Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kosovo
Kọsovo(alban. Kosovë), Provinz Jugoslawiens, in der Teilrep. Serbien, im SW an Albanien grenzend, 10 887 km2, (1993) 2,043 Mio. Ew., Hptst. ist Priština. K. ist ein fast allseitig von Gebirgen umschlossenes Gebiet mit den Beckenlandschaften Amselfeld und Metohija als Kernräume. 90 % der Bev. (Stand 1991) sind muslim. Albaner (Kosovaren), 7 % orth. Serben, ferner andere Volksgruppen (Montenegriner, Roma u. a.). K. ist wirtschaftlich wenig entwickelt. Wichtigster Wirtschaftszweig ist die Landwirtschaft mit Ackerbau (Mais, Weizen, Tabak, Zuckerrüben), Viehhaltung und Weinbau. Förderung von Silber- sowie Blei-Zink-Erzen und Braunkohle. Die Ind. ist auf die größeren Städte beschränkt. K. ist durch Bahn und Fernstraßen gut erschlossen.
Geschichte: Seit dem 8. Jh. v. Chr. von illyr. Stämmen besiedelt; im MA. Kerngebiet des serb. Großreiches (»Altserbien«); nach der Schlacht auf dem Amselfeld den Türken 1389-1459 tributpflichtig, 1459-1912 Teil des Osman. Reiches (»Wilayat K.«); in dieser Zeit, v. a. ab 1690, Abwanderung der Serben und - bes. im 18. Jh. - Nachrücken von islamisierten Albanern. 1913 unter Serbien und Montenegro aufgeteilt; gehörte nach der Gründung (des späteren) Jugoslawiens ab 1918 ganz zu Serbien. 1941-43 dt.-italien.-bulgar. Besatzung, danach kurzzeitig Teil von Großalbanien (unter dt. Protektion). Seit 1945 autonomes Gebiet bzw. ab 1963 autonome Provinz (bis 1970 K. und Metohija gen.); seit 1981 anhaltende Unruhen zw. der alban. Bev. (K.-Albaner bzw. Kosovaren) und der serb. Minderheit. Ab 1986 nutzte KP-Chef S. Milošević den v. a. im K. geschürten serb. Nationalismus zur Festigung seiner Herrschaft in Serbien (Höhepunkt: 600-Jahr-Feier der Schlacht auf dem Amselfeld am Vidovdan, 28. 6. 1989). Febr. 1989 bis April 1990 Ausnahmezustand mit drast. Einschränkung der Autonomie, die zw. Frühjahr 1989 und Juli 1990 (Auflösung von Parlament und Reg. durch Serbien) schrittweise aufgehoben wurde. Trotz massiver Behinderung wurde Ende Sept. 1991 ein von Serbien für illegal erklärtes Referendum über die Unabhängigkeit und Souveränität erfolgreich durchgeführt; die Ausrufung einer »Republik K.« wurde nur von Albanien internat. anerkannt. Die 1989 gegr. »Demokrat. Liga für K.« übernahm die inoffizielle Reg.; bei den (für Serbien inoffiziellen) pluralist. Wahlen vom 24. 5. 1992 konnte sie die absolute Mehrheit erringen (66 %) und stellte mit ihrem Vors., I. Rugova, den Präs. der Republik. Seine Politik des gewaltfreien Widerstandes führte jedoch nicht zu greifbaren Ergebnissen. Kern des K.-Konflikts, bei den Verhandlungen zum Abkommen von Dayton (1995) ausgeklammert, blieb die Statusfrage (serb. Anspruch auf das Amselfeld als »Wiege Serbiens«, Streben der Kosovaren nach Eigenstaatlichkeit oder Anschluss an Albanien). Seit Frühjahr 1996 allmähl. Radikalisierung der Kosovaren und Übergang zu terrorist. Aktivitäten (Träger: »Befreiungsarmee K.