Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kartell
Kartẹll[frz.] das,
1) Politik: früher Bez. für ein von Parteien oder Verbänden geschlossenes Bündnis zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles; im heutigen Sinne ein Vorläufer der Koalition.
2) Wirtschaft: Zusammenschluss rechtlich und wirtsch. weitgehend selbstständig bleibender Unternehmen der gleichen Wirtschaftsstufe auf der Basis eines K.-Vertrages, um den Wettbewerb auf einem Markt ganz oder teilweise auszuschalten. Nicht vertraglich geregelte, mündl. Absprachen über Verhaltenskoordinierung werden als Frühstücks-K. bezeichnet. Vom K. zu unterscheiden sind Fusion und Konzern. Das K. als besondere Form einer Wettbewerbsbeschränkung kann auf interne Bindungen der Mitgl. (Produktion und Absatz) beschränkt, also für Dritte unerkennbar sein (K. niederer Ordnung) oder die Beziehungen der Mitgl. zu Abnehmern oder Lieferanten unmittelbar regeln (K. höherer Ordnung). Die K.-Vereinbarungen können sich auf versch. Bereiche beziehen, z. B. Festlegung einheitl. Preise (Preis-K.), einheitl. Gestaltung der Geschäfts-, Liefer- und Zahlungsbedingungen (Konditionen-K.), Festlegung von Absatzhöchstmengen (Kontingentierungs-K.), regionale Marktaufteilung (Gebiets-K.), Spezialisierung auf unterschiedl. Normen und Typen (Spezialisierungs-K.). Bei strenger Zusammenfassung von Absatz oder Einkauf durch eine Dachorganisation spricht man von einem Syndikat.In Dtl. besteht nach dem (1998 reformierten und mit europ. K.-Recht harmonisierten) Ges. gegen Wettbewerbsbeschränkungen i. d. F. v. 26. 8. 1998 (K.-Gesetz) grundsätzlich ein K.-Verbot. Ausnahmen vom K.-Verbot gelten für einige leichtere Wettbewerbsbeschränkungen wie Normen-K.; für sie ist nur eine Anmeldung bei der K.-Behörde erforderlich (Anmelde-K.). Versch. K. wie Konditionen-K. und Kooperations-K. werden wirksam, wenn die K.-Behörde nicht innerhalb von drei Monaten widerspricht (Widerspruchs-K.). Andere Arten von K., z. B. Strukturkrisen-K. oder Rationalisierungs-K., sind nur aufgrund einer Genehmigung der K.-Behörde zulässig (Erlaubnis-K.). Für bestimmte Wirtschaftsbereiche (Landwirtschaft, Kredit- und Versicherungswirtschaft, Urheberrechtsverwertungsgesellschaften, Sport) sieht das Ges. Sonderregeln vor (§§ 28 ff.). Preisbindungen der zweiten Hand sind nur für Verlagserzeugnisse zugelassen. K.-Behörden sind die jeweils zuständige oberste Landesbehörde (i. d. R. der Wirtschaftsmin.) und das Bundeskartellamt. Alle zugelassenen K. unterliegen der Missbrauchsaufsicht.Internat. K., an denen Unternehmen versch. Länder beteiligt sind, die den internat. Handel untereinander aufteilen wollen, können durch das nat. Wettbewerbsrecht nicht ausreichend kontrolliert werden. Innerhalb der EU gilt das K.-Verbot.
Die K.-Bildung begann in Dtl. Ende des 19. Jh.; ganze Ind.zweige wurden kartellisiert. Gesetzl. Maßnahmen setzten erst nach dem Ersten Weltkrieg ein. 1933-45 waren die K. Teil der Wirtschaftslenkung und Rüstungspolitik.
Literatur:
Emmerich, V.: Kartellrecht. München 71994.
Schmidt, Ingo: Wettbewerbspolitik u. Kartellrecht. Eine Einführung. Stuttgart 51996.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Kartell