Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kalender
Kalẹnder[mlat., zu lat. calendae »erster Tag des Monats«, übertragen »Monat«] der, die astronomisch begründeten Festsetzungen zur Einteilung der Zeit, bes. nach Sonnen- und Mondjahren (Jahr). Das aus 12 Mondumläufen mit 354 Tagen bestehende Jahr heißt
Mondjahr. Da es 11 Tage kürzer ist als das Sonnenjahr, läuft sein Anfang in 33 Jahren durch alle Jahreszeiten. Viele Völker haben daher versucht, Jahre mit 12 und 13 Monaten abwechseln zu lassen (gebundenes Mondjahr, Lunisolarjahr), um so den Anschluss an das Sonnenjahr zu erreichen. Beim Sonnenjahr werden die Monate nur als Unterabteilungen des Jahres aufgefasst und haben ihre Beziehung zum Mondlauf verloren. Neben den rein prakt. Bedürfnissen haben überall religiöse Vorstellungen in der Entwicklung des K. eine Rolle gespielt. Der heutige K. hat sich aus dem röm. K. entwickelt. Er beruhte im alten Rom auf dem Mondjahr, wobei von Zeit zu Zeit Monate eingeschaltet wurden. Hierdurch entstanden Unstimmigkeiten, die Julius Cäsar 46 v. Chr. durch Einführung des julian. K.beseitigte. Aus dem ägypt. K. wurde die Schaltung eines Tages in den durch 4 teilbaren Jahren übernommen. Von nun an zählte ein Jahr 365 Tage, jedes vierte Jahr als Schaltjahr 366 Tage; aber die mittlere Jahreslänge war mit 365,25 Tagen um 11 min 12 s gegenüber dem Sonnenjahr (365,2422 Tage) zu groß. 1582 führte daher Papst Gregor XIII. ein genaueres Einschaltungsverfahren ein: Der alle vier Jahre eintretende Schalttag des julian. K. fällt bei dem vollen Jh. aus, mit Ausnahme des durch 400 teilbaren (wie 1600, 2000 usw.). Die durchschnittl. Jahreslänge wurde auf 365,2425 Tage festgesetzt. Um die bis dahin angewachsene Differenz von 10 Tagen auszugleichen, folgte auf den 4. 10. der 15. 10. 1582. Dieser gregorian. K. wurde zuerst in Spanien, Portugal, Italien eingeführt, sehr bald in den übrigen kath. Ländern; die evang. Länder folgten erst viel später, so die Staaten Deutschlands 1700, England 1752, Schweden 1753. Russland benutzte seit dem 13. Jh. den julian. K. Im Februar 1918 führte die UdSSR den gregorian. K. ein, der 1. 2. (alten Stils) wurde zum 14. 2. (neuen Stils).Der jüd. K. benutzt ein gebundenes Mondjahr, und zwar Monate von versch. Länge und Jahre von 12 und 13 Monaten, sodass Jahre mit 353, 354, 355, 383, 384 und 385 Tagen vorkommen. Es gibt 3 Jahresformen: Gemeinjahr, mangelhaftes und überzähliges Jahr. Die Jahreszählung beginnt mit der Weltschöpfung, die auf 3761 v. Chr. verlegt wird(jüd. Weltära). - Dem K. der Muslime liegt ein reines Mondjahr zugrunde, eingeteilt in abwechselnd 30- und 29-tägige Monate; das Gemeinjahr hat 354, das Schaltjahr 355 Tage. - Der 1793 eingeführte K. der Ersten Frz. Rep. hatte ein mit dem 22. 9. 1792 beginnendes Jahr mit 12 Monaten zu je 30 Tagen, eingeteilt in 3 Dekaden zu je 10 Tagen, daneben 5, in Schaltjahren 6 Ergänzungstagen; 1806 wurde aber der gregorian. K. wieder eingeführt. Mit dem immer währenden oder ewigen K. kann zu jedem Datum der Wochentag abgelesen werden. - Im heutigen bürgerl. K., der auf dem gregorian. K. basiert, ist seit der Jahreswende 1975/76 nach DIN 1355 nicht mehr der Sonntag, sondern der Montag der erste Tag der Woche. (Ära, Chronologie)
Literatur:
Zemanek, H.: K. u. Chronologie. München u. a. 51990.
Borst, A.: Computus. Zeit u. Zahl in der Geschichte Europas. Berlin 4.-5. Tsd. 1991.
Wendorff, R.: Tag u. Woche, Monat u. Jahr. Eine Kulturgeschichte des K. Opladen 1993.
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