Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kernenergie
Kern|energie(Atomenergie), der durch Kernreaktionen freisetzbare oder freigesetzte Anteil der Kernbindungsenergie. Nach dieser Definition ist K. auch eine Form von Primärenergie. Trotz bed. Fortschritte in der Forschung zur kontrollierten Kernfusion ist die Kernspaltung gegenwärtig die einzig mögl. und großtechnisch nutzbare Form der K.-Gewinnung; i. w. S. wird deshalb unter K.-Wirtschaft auch der wirtsch.-technolog. Bereich verstanden, der auf dieser Art der Gewinnung von Sekundärenergie (v. a. Elektroenergie) in Kernreaktoren basiert.
Geschichte: Die durch Neutronen induzierte Kernspaltung wurde 1938 von O. Hahn und F. Straßmann entdeckt und 1939 von L. Meitner und R. O. Frisch theoretisch erklärt. Nachdem F. und I. Joliot-Curie die Möglichkeit einer Kettenreaktion bei der Kernspaltung nachgewiesen hatten, gelang am 2. 12. 1942 E. Fermi in Chicago die Inbetriebnahme des ersten Kernreaktors. Die weitere Entwicklung wurde wesentlich durch die angestrebte militär. Nutzung der K. bestimmt. Am 16. 7. 1945 brachten die USA in Alamogordo (N. Mex.) die erste Atombombe zur Explosion, bald gefolgt von der militär. Anwendung in Hiroshima (6. 8. 1945, Uranbombe) und Nagasaki (9. 8. 1945, Plutoniumbombe). Die erste Wasserstoffbombe, bei deren Explosion K. durch Kernfusion frei wird, wurde 1952 gezündet. - Die Forschung zur friedl. Anwendung der K. setzte in größerem Umfang erst nach dem Krieg ein. Sie führte zur Entwicklung vieler Reaktortypen und zum Bau erster Kernkraftwerke: 1954 Inbetriebnahme des ersten Leistungsreaktors in Obninsk bei Moskau, 1956 erstes Großkernkraftwerk in Calder Hall in Großbritannien; in Dtl. erster Reaktor 1957 in Garching, erstes Kernkraftwerk 1961 in Kahl a. Main. - Die Nutzung der K. ist seit den 1970er-Jahren umstritten. Die K.-Gegner betonen v. a. die Freisetzung von Strahlung im Normalbetrieb, das Risiko eines Reaktorunfalls (Tschernobyl), die ungelöste Entsorgung der radioaktiven Abfälle bzw. deren Wiederaufbereitung und die polit. Folgerungen einer Atomwirtschaft (»Atomstaat«). Die 1998 in Dtl. gewählte rot-grüne Bundesreg. strebt erstmals den Ausstieg aus der Nutzung der K. an, der innerhalb der Legislaturperiode umfassend gesetzlich geregelt werden soll. Dazu finden in ersten Schritten internat. Gespräche mit den Energieversorgungsunternehmen statt, um insbesondere eine neue Energiepolitik und Entsorgungskonzepte zu vereinbaren.
▣ Literatur:
Müller, W. D.: Geschichte der K. in der Bundesrepublik Deutschland, 2 Bde. Stuttgart 1990-96.
⃟ Goering, R. W. u. Oesterwind, D.: Kernkraft stellt sich dem Wettbewerb. Ein Sachbuch zu strittigen Fragen unserer Zeit. Renningen-Malmsheim 1995.
⃟ Handbuch K. Kompendium der Energiewirtschaft u. Energiepolitik, hg. v. H. Michaelis u. C. Salander. Frankfurt am Main 4 1995.
Kern|energie(Atomenergie), der durch Kernreaktionen freisetzbare oder freigesetzte Anteil der Kernbindungsenergie. Nach dieser Definition ist K. auch eine Form von Primärenergie. Trotz bed. Fortschritte in der Forschung zur kontrollierten Kernfusion ist die Kernspaltung gegenwärtig die einzig mögl. und großtechnisch nutzbare Form der K.-Gewinnung; i. w. S. wird deshalb unter K.-Wirtschaft auch der wirtsch.-technolog. Bereich verstanden, der auf dieser Art der Gewinnung von Sekundärenergie (v. a. Elektroenergie) in Kernreaktoren basiert.
Geschichte: Die durch Neutronen induzierte Kernspaltung wurde 1938 von O. Hahn und F. Straßmann entdeckt und 1939 von L. Meitner und R. O. Frisch theoretisch erklärt. Nachdem F. und I. Joliot-Curie die Möglichkeit einer Kettenreaktion bei der Kernspaltung nachgewiesen hatten, gelang am 2. 12. 1942 E. Fermi in Chicago die Inbetriebnahme des ersten Kernreaktors. Die weitere Entwicklung wurde wesentlich durch die angestrebte militär. Nutzung der K. bestimmt. Am 16. 7. 1945 brachten die USA in Alamogordo (N. Mex.) die erste Atombombe zur Explosion, bald gefolgt von der militär. Anwendung in Hiroshima (6. 8. 1945, Uranbombe) und Nagasaki (9. 8. 1945, Plutoniumbombe). Die erste Wasserstoffbombe, bei deren Explosion K. durch Kernfusion frei wird, wurde 1952 gezündet. - Die Forschung zur friedl. Anwendung der K. setzte in größerem Umfang erst nach dem Krieg ein. Sie führte zur Entwicklung vieler Reaktortypen und zum Bau erster Kernkraftwerke: 1954 Inbetriebnahme des ersten Leistungsreaktors in Obninsk bei Moskau, 1956 erstes Großkernkraftwerk in Calder Hall in Großbritannien; in Dtl. erster Reaktor 1957 in Garching, erstes Kernkraftwerk 1961 in Kahl a. Main. - Die Nutzung der K. ist seit den 1970er-Jahren umstritten. Die K.-Gegner betonen v. a. die Freisetzung von Strahlung im Normalbetrieb, das Risiko eines Reaktorunfalls (Tschernobyl), die ungelöste Entsorgung der radioaktiven Abfälle bzw. deren Wiederaufbereitung und die polit. Folgerungen einer Atomwirtschaft (»Atomstaat«). Die 1998 in Dtl. gewählte rot-grüne Bundesreg. strebt erstmals den Ausstieg aus der Nutzung der K. an, der innerhalb der Legislaturperiode umfassend gesetzlich geregelt werden soll. Dazu finden in ersten Schritten internat. Gespräche mit den Energieversorgungsunternehmen statt, um insbesondere eine neue Energiepolitik und Entsorgungskonzepte zu vereinbaren.
▣ Literatur:
Müller, W. D.: Geschichte der K. in der Bundesrepublik Deutschland, 2 Bde. Stuttgart 1990-96.
⃟ Goering, R. W. u. Oesterwind, D.: Kernkraft stellt sich dem Wettbewerb. Ein Sachbuch zu strittigen Fragen unserer Zeit. Renningen-Malmsheim 1995.
⃟ Handbuch K. Kompendium der Energiewirtschaft u. Energiepolitik, hg. v. H. Michaelis u. C. Salander. Frankfurt am Main 4 1995.