Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kleidung
Kleidung,die in verschiedensten Formen und aus unterschiedl. Material gefertigte Körperbedeckung einschl. Unter-K., Fußbekleidung und Kopfbedeckung zum Schutz gegen Wetter und Verletzungsgefahren, auch zum Verhüllen und zum Schmuck.Als Material dienten dem Menschen zuerst Tierfelle, seit dem Neolithikum auch Gewebe. Im alten Ägypten bestand die K. des Mannes aus einem knie- oder wadenlangen Schurz, die der Frau aus einem knöchellangen Trägergewand. Im Neuen Reich trug der Mann über dem Schurz ein fußlanges, durchsichtiges Gewand, das auch das K.-Stück der Frau war. Beide Geschlechter trugen einen Ringkragen, die Vornehmen schnabelförmige Sandalen. Schuhe wurden gelegentlich von Vornehmen getragen. Die K. der babylon.-assyr. Bev. bestand aus einem kurzärmligen, hemdartigen Gewand, i. Allg. knielang, bei den Vornehmen bis zum Boden reichend, ergänzt durch ein schräg um den Körper gewickeltes langes Tuch. In kretisch-myken. Zeit trugen die Männer einen Lendenschurz, der mit einem Gürtel in der Taille befestigt wurde. Die wohl übl. Frauentracht war ein glockiger Rock, zu dem ein enges, kurzärmliges Jäckchen getragen wurde, das Schultern und Brüste unbedeckt ließ. Wichtigste K.-Stücke im alten Griechenland, aus Stoffbahnen drapiert und in den Grundzügen bis in den Hellenismus unverändert, waren in der Frauen-K. der Peplos, beim Mann Himation und (als Untergewand) Chiton. Jugendliche, Krieger und Reiter hatten die Chlamys. Beide Geschlechter trugen Sandalen, daneben gebundene Schlupfschuhe, Jäger und Krieger bevorzugten Stiefel. In der röm. K., wesentlich durch die grch. beeinflusst, entsprechen Toga, Pallium und Palla dem Himation, die von beiden Geschlechtern getragene Tunika bzw. die von den Matronen getragene längere Stola dem Chiton. Frauen trugen als Kopfbedeckung einen Schleier, an den Füßen Sandalen, die Männer Sandalen im Haus, zur Toga den Calceus. Vom 3. Jh. n. Chr. an setzte sich die zuvor nur von niederen Schichten getragene Paenula durch, ein Kapuzengewand, zunächst als Reisemantel. Die Frauen der europ. Bronzezeit trugen meist wadenlange Röcke oder gegürtete Gewänder, Jacken sowie Überhänge und Kopfputz. Charakteristisch für die Tracht der Skythen, ebenso der Parther in Iran sowie der Kelten und der Germanen war die Hose, dazu Kittel und Umhänge. Die Sandalen der Germanen, die auch von den mittelalterl. Bauern getragen wurden, werden als Bundschuhe bezeichnet. Im MA. war für beide Geschlechter von Stand die reich verzierte Tunika typisch. Der Mann des Volkes behielt den knielangen Kittel (Rock) bei. Seit Mitte des 14. Jh. trug der Mann eine allmählich bis zur Schritthöhe verkürzte Jacke (Schecke) und einen kurzen Mantel, dazu Schnabelschuhe. In der K. der Frau ersetzte der Nuschenmantel den Schnurmantel, der Schleier wurde mit einer Krause versehen. Die Rockformen des 15. Jh. waren Houppelande und Tappert. Die nun bestimmende burgund. Mode brachte für die Frau das unter der Brust gegürtete Gewand mit weiten Ärmeln und neue Haubenformen sowie die Sendelbinde. Die Beinlinge des Mannes, bislang an der um die Hüfte geschlungenen Bruche befestigt, wurden im 15. Jh. unter dem kurzen Rock zur Hose vereinigt, neu in der Form war das Wams. Im 16. Jh. wurde in der Männer-K. die Schaube üblich, die man über dem Wams oder über Wams und Faltrock trug. Das Hemd zeigte am Hals eine Krause. Auch die Frauen trugen eine (fußlange) Schaube. Das Kleid wurde in Rock und Mieder, unter dem das Hemd sichtbar wurde, geteilt. Ein