Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kirgistan
Kirgistạn⃟ Fläche: 198 500 km2
Einwohner: (1997) 4,493 Mio.
Hauptstadt: Bischkek
Verwaltungsgliederung: sechs Gebiete und die Hauptstadt
Amtssprachen: Kirgisisch, Russisch
Nationalfeiertag: 31. 8.
Währung: 1 Kirgistan-Som (K.S.) = 100 Tyin
Zeitzone: MEZ + 4 Std.
(amtlich Kyrgyzstan Respublikasy; dt. Rep. K.; auch Kirgisien, Kirgisistan, Kyrgyzstan), Staat in Mittelasien, grenzt im N an Kasachstan, im SO und O an China, im SW an Tadschikistan und im W an Usbekistan.
Staat und Recht: Nach der Verf. vom 5. 5. 1993 (1994 und 1996 revidiert) ist K. eine souveräne präsidiale Rep. mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der mit weit reichenden Befugnissen ausgestattete, für fünf Jahre direkt gewählte Präs. Das Zweikammerparlament besteht aus der Gesetzgebenden Versammlung mit 35 und der Versammlung der Volksvertreter mit 70 Abg., die jeweils im Mehrheitswahlsystem für fünf Jahre gewählt werden. Die Exekutive wird von der Reg. unter Vorsitz des MinPräs. ausgeübt; sie wird vom Präs. ernannt und entlassen. Nach 1991 entstand eine Vielzahl polit. Parteien und Bewegungen (z. B. Demokrat. Bewegung K., Sozialdemokrat. Partei, Republikan. Volkspartei, Einheitspartei, Partei der Kommunisten K.); sie spielen allerdings im von »unabhängigen« Abg. dominierten Parlament nur eine untergeordnete Rolle.
Landesnatur: Fast ganz K. ist ein Hochgebirgsland (etwa die Hälfte seines Territoriums liegt zw. 1 000 und 3 000 m, ein Drittel über 3 000 m ü. M.); es gehört überwiegend zum erdbebenreichen Gebirgssystem des Tienschan (höchste Erhebungen Pik Pobeda, 7 439 m ü. M.; Chan-Tengri, 6 995 m ü. M.) im NO-Teil der Rep. Den kleineren Teil nehmen Alai- und Transalaigebirge (Pik Lenin, 7 134 m ü. M.) im SW ein. Die stark vergletscherten Gebirgsketten umschließen Längstäler (Talas-, Tschu-, Alaital) und Becken (Issykkulbecken, Ferganabecken), die Lebensräume der Bevölkerung. - Das Klima ist ausgeprägt kontinental und trocken, deutlich sind Höhenstufen erkennbar. In den Becken herrscht kontinentales Klima mit Dauerfrost im Winter und trockenen, heißen Sommern. Die jährl. Niederschlagsmenge bleibt meistens unter 300 mm, nur die West- und Nordhänge der Gebirge erhalten 800-1 000 mm/Jahr. - Die Vegetation ist durch das Vorherrschen von Wüsten, Halbwüsten und Steppen gekennzeichnet. Zw. 1 500 und 4 000 m ü. M. gibt es trockene Bergsteppen, die mit zunehmender Höhe in Wiesensteppen, subalpine und alpine Wiesen übergehen; 1 % Wald. Für den S sind Nussbaumwälder charakteristisch.
Bevölkerung: Nach Schätzungen von 1993 setzt sie sich aus Kirgisen (56,5 %), Russen (18,8 %), Usbeken (13,3 %), Ukrainern (2,1 %), Tataren (2,0 %), Deutschen (0,8 %) und Angehörigen kleinerer Nationalitäten (6,5 %; Kasachen, Dunganen, Tadschiken, Uiguren u. a.) zusammen. Große ethn. Spannungen zw. den Kirgisen einerseits und den Usbeken u. a. Minderheiten andererseits führten in den letzten Jahren zu starker Abwanderung der nichtkirgis. Bev. (v. a. Russen und Deutsche). 39 % der Bewohner lebten 1996 in Städten. Am dichtesten sind die Agrargebiete in den Tälern der Tschu und Talas sowie das Issykkul- und Ferganabecken besiedelt. Die der turksprachigen Völker gehören dem Islam an und sind hauptsächlich sunnit. Muslime, die nichtturksprachigen sind überwiegend orth. Christen. Es besteht eine zehnjährige Grundschulpflicht. K. verfügt über zehn Hochschulen, darunter eine Univ. und eine TH in Bischkek.