«, Ushtria Çlirimtare Kosoves, Abk. UÇK; gegr. 1996). Ab März 1998 kriegsähnl. Kämpfe zw. serb. Sonderpolizei Armee und der UÇK, die bis Mai/Juni ein Drittel des K. unter ihre Kontrolle brachte. Serb. Gegenoffensiven, anhaltende Flucht bzw. Vertreibung der Kosovaren Zivil-Bev. (250 000; internat. Krise, drohender NATO-Einsatz); nach NATO-Ultimatum Mitte Okt. 1998 Waffenstillstand und Stationierung einer unbewaffneten OSZE-Beobachtertruppe (2 000 Mann; Abzug bis 20. 3. 1999). Die K.-Konferenz in Rambouillet (Febr. 1999) und ihre Folgekonferenz in Paris (März 1999; Unterschrift der UÇK unter das K.-Abkommen) blieben jedoch folgenlos. Ab 24. 3. 1999 Luftangriffe der NATO auf jugoslaw. Militär- und Infrastruktureinrichtungen (ohne UN-Mandat, deshalb in den NATO-Ländern umstritten); in der Folge von serb. Seite extrem gesteigerte Vertreibung und Massenflucht der Kosovaren (weitere 690 000 bis Mai 1999; Aufnahme v. a. in den Nachbarländern Albanien, Makedonien, Montenegro sowie Bosnien und Herzegowina; Evakuierungen auch in andere Länder). Daneben zahlr. diplomat. Bemühungen zur Lösung des K.-Konflikts (v. a. Rückkehr der Flüchtlinge/Vertriebenen, Stationierung einer bewaffneten UN-Schutztruppe).
▣ Literatur:
R. Samardžić K. u. Metochien in der serb. Gesch. Beitrr. v. u. a. Lausanne 1989.
⃟ Emmert, T. A.: Serbian Golgotha. K., 1389. New York 1990.
⃟ Büschenfeld, H.: K. Nationalitätenkonflikt im Armenhaus Jugoslawiens. Köln 1991.
⃟ Kohl, C. von u. Libal, W.: K. Gordischer Knoten des Balkan. Wien u. a. 1992.
⃟ K. In the heart of the powder keg, hg. v. R. Elsie. New York 1997.
⃟ Malcolm, N.: K. A short history. London 1998.
⃟ Vickers, M.: Between Serb and Albanian. A history of K. London 1998.
⃟ Krieg im K., hg. v. Thomas Schmid. Reinbek 1999.
Geschichte: Seit dem 8. Jh. v. Chr. von illyr. Stämmen besiedelt; im MA. Kerngebiet des serb. Großreiches (»Altserbien«); nach der Schlacht auf dem Amselfeld den Türken 1389-1459 tributpflichtig, 1459-1912 Teil des Osman. Reiches (»Wilayat K.«); in dieser Zeit, v. a. ab 1690, Abwanderung der Serben und - bes. im 18. Jh. - Nachrücken von islamisierten Albanern. 1913 unter Serbien und Montenegro aufgeteilt; gehörte nach der Gründung (des späteren) Jugoslawiens ab 1918 ganz zu Serbien. 1941-43 dt.-italien.-bulgar. Besatzung, danach kurzzeitig Teil von Großalbanien (unter dt. Protektion). Seit 1945 autonomes Gebiet bzw. ab 1963 autonome Provinz (bis 1970 K. und Metohija gen.); seit 1981 anhaltende Unruhen zw. der alban. Bev. (K.-Albaner bzw. Kosovaren) und der serb. Minderheit. Ab 1986 nutzte KP-Chef S. Milošević den v. a. im K. geschürten serb. Nationalismus zur Festigung seiner Herrschaft in Serbien (Höhepunkt: 600-Jahr-Feier der Schlacht auf dem Amselfeld am Vidovdan, 28. 6. 