Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
jüdische Philosophie
jüdische Philosophie,Bez. für die Bestrebungen, jüd. Traditionsgut mit allg. philosoph. Problemstellungen zu verknüpfen. - Das Eindringen grch. Philosophie in die jüd. Tradition lässt sich bis in die Mitte des zweiten Jh. v. Chr. im Diasporajudentum zurückverfolgen. Aristobulos wandte die von den Sophisten und Stoikern angewandte allegor. Schriftauslegung auf die religiösen Urkunden an. Philon von Alexandria setzte dies fort und entwarf ein von Platon, der Stoa und dem Neupythagoreismus beeinflusstes jüdisch-philosoph. System. Im 10. Jh. begründete Saadja Fajjumi (✝ 942), bestrebt, eine Apologie des jüd. Glaubens zu geben, eine Lehre von der Einheit von Vernunft und Offenbarung. In enger Verbindung mit der islam. Philosophie entwickelte sich die j. P. vor allem in Spanien. Ibu Gabirol verarbeitete neuplaton. Gedankengut. Einen jüd. Aristotelismus, orientiert an der Auslegung des Averroes, entfalteten Mose ben Maimon, Levi ben Gerson (* 1288, ✝ 1344), Abraham Ibn Daud und Chasdai Crescas. Zudem waren es v. a. die Juden, die durch ihre ausgedehnten merkantilen Beziehungen zur Verbreitung islam. Philosophie im MA. beitrugen. - Mit Moses Mendelssohn, der u. a. das Verhältnis der Religionen zum Staat thematisierte, nahm im 18. Jh. die j. P. an der Aufklärung teil. Beeinflusst von I. Kant setzten sich Samson Raphael Hirsch (* 1808, ✝ 1888; Pseud. Ben Usiel) und H. Cohen mit der jüd. Tradition auseinander. Letzterer gesteht den Religionen über die Philosophie hinausgehende Beiträge zu Grundbegriffen des moral. Lebens zu. An Hegel kritisch anknüpfend, entfalteten F. Rosenzweig und M. Buber ihre Religionsphilosophien, verbunden mit sozialphilosoph. Fragestellungen. Zur Entwicklung des amerikan. Judentums nach dem Zweiten Weltkrieg trug Wesentliches Mordechai Kaplan (* 1881, ✝ 1983) mit seinen Studien zu jüd. Identität und dem Judentum als Zivilisation bei. Der Holocaust und die Gründung des Staates Israel stellen sich für Emil Fackenheim (* 1916) als »Epoche machende Ereignisse« dar, die eine neue Art der Wahrnehmung der Gegenwart und Zukunft notwendig machen. É. Lévinas knüpfte an Phänomenologie und Existenzphilosophie an und suchte den jüd. Messianismus zu einer Ethik des radikalen Humanismus weiterzuentwickeln.
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