Wirtschaft, Verkehr: Nach dem Zerfall der Sowjetunion begann K. eine marktwirtschaftlich orientierte Entwicklung. Gesetze gestatten die Privatisierung der Staats- und unrentablen landwirtsch. Betriebe. Trotz der Reformen ist K. stark von der Transformationskrise betroffen, was zu einer Verarmung großer Teile der einkommensschwachen Bev. führte. Etwa ein Drittel der Beschäftigten sind in der Landwirtschaft tätig. Nur die Hälfte der Landesfläche ist landwirtschaftlich nutzbar, davon rd. 85 % Weiden und Wiesen, 10 % Ackerland (über 70 % bewässert). Etwa ein Drittel des Agrarlandes ist privatisiert. Größte Bedeutung haben die Schafwollproduktion, die Ziegen-, Jak- und Mastrinderhaltung und die Seidenraupenzucht (Naturseideerzeugung) sowie der Anbau von Kartoffeln, Zuckerrüben, Baumwolle, Getreide, Tabak, Futterpflanzen (bes. Luzerne), Mohn und Gemüse, der Obst- und Weinbau. K. ist arm an Rohstoffen. Bodenschätze, bergbaulich genutzt, finden sich in der Randzone des Ferganabeckens mit Kohle-, Erdöl-, Erdgasvorkommen, Quecksilber-, Antimon- und Golderzen sowie im Issykkulgebiet, ebenfalls mit Kohle und Erzen; in beiden Bereichen auch Marmorabbau. In Ind. und Bauwirtschaft sind knapp drei Zehntel der Beschäftigten tätig. Die Ind. konzentriert sich auf das Tschutal (v. a. Buntmetallerzverhüttung, Maschinenbau, elektrotechn., Textil-, Nahrungsmittel- und Lederind.) und die kirgis. Randzone des Ferganabeckens mit den Schwerpunkten Bischkek und Osch. Die Wasserkraftwerke an den Hochgebirgsflüssen sind zu 80 % an der Elektroenergieerzeugung beteiligt. Am Issykkul und im zentralen Tienschan liegen an Thermal- und Mineralquellen zahlr. Erholungsorte. - Ausgeführt werden Nichteisenmetalle, Kohle, Schafwolle, Nahrungsmittel und Textilien, eingeführt Eisenmetalle, Erdöl, -gas, Holz, Maschinen und Ind.anlagen, Pkw u. a. Umfangreichere Handelsbeziehungen bestehen mit China, den mittelasiat. Nachbarrepubliken und mit Russland. - Bes. das Landesinnere K. ist verkehrsmäßig wenig erschlossen. Das Straßennetz ist 28 400 km lang (davon 25 900 km mit fester Decke), darunter die Hochgebirgsstraßen Ostpamir- (Osch-Chorog) und Großer Kirgistantrakt (Bischkek-Osch). Der Eisenbahnverkehr (nur 417 km langes Schienennetz) spielt eine untergeordnete Rolle. Der Flugverkehr ist für die Personenbeförderung, in schwer zugängl. Gegenden auch für den Gütertransport bedeutsam. Internat. Flughäfen liegen bei Bischkek und Osch. Auf dem Issykkul Schiffsverkehr.
