Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Konjunktur
Konjunktur[lat.] die, allg. Bez. für die Geschäftslage; in der Volkswirtschaftslehre durch zusammenwirkende Veränderungen bestimmter ökonom. Größen bedingte gesamtwirtsch. Nachfrage- und Produktionsschwankungen, die zu Veränderungen im Auslastungsgrad des gesamtwirtsch. Produktionspotenzials führen. Es wird von einem mehr oder weniger zykl. Verlauf, dem K.-Zyklus, ausgegangen, der nach J. A. Schumpeter aus den vier Phasen Erholung (heute Aufschwung, Wiederbelebung, Expansion), Prosperität (heute Hoch-K., Boom), Rezession (heute Abschwung, Entspannung) und Depression (heute Kontraktion, Rezession, Krise) besteht.
In der empir. K.-Forschung werden verschieden lange, jeweils nach ihrem Entdecker benannte K.-Zyklen unterschieden: 1) Kitchin-Wellen, kurze Wellen von etwa 40 Monaten; 2) Juglar-Wellen, mittlere Wellen von etwa sieben bis zehn Jahren; 3) Kondratieff-Wellen, lange Wellen von 50 bis 60 Jahren, die durch technolog. Entwicklungsschübe ausgelöst werden. Das gesamte Erscheinungsbild der wirtsch. Schwankungen kann man sich nach J. A. Schumpeter als Überlagerung der langen, mittleren und kurzen Wellen vorstellen. In Dtl. zeigen sich - gemessen an den jährl. Veränderungsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) - K.-Zyklen, die einem sinkenden Trend folgen und sich bis auf Ausnahmen nicht in absoluten Rückgängen des BIP, sondern in zykl. Bewegungen seiner Wachstumsraten äußern.
Die K.-Theorie untersucht Ursachen und Verläufe konjunktureller Bewegungen. Nach der klass. Nationalökonomie werden K.-Schwankungen u. a. vom techn. Fortschritt, von der Bevölkerungsentwicklung oder der wirtsch. Stimmungslage verursacht und über Preis-, Lohn- und Zinsmechanismus bis hin zu einem neuen gesamtwirtsch. Gleichgewicht verarbeitet. Nach der traditionellen K.-Theorie werden konjunkturelle Schwankungen aus dem marktwirtsch. System heraus verursacht, sei es, dass die Investitionen vorpreschen (Überinvestitionstheorie), dass die Gewinne begünstigt werden (Unterkonsumtionstheorie) oder dass das Geld- und Kreditsystem zur Destabilisierung beiträgt (monetäre K.-Theorie). K. Marx erklärt die K.-Zyklen mit dem Fall der Profitrate, dem die Kapitalisten durch eine Akkumulation zu begegnen suchen, die zu einer die Absatzmöglichkeiten übersteigenden Produktion führe. Nach Ansicht des Keynesianismus wird der K.-Zyklus von Schwankungen der effektiven Nachfrage verursacht. Wenn der Staat die gesamtwirtsch. Nachfrage nicht belebt, könne ein marktwirtsch. System in einem Unterbeschäftigungsgleichgewicht mit Arbeitslosigkeit verharren. Die modernen K.-Theorien haben die Analyse der Schwingungsprozesse theoretisch verfeinert und versuchen, den mikroökonom. Ansatz mit dem makroökonom., keynesianisch orientierten Ansatz zu verbinden. Wegen der Verbindung zu Prozessen wirtsch. Wachstums sind die Grenzen zur Wachstumstheorie fließend.
Literatur:
Kromphardt, J.: Wachstum u. K. Göttingen 31993.
Tichy, T.: K. Stilisierte Fakten, Theorie, Prognose. Berlin u. a. 21994.
Assenmacher, W.: Konjunkturtheorie. München u. a. 71995.
Zinn, K.-G.: K. u. Wachstum. Aachen 1995.
Konjunkturindikatoren, hg. v. K. H. Oppenländer. München u. a. 21996.
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