Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kamerun
Kamerun Fläche: 475 442 km2
Einwohner: (1995) 13,233 Mio.
Hauptstadt: Yaoundé
Verwaltungsgliederung: 10 Provinzen
Amtssprachen: Französisch und (regional) Englisch
Nationalfeiertage: 1. 1. und 1. 10.
Währung: 1 CFA-Franc = 100 Centimes
Zeitzone: MEZ
(amtlich frz. République du Cameroun, engl. Republic of Cameroon; dt. Rep. K.), Staat im W Zentralafrikas, grenzt im SW an den Golf von Guinea, im W an Nigeria, im NO an Tschad, im O an die Zentralafrikan. Rep., im S an die Rep. Kongo, Gabun und Äquatorialguinea.
Staat und Recht: Nach der Verf. von 1972 (mehrfach revidiert) ist K. eine präsidiale Rep. mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der mit großen Machtbefugnissen ausgestattete Präs. (für sieben Jahre direkt gewählt). Er ernennt das Kabinett unter Vorsitz des MinPräs., das ihm verantwortlich ist. Die Legislative liegt bei der Nationalversammlung (180 für fünf Jahre gewählte Abg.) und beim Präs., der u. a. das Recht der Gesetzesinitiative hat. Wichtigste Parteien sind Demokrat. Bewegung des kamerun. Volkes (RDPC), Sozialdemokrat. Front (SDF), Nat. Union für Demokratie und Fortschritt (UNDP) und Demokrat. Union K.s (UDC).
Landesnatur: K. erstreckt sich von der flachen Küstenregion am Golf von Guinea über das Westkameruner Bergland (überragt vom 4 070 m ü. M. hohen Kamerunberg) und das Hochland von Adamaua (um 1 000 m ü. M.) zum abflusslosen Tschadbecken mit dem Tschadsee im N. Im S schließt sich das altkristalline Südkameruner Hochland an (300-700 m ü. M.), das sich im SO zum Kongobecken senkt. Hauptflüsse sind Logone, oberer Benue und Sanaga. Das Klima ist im S tropisch mit Niederschlägen um 4 000 mm jährlich (am Kamerunberg 10 000 mm). Die Niederschlagsmengen nehmen nach N rasch ab, der äußerste N ist ein Trockengebiet bei extrem schwankenden Temperaturen. In der Küstenregion herrscht dichter Regenwald vor; landeinwärts schließen sich Feucht- und Trockensavanne an, im N liegen ausgedehnte Grasfluren (Kameruner Grasland).
Bevölkerung: In K. leben über 200 ethn. Gruppen, im S und SW vorwiegend Bantuvölker (Fang, Douala u. a.), im Regenwald etwa 10 000 Pygmäen, deren Lebensraum immer mehr eingeengt wird, im N bes. Sudanvölker und Fulbe. In Städten leben rd. 44 % der Bev.; am dichtesten besiedelt sind das Küstenland um Douala und das Hochland von Mittelkamerun. Über 55 % der Bev. sind Christen, 22 % Muslime, etwa 20 % sind Anhänger von traditionellen afrikan. Religionen. - Allg. Schulpflicht besteht vom 6. bis 14. Lebensjahr (an staatl. Schulen unentgeltl. Unterricht), hoch ist der Anteil privater Schulen (bes. Missionsschulen); außerdem gibt es weiterbildende Schulen sowie mehrere Hochschulen, darunter die Univ. in Yaoundé (gegr. 1962); die Analphabetenquote liegt bei 46 %.