Geschichte: Die turksprachigen kirgis. Stämme, die im 7./8. Jh. zw. Jenissei und Orchon siedelten und im 9. Jh. das Reich der Uiguren in der Mongolei zerstörten, wanderten seit dem 10./11. Jh. in das Gebiet des heutigen K. ein. Dieses kam im 13. Jh. unter die Herrschaft der Mongolen, im 17./18. Jh. unter die der Dsungaren. Zu Beginn des 19. Jh. gerieten die Kirgisen in Abhängigkeit des kasach. Khanats Kokand; mit diesem wurde K. 1876 Russland angegliedert. Nach der Teilnahme am Mittelasiat. Aufstand gegen Russland (1916) und der Oktoberrevolution wurde in K. 1918 die Sowjetmacht errichtet. K. gehörte zunächst zu der 1918 gegründeten Turkestan. ASSR. Das 1924 innerhalb der RSFSR gebildete Karakirgis. Autonome Gebiet wurde 1925 in Kirgis. Autonomes Gebiet umbenannt, aus ihm ging 1926 die Kirgis. ASSR hervor. Den folgenschwersten Einschnitt stellte die Zwangskollektivierung ab 1929 dar (Zwangsansiedlung der Nomaden, mit der Vertreibung der Sippenoberhäupter einhergehende »Entkulakisierung«, Erweiterung der Baumwollanbauflächen); sie führte nicht nur zur Flucht vieler Kirgisen mit ihren Viehherden nach China und Afghanistan, sondern auch zum Wiederaufleben des erst 1926 zerschlagenen Widerstandes der islam. Basmatschen. Opposition in den Reihen der kirgis. Intelligenz einschließlich des Parteiapparates wurde mit »Säuberungen« beantwortet (Reduzierung der Mitgl.-Zahl der KP um 51 %). 1936 Umwandlung K.s in eine Unionsrepublik. Der Ausbau der Transportwege und die einsetzende Industrialisierung förderten einen Zustrom von Arbeitskräften aus den europ. Teilen der UdSSR, der Zweite Weltkrieg und die Aufnahme deportierter Völkerschaften verstärkten diesen Prozess. Im Juni 1990 kam es zu blutigen ethn. Auseinandersetzungen zw. Kirgisen und der usbek. Minderheit im S der Rep. (Gebiet von Osch). Am 15. 12. 1990 erklärte K. seine Souveränität innerhalb der UdSSR, am 31. 8. 1991 seine Unabhängigkeit. Staatspräs. A. Akajew (seit Okt. 1990 im Amt, durch Wahlen im Okt. 1991 und Dez. 1995 bestätigt) leitete nach dem Verbot der KP 1991 eine allmähl. Demokratisierung der polit. Strukturen (Verabschiedung einer neuen Verf. am 5. 5. 1993 durch das Parlament) sowie Reformen in der Wirtschaft (bes. Privatisierung von Unternehmen, Bekämpfung der Korruption und Schutz der sozial Bedürftigen) ein. Unter der Aufsicht internat. Beobachter wählte die Bev. im Febr. 1995 erstmals seit der Unabhängigkeit ein Parlament (Mehrheit der Mandate für Präs. Akajew nahe stehende Abg.).
Im Dez. 1991 trat K. der GUS bei. Im März 1992 wurde es Mitgl. der UNO und unterzeichnete 1994 die NATO-Initiative »Partnerschaft für den Frieden«. Mit dem Beitritt zur kasachisch-usbek. Wirtschaftsunion (1994) und zur Gemeinschaft Integrierter Staaten (GIS; 1996) innerhalb der GUS intensivierte K. die Beziehungen zu seinen Nachbarstaaten.
▣ Literatur:
World Bank. Kyrgyzstan. Social protection in a reforming economy, hg. von der Washington, D. C., 1993.
⃟ Central Asia and the world, hg. v. M. Mandelbaum. New York 1994.
⃟ Reinecke, G.: Polit. Entwicklung im nachsowjetischen Mittelasien. Demokratisierung in K. Köln 1995.
⃟ Götz, R. u. Halbach, U.: Polit. Lexikon GUS. München 31996.
⃟ Whittell, G.: Central Asia. The essential practical handbook. London 21996.
⃟ Kazakstan, Kyrgyzstan, Tadjikistan, Turkmenistan, and Uzbekistan. Country studies, hg. v. G. E. Curtis. . Washington, D. C., 1997.
