Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
japanische Kunst.
japanische Kunst.Trotz enger Anlehung an die korean. und die meist über Korea vermittelte chines. Kunst erhielt die j. K. durch eigene künstler. Konzeptionen und neue Techniken eine selbstständige Ausprägung. Als früheste Äußerungen japan. Kultur gelten grob geformte Tongefäße (Jōmon-Keramik, 8. Jt. bis 3. Jh. v. Chr.) mit markantem Dekor (Schnur- und Mattenabdrücke) und Tonidole der gleichen Epoche. In der ab 3. Jh. v. Chr. auftretenden feineren Keramik (Yayoi) sind festländ. Einflüsse unverkennbar. Der neben der Töpferscheibe als Errungenschaft chines. Kultur nach Japan gelangte Bronzeguss zeigt dagegen in den Bronzeglocken (Dōtaku) eine eigenständig japan. Entwicklung. Die Grabhügelperiode (Kofun, 3.-6. Jh.) schuf die nur das Wesentliche herausmodellierenden Grabfiguren (Haniwa).Einführung des Buddhismus: Erst mit diesem Schritt vollzog sich der eigentl. Anschluss an die überlegene chines. Kunst, doch verrät die in Japan entstandene buddhist. Plastik des 6.-9. Jh. in Bronze oder Ton (und Trockenlack) bereits großes handwerkl. Können und hohen künstler. Rang. Die seit dem 8. Jh. entwickelte Holzplastik wurde bes. von Jōchō (✝ 1057) durch neue Methoden der Zusammensetzung versch. Holzblöcke vervollkommnet (Amida-Buddha, in Byōdōin) und von Unkei (* 1148, ✝ 1223) und seiner Schule zu hoher Blüte geführt; die ikonograph. Typen wurden bis ins 17./18. Jh. tradiert. Die in Japan erhaltenen Beispiele buddhist. Malerei zählen zu den bedeutendsten Zeugnissen der in ihrem Ursprungsland größtenteils untergegangenen chines. Figurenmalerei der Han- (Tamamushi-Schrein des Hōryūji) oder des Stils der Tang-Zeit (Wandmalereien in der Goldenen Halle des Hōryūji, 1949 zerstört). Es entstanden indes auch japan. Sonderformen wie die Kultbilder volkstüml. Schutzgottheiten (Fudō) oder die aus dem Amida-Kult hervorgegangenen Totenbilder (Raigō).Die Malerei seit der Heian-Zeit: Die höf. Kultur der Heian-Zeit (794-1185) legte den Grund zur Ausbildung des nat. japan. Stils (Yamato-e), mit einem Hang zum Verfeinerten, Ästhetischen und im besten Sinne Dekorativen. Neben der profanen Illustration der erzählenden Bilderrollen (Makimono) entwickelte sich in dieser Zeit auch eine realist. Porträtkunst, in der die japan. Vorliebe für die Betonung des Charakteristischen zum Ausdruck kommt. Während das von der Tosa-Schule verwaltete Erbe des Yamato-e eine der Hauptströmungen der j. K. blieb, setzte sich unter dem Einfluss des Zen eine neue Richtung durch, die sich an der chines. Tuschmalerei der Song- und Yuan-Zeit orientierte. Die japan. Tuschmalerei (Suiboku oder Sumi-e), die in Sesshū (1420-1506) ihren größten Meister fand, bestimmte den akadem. Stil der Kanō-Schule bis ins 19. Jh. Mit der Ausschmückung von Schlössern und Tempeln kristallisierte sich im 16. Jh. aus der Verschmelzung von Suiboku-Technik und der Farbenmalerei des Yamato-e der große »dekorative Stil« heraus, der unter Ogata Kōrin (* 1658, ✝ 1716) auf seinen Höhepunkt geführt wurde (Stellschirme). Durch den Aufstieg des wohlhabenden Kaufmannsstandes der