Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kinder- und Jugendliteratur
Kinder- und Jugendliteratur,Sammelbez. für bildlich-literar. Werke, die von Kindern und Jugendlichen bevorzugt (gelesen) werden. Ältere Darstellungen beschränken den Begriff K.- u. J. auf die Bücher, die eigens für Kinder und Jugendliche geschrieben wurden.Entwicklung: Schon in der grch. und röm. Antike gab es didakt. Bearbeitungen von Homers »Ilias«. Während des gesamten MA. dienten Äsops Fabeln als K.- u. J., speziell als Schullektüre. Seit dem 18. Jh., beginnend mit J. H. Campes Umarbeitung von D. Defoes »Robinson Crusoe« (1719), wurden v. a. erzählende Werke der Weltliteratur in speziellen Jugendausgaben verlegt, z. B. J. F. Coopers »Lederstrumpf«-Erzählungen, J. Swifts »Gullivers Reisen«, Cervantes' »Don Quijote«, Grimmelshausens »Simplicius Simplicissimus« und H. Melvilles »Moby Dick«. Viele Strömungen der K.- u. J. entstanden im 19. Jh.: W. Scott schuf mit »Ivanhoe« (1819) die bis heute beliebte Form der erzählten Geschichte; A. von Chamisso, E. T. A. Hoffmann und später H. C. Andersen führten die fantast. Erzählungen ein. Kindergedichte schrieben v. a. H. Hoffmann (»Struwwelpeter«) und A. H. Hoffmann von Fallersleben. Ebenfalls zu Beginn des 19. Jh. wurde durch die Romantiker die Volksliteratur für die K.- u. J. erschlossen; Kinderreime, Volkslieder, Märchen, Legenden, Volksbücher, Sagen, Schelmengeschichten (»Till Eulenspiegel«) wurden neu erzählt und illustriert. Später pflegten K. May u. a. den Wert der Exotik und Spannung. Zu Beginn des 20. Jh. wurde die Umwelterzählung entwickelt; kindl. Helden, die ihre Probleme selbst in die Hand nehmen, wurden in der deutschsprachigen K.- u. J. zum ersten Mal von F. Molnár (»Die Jungen der Paulstraße«, 1907) und E. Kästner (»Emil und die Detektive«, 1929) vorgestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden die fantastisch-abenteuerlichen utop. Erzählung, das jugendl. populärwiss. Sachbuch und die Comics weite Verbreitung. Zunehmende Bedeutung gewinnt das realistisch-zeitgemäße Problembuch mit bisher gemiedenen Themen wie Sexualität, Umweltschutz, Drogenprobleme, Jugendstrafvollzug, körperlich und geistig Behinderte, Rocker, Wohngemeinschaft, Jugendarbeitslosigkeit, Arbeitswelt und Probleme der Dritten Welt.Förderung: Versch. private und staatl. Institutionen und Organisationen fördern anspruchsvolle K.- u. J. auf nat. und internat. Ebene. In Dtl. sind dies u. a. die Internat. Jugendbibliothek in München, der Arbeitskreis »Das gute Jugendbuch« e. V. im Börsenverein des Dt. Buchhandels und der Arbeitskreis für Jugendliteratur in München, der jährlich den vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gestifteten Dt. Jugendliteraturpreis vergibt. Dieser Arbeitskreis ist Mitgl. des Internat. Kuratoriums für das Jugendbuch (International Board on Books for Young People, IBBY) in Zürich; er verleiht alle zwei Jahre (seit 1956) die Hans-Christian-Andersen-Medaille, den wichtigsten internat. Jugendbuchpreis, seit 1966 auch an Illustratoren. Auf seine Anregung hin wird seit 1966 jährlich am 2. 4. (Geburtstag H. C. Andersens) der Internat. Kinderbuchtag begangen.
Literatur:
Pape, W.: Das literar. Kinderbuch. Berlin u. a. 1981.
Handbuch zur K.- u. J., hg. v. T. Brüggemann u. a., auf mehrere Bde. ber. Stuttgart 1982 ff.
Lexikon der K.- u. J., hg. v. K. Doderer, 4 Bde. Sonderausg. Weinheim u. a. 1984.
Maier, K. E.: Jugendliteratur. Bad Heilbrunn 1993.
Kaminski, W.: Einf. in die K.- u. J. Weinheim u. a. 31994.
K.- u. J. Ein Lex., hg. v. A. C. Baumgärtner u. a., Losebl.-Ausg. Meitingen 1995 ff.
Gesellschaftl. Modernisierung u. K.- u. J., hg. v. R. Wild. St. Ingbert 1997.
Spuren der Vergangenheit ... Ausgewählte Jugendbücher über Nationalismus u. Neonazismus, hg. v. R. Proske u. A. Schmitz. Münster 1998.
K.- u. J. in Deutschland, hg. v. R. Raecke. München 1999.
Wermke, M.: Jugendliteratur über den Holocaust. Göttingen 1999.
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