Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Konstruktivismus
Konstruktivịsmusder,
1) Kunst: um 1913/14 in Russland entstandene Richtung der modernen Kunst, die auf dem Bekenntnis zur modernen Technik und der Beschränkung auf einfache geometr. Formen beruht. Formale Voraussetzungen lagen im Kubismus, Futurismus und Kubofuturismus. Initiatoren waren W. Tatlin, A. Rodtschenko, El Lissitzky, seit 1917 auch die Brüder N. Gabo und A. Pevsner. Aus versch. gewöhnl. Materialien und Fundstücken entwickelte Tatlin ab 1913 Kontra-Reliefs, für die er die Bez. »konstruktiv« verwendete. Durch die Oktoberrevolution verstärkte sich ein Ggs., der von Anfang an im K. enthalten war: Während Tatlin u. a. die Kunst utilitaristisch für Architektur, Design, Typographie, Bühnenbilder und Mode nutzen und zur Revolution der Gesellschaft einsetzen wollte, entzog K. Malewitsch sich mit seinem Suprematismus der gesellschaftl. Funktionalisierung von Kunst zugunsten ihrer reinen Formbestimmung (»Schwarzes Viereck auf weißem Grund«, 1913). Mit beiden Richtungen war der K. 1917-22 die offizielle Kunst der russ. Revolution, doch seit 1922 emigrierten führende Konstruktivisten unter dem Druck der polit. Verhältnisse in den Westen. Der K. beeinflusste nachhaltig Bauhaus, Stijl sowie kinetische Kunst, konkrete Kunst und Op-Art.
▣ Literatur:
L. Lang. K. u. Buchkunst, bearb. v. Leipzig 1990.
⃟ Konstruktive Konzepte. Eine Geschichte der konstruktiven Kunst vom Kubismus bis heute, bearb. v. W. Rotzler. Zürich 31995.
2) Philosophie, Wissenschaftstheorie: Auffassungen, die die Konstitutionsleistung des Subjekts im Erkenntnisprozess in den Vordergrund stellen (Ggs.: Empirismus). Denken, Reden und Handeln sollen rekonstruiert, d. h. hinsichtlich ihrer Gültigkeit begriffen werden. Dies gilt bes. für den Aufbau der Wissenschaftssprache, wobei die (alltägl.) Lebenswelt als unhintergehbarer Ausgangspunkt betrachtet wird. In der Rekonstruktion der vorwiss. Basis der Wiss. liegen Ergebnisse v. a. in der Geometrie und Physik (»Protophysik«) vor. - Die von Systemtheorie, Psychologie und Biologie beeinflussten Ansätze des radikalen K. liefern ganzheitl. Wissenschaftsmodelle und haben u. a. in Psychologie, Biologie, Soziologie, Kunst-, Sprach- und Literaturwiss. Eingang gefunden.
▣ Literatur:
G. Rusch K. Geschichte u. Anwendung, hg. v. u. Siegfried J. Schmidt. Frankfurt am Main 1992.
⃟ Einführung in den K., mit Beiträgen v. H. von Förster u. a. München 31997.
Konstruktivịsmusder,
1) Kunst: um 1913/14 in Russland entstandene Richtung der modernen Kunst, die auf dem Bekenntnis zur modernen Technik und der Beschränkung auf einfache geometr. Formen beruht. Formale Voraussetzungen lagen im Kubismus, Futurismus und Kubofuturismus. Initiatoren waren W. Tatlin, A. Rodtschenko, El Lissitzky, seit 1917 auch die Brüder N. Gabo und A. Pevsner. Aus versch. gewöhnl. Materialien und Fundstücken entwickelte Tatlin ab 1913 Kontra-Reliefs, für die er die Bez. »konstruktiv« verwendete. Durch die Oktoberrevolution verstärkte sich ein Ggs., der von Anfang an im K. enthalten war: Während Tatlin u. a. die Kunst utilitaristisch für Architektur, Design, Typographie, Bühnenbilder und Mode nutzen und zur Revolution der Gesellschaft einsetzen wollte, entzog K. Malewitsch sich mit seinem Suprematismus der gesellschaftl. Funktionalisierung von Kunst zugunsten ihrer reinen Formbestimmung (»Schwarzes Viereck auf weißem Grund«, 1913). Mit beiden Richtungen war der K. 1917-22 die offizielle Kunst der russ. Revolution, doch seit 1922 emigrierten führende Konstruktivisten unter dem Druck der polit. Verhältnisse in den Westen. Der K. beeinflusste nachhaltig Bauhaus, Stijl sowie kinetische Kunst, konkrete Kunst und Op-Art.
▣ Literatur:
L. Lang. K. u. Buchkunst, bearb. v. Leipzig 1990.
⃟ Konstruktive Konzepte. Eine Geschichte der konstruktiven Kunst vom Kubismus bis heute, bearb. v. W. Rotzler. Zürich 31995.
2) Philosophie, Wissenschaftstheorie: Auffassungen, die die Konstitutionsleistung des Subjekts im Erkenntnisprozess in den Vordergrund stellen (Ggs.: Empirismus). Denken, Reden und Handeln sollen rekonstruiert, d. h. hinsichtlich ihrer Gültigkeit begriffen werden. Dies gilt bes. für den Aufbau der Wissenschaftssprache, wobei die (alltägl.) Lebenswelt als unhintergehbarer Ausgangspunkt betrachtet wird. In der Rekonstruktion der vorwiss. Basis der Wiss. liegen Ergebnisse v. a. in der Geometrie und Physik (»Protophysik«) vor. - Die von Systemtheorie, Psychologie und Biologie beeinflussten Ansätze des radikalen K. liefern ganzheitl. Wissenschaftsmodelle und haben u. a. in Psychologie, Biologie, Soziologie, Kunst-, Sprach- und Literaturwiss. Eingang gefunden.
▣ Literatur:
G. Rusch K. Geschichte u. Anwendung, hg. v. u. Siegfried J. Schmidt. Frankfurt am Main 1992.
⃟ Einführung in den K., mit Beiträgen v. H. von Förster u. a. München 31997.