der Anteil der nichtdt. Tatverdächtigen an allen polizeilich registrierten Tatverdächtigen beträgt rd. 30 %, wobei bes. Durchreisende, Asylbewerber und illegal Anwesende eine Rolle spielen. Es ist aber auf den Unterschied zw. dem Status von Verdächtigen und dem von überführten und gerichtlich verurteilten Straftätern hinzuweisen; der überproportional hoch erscheinende Ausländeranteil an der K. spiegelt nicht nur ein erhöhtes Gefahrenpotenzial wider, sondern deutet auch auf ein Fehlschlagen bei der Bewältigung individueller, als schwierig empfundener Lebenssituationen hin.In fast allen Industriestaaten, mit Ausnahme Japans, wird in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ein erhebl. K.-Anstieg beobachtet. Der Zuwachs der allgemeinen K. ist zu einer durchgängigen Erscheinung in den westl., neuerdings auch in den postkommunist. Gesellschaften geworden. Die Unterschiede zw. den westl. Gesellschaften sind hauptsächlich solche im Detail. In Dtl. und den Nachbarländern Österreich und der Schweiz hat die K. in den letzten Jahrzehnten beträchtlich zugenommen; von kleineren Abweichungen in der Erfassung abgesehen, ist die Deliktstruktur in Österreich und der Schweiz ähnlich und daher mit jener in Dtl. vergleichbar. Mehr als die Hälfte bis zu zwei Dritteln aller registrierten Straftaten richten sich auch in Österreich und der Schweiz gegen Eigentum und Vermögen.
▣ Literatur:
K. Boers Sozialer Umbruch u. K., bearb. v. u. a., 2 Bde. Bonn 1994.
⃟ Bruns, W.: Sozialkriminalität in Deutschland. Neuausg. Frankfurt am Main u. a. 1996.
⃟ Forschungsthema »K.« Festschrift für Heinz Barth, hg. v. C. Pfeiffer u. W. Greve. Baden-Baden 1996.
⃟ Kommunale Kriminalprävention, hg. v. T. Trenczek u. H. Pfeiffer. Bonn 1996.
⃟ Sterling, C.: Verbrecher kennen keine Grenzen. A. d. Engl. Tb.-Ausg. München 1996.