Tokugawa-Zeit (1603-1867) nahm sich die j. K. des neuen Bürgertums und seiner Vergnügungen an. Die »Bilder der flüchtigen Welt« (Ukiyo-e) gelangten im japan. Farbholzschnitt mit seinen Meistern Utamaro, Hiroshige, Hokusai zu weltweiter Berühmtheit. Seit der Öffnung Japans nach dem Westen in der Meiji-Ära (1868-1912) sind japan. Maler bemüht, den westl. Stil mit ihrer vom kalligraph. Duktus bestimmten Malerei zu verbinden.Kunsthandwerk: Auf diesem Gebiet beschritt die j. K. überwiegend eigene Wege. Unübertroffen sind die zahlr. Lackmeister mit ihren äußerst raffinierten Techniken. Die bedeutende japan. Teekeramik bevorzugt das Ursprüngliche, Naturgewachsene in Form und Material. Japan. Porzellane aus den Öfen von Arita und Kutani wurden in alle Länder exportiert, und der Emailfarbendekor des großen Porzellanmalers Sakaida Kakiemon (* 1596, ✝ 1666) beeinflusste den Stil des europ. Porzellans. Unter den Metallarbeiten erlangten bes. die kunstvoll verzierten Schwertstichblätter (Tsuba) große Berühmtheit. Für das Nō-Spiel wurden kostbare Brokate und Seidenstickereien angefertigt sowie expressive Masken geschnitzt.Baukunst: Die Grundprinzipien, Harmonie der Proportionen und Reinheit der Materialwirkung, die sich schon in den Holzständerbauten der ältesten Zeit andeuten (Shintō-Schreine auf rechteckigem Grundriss mit umlaufender Veranda und weit überstehendem Dach), äußern sich auch bei der Übernahme des buddhist. Tempelbaus in weitgehendem Verzicht auf Schnitzwerk und Bemalung (Nara, 8. Jh.; Pagode des Hōryūji, Haupthalle des Tōshōdaiji) und werden in den von Zen-Buddhismus und Teezeremonie inspirierten, in kunstvolle Gartenanlagen eingebetteten Pavillonbauten des 14. Jh. (Goldener Pavillon, Kyōto) sowie dem »Studiostil« des japan. Hauses (Villa Katsura, bei Kyōto) in vollkommener Weise verwirklicht. Im 20. Jh. haben japan. Architekten versucht, japan. Elemente in die westl. moderne Bauweise einzubringen und erlangten damit weltweit Beachtung. Maekawa Kunio (* 1905, ✝ 1986), Tange Kenzō und die durch ihre städteplanerischen Entwürfe hervorgetretene Gruppe der Metabolisten (Isozaki Arata, Kurokawa Kishō u. a.) gehören heute zur internat. Architektenelite. Werke von Hara Hiroshi (Yamato International, Tokio, 1987), Hasegawa Itsuko (Kulturzentrum, Fujisawa, 1989), Andō Tadaō sowie Shinoara Kazuo sind weitere Beispiele für die Vielfalt japan. Architektur.
Literatur:
Goepper, R.: Meisterwerke des japan. Farbenholzschnitts. Köln 1973.
Immoos, T. u. Halpern, E.: Japan, Tempel, Gärten u. Paläste. Köln 71987.
Violet, R.: Einführung in die Kunst Japans. Leipzig 21987.
J. K. der achtziger Jahre, hg. v. F. Nanjo u. P. Weiermair, Ausst.-Kat. Frankfurter Kunstverein 1990.
Akiyama Terukazu: Die japan. Malerei A. d. Frz. Genf 1990.
Die neue japan. Architektur, hg. v. B. Bognar. A. d. Amerikan. Stuttgart 1991.
Japanisches Design seit 1950, bearb. v. K. B. Hiesinger u. F. Fischer, Ausst.-Kat. Kunsthalle Düsseldorf 1995.
Pörtner, P.: Japan. Von Buddhas Lächeln zum Design. Eine Reise durch 2500 Jahre japanischer Kunst u. Kultur. Köln 1998.
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