Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
jiddische Literatur
jịddische Literatur,die Literatur in jidd. Sprache, in hebräischer Schrift aufgezeichnet.
Ältere j. L.: Umfangreichere Texte sind erst in der Cambridger Handschrift von 1382/83 überliefert; schon hier zeigt sich die Bearbeitung sowohl spezifisch jüd. als auch dt. Erzählstoffe: dem »Josef ha-zadik« (»Der glaubensfeste Josef«) oder »Avroham ovinu« (»Unser Vater Abraham«) folgten später »Schmuelbuch« (Gesch. Davids), »Melochimbuch« (Salomo und Nachfolger) sowie mehrere »Esther«-Epen, während an den dem dt. »Kudrun«-Epos nahe stehenden »Dukus Horant« Heldenepen wie »Hildebrandt« oder »Sigenot« anknüpften. Zur Artusepik gehört »Widuwilt«, dessen Tradition im 16. Jh. die Ritterromane von E. Levita fortsetzten. Histor. und legendar. Kleinepik enthalten v. a. ein Wormser und ein Regensburger Zyklus (»Maaßebuch«, 1602). Seit dem 16. Jh. entstanden Bearbeitungen dt. Volksbücher und - unter Anlehnung an dt. Fastnachtsspiele - die Purimspiele. Um die Wende vom 17. zum 18. Jh. bezeugen die privaten Memoiren der Glückel von Hameln Einflüsse der älteren jidd. Literatur.
Moderne j. L.: Im Zuge der jüd. Aufklärung (Haskala) entstand im 19. Jh. eine sprachlich und inhaltlich zeitnahe Lit., in der die Konflikte zw. ostjüd. Traditionalismus und gesellschaftl. Umbruch verarbeitet wurden. Mit sozialpädagog. Intention bekämpften die Aufklärer bes. die mystisch gefärbte Volksfrömmigkeit (Chassidismus). Der Verbindung traditioneller Elemente mit rationalist. Lehrhaftigkeit verdanken A. Goldfadens (* 1840, ✝ 1908) Volksstücke nachhaltigen Erfolg. V. a. mit seinen Romanen erreichte Mendele Mojcher Sforim eine realist. Darstellung des ostjüd. Alltags. Scholem Alejchem steigerte die Breitenwirkung mit der 1888 gegr. Reihe »Jidische Folksbibliotek«, in der u. a. Jizchak Lejb Perez erstmals jiddisch publizierte und zahlr. jüngere Autoren beeinflusste. Nach dem Ersten Weltkrieg gewann die j. L. an Vielgestalt und Verbreitung. Ein Grundzug der jüngeren j. L. ist die Neigung zur Retrospektive. Verfolgung und Ausrottung durch den Nationalsozialismus spiegeln sich in der teils kämpfer., teils eleg. Gettoliteratur. Zu den bed. neueren Autoren der j. L. gehören S. Asch, D. Bergelson, J. Opatoschu, I. B. Singer (Nobelpreis für Literatur 1978), I. Manger. Seit 1949 wurde Israel zunehmend zum Sammelbecken der neueren jidd. Literatur.
Literatur:
Dinse, H.u. Liptzin, S.: Einführung in die j. L. Stuttgart 1978.
Best, O. F.: Mameloschen. Jiddisch. Eine Sprache u. ihre Literatur. Frankfurt am Main 21988.
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