Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
japanische Literatur.
japanische Literatur.Mythen, Ritualgebete, Lieder, Genealogien u. a. wurden von berufsmäßigen Erzählern überliefert. Erst nach Verbreitung der chines. Schrift (bekannt etwa seit dem 5. Jh. n. Chr.) sind ab dem 8. Jh. in dieser (Kambun-)Schrift Chroniken (Kōjiki), Topographien (Fudoki) und Gedichtsammlungen, deren früheste das »Manyōshu« war, erhalten. Aus der chines. Schrift entstandene Silbenschriften (Hiragana, Katakana) ermöglichten ab dem 10. Jh. die Fixierung der eigenen Sprache in Märchen (Taketori-monogatari), Erzählungen (Ise-monogatari), Tagebüchern (Tosa-nikki), volkstüml. Geschichten (Konjaku-monogatari) oder Gedichten (Waka) in offiziell zusammengestellten Anthologien; die meisten Gedichte sind Kurzgedichte, sog. »Tanka«. Im 11. Jh. traten erste realist. Erzählungen auf, die ihre Vollendung in dem höf. Roman »Genji-monogatari« (zw. 1004 und 1011) der Dichterin Murasaki Shikibu erfuhren, dessen Sprache und Stil bestimmend für die weitere Entwicklung des Japanischen wurde. Parallel dazu waren die Tagebuch- (Nikki) und Aphorismenliteratur (Zuihitsu) weitere Höhepunkte der bes. vom Adel und den Hofdamen geprägten klass. japan. Dichtung. Die polit. Umwälzungen des 12. Jh. fanden ihren literar. Niederschlag in den romant. Kriegsepen (»Gunkimono«), kennzeichnend steht dafür die Urfassung des »Heike-monogatari« aus dem 13. Jh., in denen höf. Ästhetizismus durch Spannung abgelöst wurde. Buddhist. Weltentsagung und konfuzian. Ideen durchdrangen die Literatur des MA., die zunehmend von lehrhaftem Schrifttum, z. B. dem »Jikkinshō« (1252), beherrscht wurde. In der Poesie war vom späten 12. bis zum 16. Jh. das Kettengedicht (Renga) weit verbreitet. Gleichzeitig entwickelte sich im 14. und 15. Jh. aus rituellen Tänzen und Pantomimen das lyr. Nō-Spiel. In der Poesie war das epigrammat. Haiku Ausdruck dieses neuen Lebensgefühls, das in der Tokugawazeit (1603-1867) zur höchsten Vollendung geführt wurde. Als berühmtester Romancier der ausgehenden Tokugawazeit gilt Takisawa Bakin aus Edo (heute Tokio). Dramat. Texte wurden für die Theaterformen Kabuki, Jōruri und Bunraku verfasst (japanisches Theater). Die moderne j. L. entfaltete sich v. a. seit Mitte des 19. Jh. in der Begegnung mit der Dichtung des Westens; zunächst beherrschten v. a. Übersetzungen und polit. Romane den literar. Markt, bis Tsubouchi Shōyō mit seinem Werk über das »Wesen des Romans« (»Shōsetsu shinzui«, 1885/86) neue Wertmaßstäbe setzte, die von Futabatei Shimei, Mori Ōgai, Natsume Sōseki und Akutagawa Ryūnosuke verwirklicht wurden. Vielfältige internat. Einflüsse (dt. Romantik, frz. Naturalismus, ein Humanismus tolstoischer Prägung) führten zur »proletar. Literatur« der 1920er-Jahre und zur Gegenwartsdichtung, deren Vertreter Kawabata Yasunari (Nobelpreis für Literatur 1968), Tanizaki Junichirō, Ōoka Shōhei, Mishima Yukio, Endō Shūsaku, Ōe Kenzaburō (Nobelpreis für Literatur 1994), Inoue Yasushi und Abe Kōbō weltweit bekannt wurden. Ihre Stoffe reichen von typ. japan. Themen, wie der Teezeremonie, bis zu allg. Problematik, wie Vereinsamung der Menschen in Massengesellschaften. In der Poesie überwiegen noch Tanka und Haiku, jedoch sucht man auch neuere Wege in ungebundener Metrik. In der japan. Gegenwartsliteratur ist auch eine stetig zunehmende Zahl von Schriftstellerinnen zu beobachten, die sich mit den unterschiedlichsten Themen (Krieg, Umweltverschmutzung, Rolle der Frau usw.) auseinander setzen (Kōno Taeko, Ōba Minako, Tsushima Yūuko u. a.). Charakteristisch für junge Romanautoren wie Murakami Haruki und Yoshimoto Banana ist ihre starke Prägung durch populäre Genres wie Comics und Film.
▣ Literatur:
Keene, D.: J. L. Eine Einführung für westl. Leser. A. d. Engl. Zürich 1962.
⃟ Kato, S.: Gesch. der j. L. München 1990.
⃟ J. L. der Gegenwart, hg. v. S. Schaarschmidt u. M. Mae. München u. a. 1990.
⃟ Hijiya-Kirschnereit, I.: Was heißt j. L. verstehen? Zur modernen j. L. u. Literaturkritik. Frankfurt am Main 1990.
⃟ Karatani, K.: Ursprünge der modernen j. L. A. d. Japan. Basel 1996.
▣ Literatur:
Keene, D.: J. L. Eine Einführung für westl. Leser. A. d. Engl. Zürich 1962.
⃟ Kato, S.: Gesch. der j. L. München 1990.
⃟ J. L. der Gegenwart, hg. v. S. Schaarschmidt u. M. Mae. München u. a. 1990.
⃟ Hijiya-Kirschnereit, I.: Was heißt j. L. verstehen? Zur modernen j. L. u. Literaturkritik. Frankfurt am Main 1990.
⃟ Karatani, K.: Ursprünge der modernen j. L. A. d. Japan. Basel 1996.