Einwohner: (1997) 4,493 Mio.
Hauptstadt: Bischkek
Verwaltungsgliederung: sechs Gebiete und die Hauptstadt
Amtssprachen: Kirgisisch, Russisch
Nationalfeiertag: 31. 8.
Währung: 1 Kirgistan-Som (K.S.) = 100 Tyin
Zeitzone: MEZ + 4 Std.
(amtlich Kyrgyzstan Respublikasy; dt. Rep. K.; auch Kirgisien, Kirgisistan, Kyrgyzstan), Staat in Mittelasien, grenzt im N an Kasachstan, im SO und O an China, im SW an Tadschikistan und im W an Usbekistan.
Staat und Recht: Nach der Verf. vom 5. 5. 1993 (1994 und 1996 revidiert) ist K. eine souveräne präsidiale Rep. mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der mit weit reichenden Befugnissen ausgestattete, für fünf Jahre direkt gewählte Präs. Das Zweikammerparlament besteht aus der Gesetzgebenden Versammlung mit 35 und der Versammlung der Volksvertreter mit 70 Abg., die jeweils im Mehrheitswahlsystem für fünf Jahre gewählt werden. Die Exekutive wird von der Reg. unter Vorsitz des MinPräs. ausgeübt; sie wird vom Präs. ernannt und entlassen. Nach 1991 entstand eine Vielzahl polit. Parteien und Bewegungen (z. B. Demokrat. Bewegung K., Sozialdemokrat. Partei, Republikan. Volkspartei, Einheitspartei, Partei der Kommunisten K.); sie spielen allerdings im von »unabhängigen« Abg. dominierten Parlament nur eine untergeordnete Rolle.
Landesnatur: Fast ganz K. ist ein Hochgebirgsland (etwa die Hälfte seines Territoriums liegt zw. 1 000 und 3 000 m, ein Drittel über 3 000 m ü. M.); es gehört überwiegend zum erdbebenreichen Gebirgssystem des Tienschan (höchste Erhebungen Pik Pobeda, 7 439 m ü. M.; Chan-Tengri, 6 995 m ü. M.) im NO-Teil der Rep. Den kleineren Teil nehmen Alai- und Transalaigebirge (Pik Lenin, 7 134 m ü. M.) im SW ein. Die stark vergletscherten Gebirgsketten umschließen Längstäler (Talas-, Tschu-, Alaital) und Becken (Issykkulbecken, Ferganabecken), die Lebensräume der Bevölkerung. - Das Klima ist ausgeprägt kontinental und trocken, deutlich sind Höhenstufen erkennbar. In den Becken herrscht kontinentales Klima mit Dauerfrost im Winter und trockenen, heißen Sommern. Die jährl. Niederschlagsmenge bleibt meistens unter 300 mm, nur die West- und Nordhänge der Gebirge erhalten 800-1 000 mm/Jahr. - Die Vegetation ist durch das Vorherrschen von Wüsten, Halbwüsten und Steppen gekennzeichnet. Zw. 1 500 und 4 000 m ü. M. gibt es trockene Bergsteppen, die mit zunehmender Höhe in Wiesensteppen, subalpine und alpine Wiesen übergehen; 1 % Wald. Für den S sind Nussbaumwälder charakteristisch.
Bevölkerung: Nach Schätzungen von 1993 setzt sie sich aus Kirgisen (56,5 %), Russen (18,8 %), Usbeken (13,3 %), Ukrainern (2,1 %), Tataren (2,0 %), Deutschen (0,8 %) und Angehörigen kleinerer Nationalitäten (6,5 %; Kasachen, Dunganen, Tadschiken, Uiguren u. a.) zusammen. Große ethn. Spannungen zw. den Kirgisen einerseits und den Usbeken u. a. Minderheiten andererseits führten in den letzten Jahren zu starker Abwanderung der nichtkirgis. Bev. (v. a. Russen und Deutsche). 39 % der Bewohner lebten 1996 in Städten. Am dichtesten sind die Agrargebiete in den Tälern der Tschu und Talas sowie das Issykkul- und Ferganabecken besiedelt. Die der turksprachigen Völker gehören dem Islam an und sind hauptsächlich sunnit. Muslime, die nichtturksprachigen sind überwiegend orth. Christen. Es besteht eine zehnjährige Grundschulpflicht. K. verfügt über zehn Hochschulen, darunter eine Univ. und eine TH in Bischkek.
