Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kausalität
Kausalitätdie,
1) allg.: der Zusammenhang von Ursache und Wirkung.
2) Philosophie: das Vorliegen eines [gesetzmäßigen] Wirkungszusammenhangs zw. Ereignissen bzw. Erscheinungen in der Weise, dass ein Ereignis A (= Ursache) unter bestimmten Bedingungen ein bestimmtes Ereignis B (= Wirkung) (mit Notwendigkeit) hervorbringt (verursacht), wobei die Ursache A der Wirkung B zeitlich vorausgeht und B niemals eintritt, ohne dass vorher A eingetreten ist. Die universelle Gültigkeit der K. behauptet das Kausalprinzip (K.-Prinzip ), wonach jedes Geschehen seine (materielle) Ursache hat und es keine ursachelosen, »akausalen« Dinge, Erscheinungen, Abläufe usw. gibt. Dieses in elementarer Form bereits von Aristoteles formulierte Kausalprinzip entspricht der Interpretation des Satzes vom zureichenden Grund: »nihil fit sine causa« (»nichts geschieht ohne Ursache«). Von den urspr. vier Ursachearten des Aristoteles entspricht die Wirkursache (causa efficiens) der neuzeitl. K., die zum universellen Erklärungsmodell der Naturwiss. wurde. Die anderen Ursachearten, bes. die Zweckursache (causa finalis), wurden von der Neuzeit als unwissenschaftlich verworfen. Kausalprinzip und Kausalgesetz (»gleiche Ursachen haben gleiche Wirkungen«) wurden in der Folge sowohl realistisch-ontolog. (K. findet tatsächlich in der Natur statt) - so z. B. bei B. de Spinoza - als auch methodologisch-nominalistisch gedeutet: für D. Hume ist K. nichts als das Resultat gewohnheitsmäßiger Verknüpfung von Ereignissen durch den Wahrnehmenden; für Kant ist K. eine im Erkenntnissubjekt liegende, Erfahrung ermöglichende Verstandesstruktur. Im 19. und bis ins 20. Jh. hinein wurde die K. systematisch vorwiegend im Rahmen der Logik behandelt, wobei sich allerdings ineinander fließende Einflüsse der Erkenntnistheorie, des Empirismus und des Rationalismus geltend machten. Mit der Entwicklung der Logik zu einer reinen Formalwiss. verschwand das Problem der K. fast völlig aus der log. Diskussion und wird erst wieder in neuerer Zeit v. a. im Rahmen der allg. Wissenschaftstheorie erörtert. - Ein neues philosoph. Verständnis der K. brachte die Relativitätstheorie: Ereignisse können jeweils nur mit Ereignissen aus bestimmten Bereichen des Raum-Zeit-Kontinuums kausal verknüpft sein und nicht mit beliebigen. Die Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik erkennt zwar noch das Kausalprinzip an, aber nicht mehr, dass Ereignisse genau vorhersagbar seien. Auch im Rahmen der modernen Chaostheorie, wonach (kleine) Änderungen unvorhersehbare (große) Wirkungen hervorrufen können, musste das traditionelle K.-Denken modifiziert werden.
Literatur:
Frank, P.: Das Kausalgesetz u. seine Grenzen, hg. v. A. J. Kox. Frankfurt am Main 1988.
Koch, G.: K., Determinismus u. Zufall in der wissenschaftl. Naturbeschreibung. Berlin 1994.
3) Recht: die ursächl. Verknüpfung einer menschl. Handlung mit einem bestimmten Ergebnis. Im Strafrecht ist eine Handlung dann kausal für den (schädl.) Erfolg, wenn sie nicht weggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele, z. B. die Abgabe eines Schusses mit dem Erfolg einer Körperverletzung. Für das Zivilrecht gilt, dass nur die Folgen durch die Handlung verursacht sind, mit deren Eintreten nach allg. Lebenserfahrung gerechnet werden konnte.
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