Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Jugoslawien
I Jugoslawi|en,nach dem Ersten Weltkrieg entstandener und bis 1991/92 bestehender Bundesstaat in SO-Europa, umfasste die Teilrep. Serbien (mit den Prov. Kosovo und Wojwodina), Montenegro, Kroatien, Slowenien, Bosnien und Herzegowina sowie Makedonien, grenzte im N an Österreich und Ungarn, im O an Rumänien und Bulgarien, im S an Griechenland und Albanien, im W an das Adriat. Meer und Italien.Geschichte: Das Gebiet J.s gehörte bis 1918 zu Österreich-Ungarn, zum Osman. Reich oder zum Königreich Serbien. Im Anschluss an die »Deklaration von Korfu« (1917), die die polit., religiöse und kulturelle Gleichberechtigung der drei Staatsnationen zur Grundlage des zu errichtenden Königreichs machte, erklärte der am 6. 10. 1918 in Agram (Zagreb) gebildete Nationalrat am 29. 10. 1918 die Loslösung Kroatiens von Österreich-Ungarn, der Nationalrat von Bosnien und Herzegowina schloss sich am 30. 10. an, die montenegrin. Volksversammlung verkündete am 19. 11. den Anschluss an das Königreich Serbien. Der serb. Thronfolger Alexander I. Karadjordjević proklamierte am 1. 12. 1918 im Namen König Peters I. das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen (»Kraljevina SHS«), das durch die Pariser Vorortverträge (1919) um die südl. Steiermark, das westl. Banat sowie vormals bulgar. Gebiet vergrößert wurde. Dagegen kamen 1919 Rijeka (italien. Fiume), 1920 Triest und das ehem. österr. Küstenland, das westl. Krain, die dalmatin. Stadt Zadar (italien. Zara) und die Insel Lastovo (italien. Lagosta) an Italien. Der Führungsanspruch der Serben in dem neuen Staat wurde durch die zentralist. Vidovdan-Verf. von 1921 durchgesetzt, doch der (1929 in Königreich J. umbenannte) Staat blieb infolge der wirtsch. und sozialen Probleme und v. a. der Opposition der Kroaten (Bauernpartei) politisch instabil. Die durch das Attentat auf Abg. der Bauernpartei am 20. 6. 1928 im Belgrader Parlament offen ausgebrochene Staatskrise suchte Alexander (König seit 1921) durch Übergang zur »Königsdiktatur« zu lösen (autoritäre Verfassung von 1931). Nachdem Alexander in Marseille 1934 von kroat. und makedon. Nationalisten (IMRO) ermordet worden war, übernahm Prinzregent Paul die Regentschaft für den minderjährigen König Peter II. Den einzigen Rückhalt gegen die italien. Einkreisungspolitik bildete die Zugehörigkeit zur Kleinen Entente und der Freundschaftsvertrag mit Frankreich (1927). Die Weltwirtschaftskrise brachte eine engere wirtsch. Zusammenarbeit zw. J. und Dtl. (Handelsvertrag 1934) und eine Aushöhlung des frz. Bündnissystems in SO-Europa, die zum Freundschaftsvertrag mit Bulgarien und zu einem Nichtangriffspakt mit Italien (1937) führten.Bei Beginn des Zweiten Weltkriegs neutral, konnte sich J. dem wirtsch. und polit. Gewicht Dtl.s in SO-Europa nicht entziehen. Am 25. 3. 1941 trat J. dem Dreimächtepakt bei. Am 27. 3. 1941 wurde die Reg. Cvetković durch General D. Simović gestürzt. Hitler beschloss daraufhin, durch Ausweitung der geplanten Operation gegen Griechenland J. zu zerschlagen (Angriff der Achsenmächte 6.-17. 4.). Bis auf Serbien, das der dt. Militärverwaltung unterstellt wurde, und den von der rechtsextremen Ustascha am 10. 4. proklamierten Unabhängigen Staat Kroatien (hier u. a. brutale Serbenverfolgungen) wurde das jugoslaw. Territorium unter Italien, Dtl., Ungarn und Bulgarien aufgeteilt. Der Widerstand setzte seitens der Četnici unter D. Mihailović bereits im Mai 1941 ein. Nach dem dt. Angriff auf die UdSSR (Juni 1941) versuchten die Kommunisten unter Tito, sich an die Spitze des Widerstands zu stellen. Seit Nov. 1941 bekämpften sich königstreue und kommunist. Partisanen; allmählich verwirrten sich die Fronten durch die Überlagerung mit den lange schwelenden ethn. Konflikten zu einem Kampf aller gegen alle mit militärisch nicht zu begründenden Gräueltaten, bes. in Bosnien und Herzegowina.Der »Antifaschist. Rat der Nat. Befreiung J.s« (AVNOJ) bildete im Nov. 1943 in Jajce eine provisor. Regierung. Zwischen Tito und dem Chef der jugoslaw. Exilreg. in London, J. Šubašić, kam es zur Einigung über ein Koalitionskabinett (Nov. 1944). Am 10. 8. 1945 wurde der AVNOJ in ein provisor. Parlament umgewandelt, das durch Gesetze über Bodenreform und Konfiskation »feindl.« Vermögens entscheidend in die wirtsch. und gesellschaftl. Struktur eingriff. Die Königsfamilie ging ins Londoner Exil. Die kommunist. Volksfront erreichte am 11. 11. 1945 88 % der Stimmen bei den Wahlen zur verfassunggebenden Versammlung, die am 29. 11. die Rep. ausrief. Bei der Umgestaltung des Landes - nach der Verf. vom 31. 1. 1946 Föderative Volksrepublik J. (FVRJ) - kam es zur Verfolgung der Četnici und Ustaša-Mitgl. sowie zur Vertreibung der Deutschen (v. a. in Slawonien). Die nat. Frage sollte durch die Schaffung von sechs Teilrepubliken, der Autonomen Prov. Wojwodina und des Autonomen Gebiets Kosovo-Metohija gelöst werden. In den Friedensverträgen von Paris (10. 2. 1947, mit Italien, Ungarn und Bulgarien) wurde das Staatsgebiet von 1941 wieder hergestellt und um die italien. Besitzungen in Istrien und Dalmatien vergrößert. Die Triestfrage wurde 1954 (endgültig 1975) gelöst.