breiter Kragen überdeckte den großen Ausschnitt und entwickelte sich zum eigenständigen Jäckchen. In der 2. Hälfte des Jh. dominierte die span. Tracht, damit für beide Geschlechter die steife Halskrause (Kröse), für die Frau der Reifrock. In England entwickelte sich abweichend der Stuartkragen. Im 17. Jh. trat neben die steife Kröse der breite, spitzenverzierte, liegende Kragen, es kamen neue Hosenformen (Pump-, Schlumperhose und Rhingrave) auf. Spitzenkragen und -manschetten zierten auch die Robe der Frau. Im 18. Jh. trug der Mann unter dem Einfluss der frz. Hoftracht einen vorn geknöpften, etwa knielangen Leibrock mit breiten Ärmelaufschlägen (Justaucorps), Kniehose und Weste. Die Perücke gehörte ebenso dazu wie der Dreispitz. In der Frauenmode wurde um 1720 erneut der Reifrock beliebt. Oberer Rock und Mieder bildeten den anspruchsvollen Manteau. Im letzten Viertel des Jh. begann eine von England ausgehende bürgerl. K. Fuß zu fassen: Gehrock, Frack, ärmel- und schoßlose Weste, Kniehosen, Mäntel. Die Kniehosen wurden seit der Frz. Revolution durch lange Röhrenhosen (Pantalons) ersetzt, der Zylinderhut wurde Mode. Die Revolutionstracht der Frauen (Rock und Jacke) wurde bald durch antikisierende Hemdkleider abgelöst. Im Biedermeier zeigte das Kleid einen weiten, knöchellangen Rock, das Oberteil war anliegend, die Ärmel weit; dazu ein Schutenhut. Der Rock wurde in der Mitte des 19. Jh. zum Reifrock (Krinoline), gegen Ende der 1860er-Jahre wurden Rock und Schleppe über einer Turnüre im Rücken drapiert. Die mod. Figur wurde durch das Korsett bestimmt, gegen das das lose Reformkleid propagiert wurde. Mit der Begründung der Haute Couture (1859) und der sich ausbreitenden Konfektions-K. waren die Weichen für das K.-Verhalten des 20. Jh. gestellt worden. Reifengestelle und Hüftpolster verschwanden endgültig. Die Betonung lag nun auf einer schmalen, nach unten glockig erweiterten Silhouette. Das Schneiderkostüm kam auf; Rock und Bluse wurden immer beliebter. 1911 kreierte Paul Poiret den ersten Hosenrock, daneben jedoch auch den engen »Humpelrock«. Die Herrenmode der 2. Hälfte des 19. Jh. entwickelte Paletot, Hänger, Havelock, Ulster und Raglanmantel, für den Tagesanzug Jackett (Sakko), Cutaway und um 1900 die Smokingjacke. Schon vor dem Ersten Weltkrieg wurde zum Kostüm Bluse und Jumper (Pullover) getragen, in den 20er-Jahren des 20. Jh. bestimmten das Modebild: Kostüme, kurze Röcke, Hänge- und Hemdblusenkleider, deren Verbreitung durch die Entwürfe Coco Chanels wegweisend wurde (Garçonnemode); Sweater (Pullover) traten ihren Siegeszug an, die Mäntel wurden schmal und erhielten oft Pelzkragen. Weiter veränderten Sport und Freizeit die K. In der Herrenmode gelangten Blazer, Trenchcoat, Regenmantel in die Tages-K., auch Knickerbocker, Sweater. Der Zylinder wich dem Filzhut, zunächst dem steifen Homburger. Nach dem Zweiten Weltkrieg kreierte Dior 1947 den femininen »New-Look« mit weiten wadenlangen Röcken (mit Petticoat). Daneben setzten sich seit Mitte der 1950er-Jahre enge Hosen für beide Geschlechter durch, Jeans sind bis heute aktuell. Sie werden seit den 1960er-Jahren mit T-Shirts getragen. Heute überlagern sich vielfältige Trends, vorangetrieben von der Haute Couture und kommerziellen Interessen der Modeindustrie (Mode).
Literatur:
Lehmann, P. J.: Die K., unsere zweite Haut. Königstein 31992.
Peacock, P.: Kostüm u. Mode - das Bildhandbuch. Von den frühen Hochkulturen bis zur Gegenwart. A. d. Engl. Bern u. a. 21996.
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