Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Kabarett
Kabarẹtt[aus frz. cabaret, »Schenke«] das, Mischform der darstellenden Kunst, die Elemente und Mittel des Theaters (z. B. Szene, Monolog, Dialog), der Literatur (z. B. Lyrik, Prosa, Dialog) und der Musik (z. B. Lied, Chanson, Couplet) vereint; seit den 60er-Jahren auch als Medien-K. (Hörfunk- und Fernsehsendungen).Das K. entwickelte sich als literar. K. aus den »Cabarets chantants«, den Künstlerkneipen des Pariser Montmartre, wo 1881 R. Salis das »Chat noir« eröffnete. 1901 entstanden das erste dt. K. »Überbrettl« (»Bunte Bühne«, gegr. von E. von Wolzogen in München), in Berlin M. Reinhardts »Schall und Rauch« und in München das K. »Elf Scharfrichter« (O. Falckenberg u. a.). Die meist kurzlebigen literar. K. bestanden aus Chansons, Tänzen, Instrumentalmusik, Sketches, Parodien, verbunden durch Ansagen eines Conférenciers. Gegen die nationalist. Stimmung zu Anfang des Ersten Weltkriegs agierte das 1916 in Zürich gegründete dadaist. »Cabaret Voltaire« mit antimilitarist. Tendenz. Bes. Ende der 20er-Jahre tendierte das K. zur Revue. Erfolgreich waren dennoch »K. der Komiker« (1924), »Katakombe« (1929 gegr. u. a. von W. Finck und R. Platte), »Die Vier Nachrichter« (1931 gegr. u. a. von H. Käutner), bes. durch die Vortragskünstler T. Hesterberg, C. Waldoff, G. Holl, R. Valetti. Bed. Volkskomiker dieser Zeit waren K. Valentin, L. Karlstadt, O. Reutter, W. Reichert und Weiß Ferdl. Während des Nationalsozialismus wurden viele Kabarettisten verhaftet bzw. ins KZ gebracht. Die bedeutendsten antifaschistisch orientierten Emigranten-K. waren u. a. in Wien »Der liebe Augustin« (1931) und »Literatur am Naschmarkt« (1933) sowie in Zürich »Die Pfeffermühle« (1933). Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden zahlr. neue K., z. B. in München »Schaubude« (1945 gegr. von E. Kästner, mit U. Herking), in Düsseldorf »Kom(m)ödchen« (1947 gegr. von K. und L. Lorentz), in Berlin (West) das Rundfunk-K. »Insulaner« (gegr. 1947) und »Die Stachelschweine« (gegr. 1949, mit W. Neuss), in Stuttgart und Hamburg »Mausefalle« (1948 gegr. von W. Finck), in München »Münchner Lach- und Schießgesellschaft« (gegr. 1955 von S. Drechsel und D. Hildebrandt) und »Rationaltheater« (gegr. 1965), in Köln »Floh de Cologne« (gegr. 1966). In der DDR entstanden »Die Distel« (1953) in Berlin, »Die Pfeffermühle« (1954) und die »academixer« (1966) in Leipzig sowie die »Herkuleskeule« (1955) in Dresden. In der Bundesrep. Dtl. profilierten sich als Solokabarettisten u. a. W. Finck, W. Neuss, J. von Manger, H.-D. Hüsch, D. Hildebrandt, D. Kittner, M. Richling, L. Fitz. Seit 1976 existiert in Mainz das Dt. K.-Archiv. - Bed. österr. Kabarettisten sind G. Kreisler, H. Qualtinger, W. Schneyder, E. Steinhauer, I. Stangl, bed. zeitgenöss. K.-Ensemble »Die Hektiker« in Wien; für die Schweiz u. a. F. Hohler und E. Steinberger.
Literatur:
Kühn, V.: Das K. der frühen Jahre. Ein freches Musenkind macht erste Schritte. Weinheim u. a. 21989.
Vogel, B.: Fiktionskulisse. Poetik u. Geschichte des K. Paderborn u. a. 1993.
Budzinski, K. u. Hippen, R.: Metzler-K.-Lexikon. Stuttgart u. a. 1996.
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