1989). Febr. 1989 bis April 1990 Ausnahmezustand mit drast. Einschränkung der Autonomie, die zw. Frühjahr 1989 und Juli 1990 (Auflösung von Parlament und Reg. durch Serbien) schrittweise aufgehoben wurde. Trotz massiver Behinderung wurde Ende Sept. 1991 ein von Serbien für illegal erklärtes Referendum über die Unabhängigkeit und Souveränität erfolgreich durchgeführt; die Ausrufung einer »Republik K.« wurde nur von Albanien internat. anerkannt. Die 1989 gegr. »Demokrat. Liga für K.« übernahm die inoffizielle Reg.; bei den (für Serbien inoffiziellen) pluralist. Wahlen vom 24. 5. 1992 konnte sie die absolute Mehrheit erringen (66 %) und stellte mit ihrem Vors., I. Rugova, den Präs. der Republik. Seine Politik des gewaltfreien Widerstandes führte jedoch nicht zu greifbaren Ergebnissen. Kern des K.-Konflikts, bei den Verhandlungen zum Abkommen von Dayton (1995) ausgeklammert, blieb die Statusfrage (serb. Anspruch auf das Amselfeld als »Wiege Serbiens«, Streben der Kosovaren nach Eigenstaatlichkeit oder Anschluss an Albanien). Seit Frühjahr 1996 allmähl. Radikalisierung der Kosovaren und Übergang zu terrorist. Aktivitäten (Träger: »Befreiungsarmee K.«, Ushtria Çlirimtare Kosoves, Abk. UÇK; gegr. 1996). Ab März 1998 kriegsähnl. Kämpfe zw. serb. Sonderpolizei Armee und der UÇK, die bis Mai/Juni ein Drittel des K. unter ihre Kontrolle brachte. Serb. Gegenoffensiven, anhaltende Flucht bzw. Vertreibung der Kosovaren Zivil-Bev. (250 000; internat. Krise, drohender NATO-Einsatz); nach NATO-Ultimatum Mitte Okt. 1998 Waffenstillstand und Stationierung einer unbewaffneten OSZE-Beobachtertruppe (2 000 Mann; Abzug bis 20. 3. 1999). Die K.-Konferenz in Rambouillet (Febr. 1999) und ihre Folgekonferenz in Paris (März 1999; Unterschrift der UÇK unter das K.-Abkommen) blieben jedoch folgenlos. Ab 24. 3. 1999 Luftangriffe der NATO auf jugoslaw. Militär- und Infrastruktureinrichtungen (ohne UN-Mandat, deshalb in den NATO-Ländern umstritten); in der Folge von serb. Seite extrem gesteigerte Vertreibung und Massenflucht der Kosovaren (weitere 690 000 bis Mai 1999; Aufnahme v. a. in den Nachbarländern Albanien, Makedonien, Montenegro sowie Bosnien und Herzegowina; Evakuierungen auch in andere Länder). Daneben zahlr. diplomat. Bemühungen zur Lösung des K.-Konflikts (v. a. Rückkehr der Flüchtlinge/Vertriebenen, Stationierung einer bewaffneten UN-Schutztruppe).
▣ Literatur:
R. Samardžić K. u. Metochien in der serb. Gesch. Beitrr. v. u. a. Lausanne 1989.
⃟ Emmert, T. A.: Serbian Golgotha. K., 1389. New York 1990.
⃟ Büschenfeld, H.: K. Nationalitätenkonflikt im Armenhaus Jugoslawiens. Köln 1991.
⃟ Kohl, C. von u. Libal, W.: K. Gordischer Knoten des Balkan. Wien u. a. 1992.
⃟ K. In the heart of the powder keg, hg. v. R. Elsie. New York 1997.
⃟ Malcolm, N.: K. A short history. London 1998.
⃟ Vickers, M.: Between Serb and Albanian. A history of K. London 1998.
⃟ Krieg im K., hg. v. Thomas Schmid. Reinbek 1999.