Wirtschaft, Verkehr: K. hat seit Beginn der 1980er-Jahre ein starkes Wirtschaftspotenzial entwickelt. Wichtigster Sektor ist die Landwirtschaft, sie beschäftigt rd. 60 % der Erwerbstätigen und deckt weitgehend den Bedarf an Nahrungsmitteln. Rd. ein Drittel der Landesfläche wird landwirtschaftlich genutzt. Zur Eigenversorgung werden in kleinbäuerl. Betrieben v. a. Hirse, Mais, Reis, Maniok, Jamswurzeln angebaut; für den Export meist in Plantagen Kakao (wichtigstes Exportprodukt), Kaffee, Baumwolle, Bananen, Erdnüsse, Ölpalmen, Zuckerrohr, Kautschuk. Auf dem Adamauahochland werden Rinder und Pferde, im feuchteren S Schweine, Schafe, Ziegen und Hühner gehalten. Etwa 52 % der Fläche sind bewaldet; wichtig ist der Export von Holz und Holzerzeugnissen. Küsten-, Fluss- und Hochseefischerei können den Bedarf an Fisch nicht decken. Bedeutung hat die Erdölförderung vor der Küste (seit 1977), bes. auch für den Export. Der Bergbau ist sonst wenig entwickelt (v. a. Abbau von Eisen-, Zinn-, Titanerzen, Gold, Bauxit). Größte Ind.unternehmen sind das Aluminiumwerk in Édéa (dort auch Wasserkraftwerke) und die Erdölraffinerie in Limbe; besondere Bedeutung haben die Verarbeitung von Agrarprodukten und die Holzind. (Sägewerke, Furnier- und Sperrholzfabriken); Hauptstandorte der Ind. sind Douala und Yaoundé. - Haupthandelspartner sind Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland. - Das Verkehrsnetz ist relativ dicht, das Eisenbahnnetz ist 1 104 km lang, davon entfallen 929 km auf die Transkamerunbahn Douala-Édéa-Yaoundé-Bélabo-Ngaoundéré; das Straßennetz beträgt 67 000 km, davon sind 2 900 km asphaltiert. Wichtigster Überseehafen ist Douala, wichtigster Holzexporthafen Kribi; internat. Flughäfen liegen bei Douala, Yaoundé, Garoua und Bafoussam (in Bau).
Geschichte: Die nördl. Landesteile wurden seit dem 13. Jh. islamisiert und gehörten zum Einflussbereich des alten Reichs Kanem-Bornu. Als erste Europäer kamen im 15. Jh. Portugiesen an die Küste K.s Im 19. Jh. bestand im Gebiet des unteren Benue das islam. Fulbereich Adamaua, südlich davon lag das Reich Bamum. Bei den Douala, die im 19. Jh. den Küstenhandel beherrschten, ließen sich seit 1845 christl. Missionare nieder, gefolgt von europ. Kaufleuten. Bis ins 19. Jh. war der Sklavenhandel wichtig. 1884-1916 stand K. unter dt. Schutzherrschaft. 1916 kam es zum ersten (1922 zum endgültigen) Teilungsvertrag zw. Großbritannien und Frankreich: Der westl. Teil kam unter brit. Herrschaft, der östliche unter französische. Frankreich errichtete eine von seinen übrigen Territorien unabhängige Verw. (1946 Wahlrecht für die Kameruner), West-K. wurde der Kolonie Nigeria angegliedert. 1946 wurde das gesamte K. unter UN-Treuhandschaft gestellt, am 1. 1. 1960 die unabhängige Rep. K. ausgerufen. Bei der Volksabstimmung 1961 in Britisch-K. sprach sich die Bev. des N-Teils für den Verbleib bei Nigeria, die des S-Teils für die Vereinigung mit der Rep. K. aus. Am 1. 10. 1961 wurde die Bundesrep. K. ausgerufen, am 20. 5. 1972 erfolgte die Umwandlung in die Vereinigte Rep. K. mit neuer Verf. (seit 1984: Rep. K.). Präs. war 1961-82 A. Ahidjo, sein Nachfolger wurde der bisherige MinPräs. P. Biya (seitdem mehrfach wieder gewählt), der 1983 auch den Vorsitz der Einheitspartei UNC (seit 1985 RDPC) übernahm. Nach schweren Unruhen 1990/91 wurde ein Mehrparteiensystem eingeführt; bei den Wahlen im März 1992 verlor die RDPC die absolute Mehrheit, blieb aber stärkste Partei. Nach dem Wahlsieg der Opposition bei Kommunalwahlen 1996 setzte Präs. Biya in zahlreichen Städten Regierungsdelegierte ein. - Seit 1995 ist K. Mitgl. des Commonwealth.
Literatur:
Abeng, N. B.: Von der Freiheit zur Befreiung. Die Kirchen- u. Kolonialgeschichte K.s. Frankfurt am Main u. a. 1989.
DeLaney, M. W. u. Mbella Mokeba, H.: Historical dictionary of the Republic of Cameroon. Metuchen, N. J., 1990.
Mehler, A.: K. in der Ära Biya. Hamburg 1993.
Owona, A.: La naissance du Cameroun. 1884 - 1914. Paris 1996.
Chiabi, E.: The making of modern Cameroon, auf mehrere Bde. ber. Lanham 1997 ff.
Eboussi Boulaga, F.: La démocratie de transit au Cameroun. Paris 1997.
Asuagbor, G. O.: Democratization and modernization in a multilingual Cameroon. Lewiston 1998.
Rettinger, D.: Die Wirtschaftsprobleme K.s Frankfurt am Main 1998.
DeLaney, M. W. u. DeLaney, M. D.: Cameroon. Oxford 1999.
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