Wirtschaft, Verkehr: Nach dem Zerfall der Sowjetunion begann K. eine marktwirtschaftlich orientierte Entwicklung. Gesetze gestatten die Privatisierung der Staats- und unrentablen landwirtsch. Betriebe. Trotz der Reformen ist K. stark von der Transformationskrise betroffen, was zu einer Verarmung großer Teile der einkommensschwachen Bev. führte. Etwa ein Drittel der Beschäftigten sind in der Landwirtschaft tätig. Nur die Hälfte der Landesfläche ist landwirtschaftlich nutzbar, davon rd. 85 % Weiden und Wiesen, 10 % Ackerland (über 70 % bewässert). Etwa ein Drittel des Agrarlandes ist privatisiert. Größte Bedeutung haben die Schafwollproduktion, die Ziegen-, Jak- und Mastrinderhaltung und die Seidenraupenzucht (Naturseideerzeugung) sowie der Anbau von Kartoffeln, Zuckerrüben, Baumwolle, Getreide, Tabak, Futterpflanzen (bes. Luzerne), Mohn und Gemüse, der Obst- und Weinbau. K. ist arm an Rohstoffen. Bodenschätze, bergbaulich genutzt, finden sich in der Randzone des Ferganabeckens mit Kohle-, Erdöl-, Erdgasvorkommen, Quecksilber-, Antimon- und Golderzen sowie im Issykkulgebiet, ebenfalls mit Kohle und Erzen; in beiden Bereichen auch Marmorabbau. In Ind. und Bauwirtschaft sind knapp drei Zehntel der Beschäftigten tätig. Die Ind. konzentriert sich auf das Tschutal (v. a. Buntmetallerzverhüttung, Maschinenbau, elektrotechn., Textil-, Nahrungsmittel- und Lederind.) und die kirgis. Randzone des Ferganabeckens mit den Schwerpunkten Bischkek und Osch. Die Wasserkraftwerke an den Hochgebirgsflüssen sind zu 80 % an der Elektroenergieerzeugung beteiligt. Am Issykkul und im zentralen Tienschan liegen an Thermal- und Mineralquellen zahlr. Erholungsorte. - Ausgeführt werden Nichteisenmetalle, Kohle, Schafwolle, Nahrungsmittel und Textilien, eingeführt Eisenmetalle, Erdöl, -gas, Holz, Maschinen und Ind.anlagen, Pkw u. a. Umfangreichere Handelsbeziehungen bestehen mit China, den mittelasiat. Nachbarrepubliken und mit Russland. - Bes. das Landesinnere K. ist verkehrsmäßig wenig erschlossen. Das Straßennetz ist 28 400 km lang (davon 25 900 km mit fester Decke), darunter die Hochgebirgsstraßen Ostpamir- (Osch-Chorog) und Großer Kirgistantrakt (Bischkek-Osch). Der Eisenbahnverkehr (nur 417 km langes Schienennetz) spielt eine untergeordnete Rolle. Der Flugverkehr ist für die Personenbeförderung, in schwer zugängl. Gegenden auch für den Gütertransport bedeutsam. Internat. Flughäfen liegen bei Bischkek und Osch. Auf dem Issykkul Schiffsverkehr.
Geschichte: Die turksprachigen kirgis. Stämme, die im 7./8. Jh. zw. Jenissei und Orchon siedelten und im 9. Jh. das Reich der Uiguren in der Mongolei zerstörten, wanderten seit dem 10./11. Jh. in das Gebiet des heutigen K. ein. Dieses kam im 13. Jh. unter die Herrschaft der Mongolen, im 17./18. Jh. unter die der Dsungaren. Zu Beginn des 19. Jh. gerieten die Kirgisen in Abhängigkeit des kasach. Khanats Kokand; mit diesem wurde K. 1876 Russland angegliedert. Nach der Teilnahme am Mittelasiat. Aufstand gegen Russland (1916) und der Oktoberrevolution wurde in K. 1918 die Sowjetmacht errichtet. K. gehörte zunächst zu der 1918 gegründeten Turkestan. ASSR. Das 1924 innerhalb der RSFSR gebildete Karakirgis. Autonome Gebiet wurde 1925 in Kirgis. Autonomes Gebiet umbenannt, aus ihm ging 1926 die Kirgis. ASSR hervor. Den folgenschwersten Einschnitt stellte die Zwangskollektivierung ab 1929 dar (Zwangsansiedlung der Nomaden, mit der Vertreibung der Sippenoberhäupter einhergehende »Entkulakisierung«, Erweiterung der Baumwollanbauflächen); sie führte nicht nur zur Flucht vieler Kirgisen mit ihren Viehherden nach China und Afghanistan, sondern auch zum Wiederaufleben des erst 1926 zerschlagenen Widerstandes der islam. Basmatschen. Opposition in den Reihen der kirgis. Intelligenz einschließlich des Parteiapparates wurde mit »Säuberungen« beantwortet (Reduzierung der Mitgl.-Zahl der KP um 51 %). 1936 Umwandlung K.s in eine Unionsrepublik. Der Ausbau der Transportwege und die einsetzende Industrialisierung förderten einen Zustrom von Arbeitskräften aus den europ. Teilen der UdSSR, der Zweite Weltkrieg und die Aufnahme deportierter Völkerschaften verstärkten diesen Prozess. Im Juni 1990 kam es zu blutigen ethn. Auseinandersetzungen zw. Kirgisen und der usbek. Minderheit im S der Rep. (Gebiet von Osch). Am 15. 12. 1990 erklärte K. seine Souveränität innerhalb der UdSSR, am 31. 8. 1991 seine Unabhängigkeit. Staatspräs. A. Akajew (seit Okt. 1990 im Amt, durch Wahlen im Okt. 1991 und Dez. 1995 bestätigt) leitete nach dem Verbot der KP 1991 eine allmähl. Demokratisierung der polit. Strukturen (Verabschiedung einer neuen Verf. am 5. 5. 1993 durch das Parlament) sowie Reformen in der Wirtschaft (bes. Privatisierung von Unternehmen, Bekämpfung der Korruption und Schutz der sozial Bedürftigen) ein. Unter der Aufsicht internat. Beobachter wählte die Bev. im Febr. 1995 erstmals seit der Unabhängigkeit ein Parlament (Mehrheit der Mandate für Präs. Akajew nahe stehende Abg.).
Im Dez. 1991 trat K. der GUS bei. Im März 1992 wurde es Mitgl. der UNO und unterzeichnete 1994 die NATO-Initiative »Partnerschaft für den Frieden«. Mit dem Beitritt zur kasachisch-usbek. Wirtschaftsunion (1994) und zur Gemeinschaft Integrierter Staaten (GIS; 1996) innerhalb der GUS intensivierte K. die Beziehungen zu seinen Nachbarstaaten.
▣ Literatur:
World Bank. Kyrgyzstan. Social protection in a reforming economy, hg. von der Washington, D. C., 1993.
⃟ Central Asia and the world, hg. v. M. Mandelbaum. New York 1994.
⃟ Reinecke, G.: Polit. Entwicklung im nachsowjetischen Mittelasien. Demokratisierung in K. Köln 1995.
⃟ Götz, R. u. Halbach, U.: Polit. Lexikon GUS. München 31996.
⃟ Whittell, G.: Central Asia. The essential practical handbook. London 21996.
⃟ Kazakstan, Kyrgyzstan, Tadjikistan, Turkmenistan, and Uzbekistan. Country studies, hg. v. G. E. Curtis. . Washington, D. C., 1997.