Obwohl J. zunächst zum Ostblock gehörte, kam es im Frühjahr 1948 wegen sowjet. Einmischungen in die Innenpolitik zum jugoslawisch-sowjet. Konflikt. Dem ideolog. und polit. Druck der UdSSR setzte J. ein eigenes Sozialismusmodell entgegen (Titoismus). Durch amerikan. Wirtschaftshilfe, zahlr. Kontakte zum Westen und Zusammenarbeit mit den blockfreien Staaten (Balkanpakt) suchte J. seine unabhängige Politik nach außen abzusichern. Die von Chruschtschow 1955 herbeigeführte Aussöhnung mit J. war nach der sowjet. Intervention in Ungarn (Okt. 1956) und nach dem Einmarsch von Warschauer-Pakt-Truppen in die ČSSR (Aug. 1968) vorübergehend erneuten Spannungen ausgesetzt. J., das nach 1963 (neue Verf.) den Namen Sozialist. Föderative Republik J. (SFRJ) führte, wurde nach dem Sturz des langjährigen Innenmin. und Chefs der Geheimpolizei A. Ranković (Juli 1966) zunehmend dezentralisiert; dennoch flammten die nat. Spannungen wiederholt auf (z. B. »kroat. Frühling« 1971). Mit der Verf. vom 21. 2. 1974 wurden Selbstverwaltung und Föderalismus weiter ausgebaut. Nach dem Tod Titos (1980), der die Einigkeit und Unabhängigkeit des Vielvölkerstaats J. verkörperte, wechselten sowohl der Vorsitz im Präsidium der Rep. als auch im Bund der Kommunisten J.s (BdKJ) im jährl. Turnus. Der seit 1981 schwelende Nationalitätenkonflikt im Kosovo (zu 90 % von Albanern bewohnt) verschärfte sich seit 1988 zunehmend (Verfassungskrise, drast. Einschränkung [März 1989] und Aufhebung der formellen Autonomie [Juli 1990]). Die akute Wirtschaftskrise führte Ende 1988 zum Rücktritt der Reg. unter B. Mikulić; dem neuen (kroat.) MinPräs. (bis Dez. 1991) A. Marković gelang der beabsichtigte Wirtschaftsumbau auf marktwirtsch. Grundlage nur ansatzweise. Der Reformkurs (Marktwirtschaft, pluralist. Demokratie) der wirtsch. am weitesten entwickelten Teilrepubliken Slowenien und Kroatien, der 1988/89 zur Spaltung des BdKJ (endgültig Febr. 1990), 1989/90 zur verstärkten nat. Eigenständigkeit der beiden Teilrepubliken führte, wurde v. a. von Serbien bekämpft. Nach wachsenden Spannungen zw. den sechs Teilrepubliken und mehreren ergebnislosen innerjugoslaw. Krisengipfeln erklärten Slowenien und Kroatien ihre volle nat. Eigenexistenz (26. 6. 1991; unter EG-Vermittlung später bis zum 7. 10. 1991 ausgesetzt; seit 15. 1. 1992 internat. anerkannt) und leiteten damit die Auflösung des alten J. ein. Am 14. 10. 1991 erklärte auch Bosnien und Herzegowina seine Souveränität, am 20. 11. 1991 Makedonien (aufgrund grch. Einspruchs erst im April 1993 internat. anerkannt). Die anfängl. Weigerung Serbiens, den Zerfall des bisherigen J. anzuerkennen, und der anschließende Versuch, alle serb. Siedlungsgebiete zu einem (groß-)serb. Staat zusammenzuschließen, sowie die ethn. Konflikte (Nationalitätenfrage) führten stufenweise zu krieger. Auseinandersetzungen, zunächst in Slowenien (Juli 1991), danach in Kroatien (Juli-Dez. 1991/Jan. 1992). In Bosnien und Herzegowina kam es 1992-95 zu einem blutigen Bürgerkrieg. Am 27. 4. 1992 bildeten Serbien und Montenegro die neue Bundesrepublik Jugoslawien.
II Jugoslawi|en
⃟ Fläche: 102 173 km2
Einwohner: (1997) 10,351 Mio.
Hauptstadt: Belgrad
Verwaltungsgliederung: 2 Republiken
Amtssprache: Serbisch
Nationalfeiertag: 27. 4.
Währung: 1 Jugoslawischer Neuer Dinar (N. Din) = 100 Para (p)
Zeitzone: MEZ
(amtlich serb. Savezna Republika Jugoslavija; dt. Bundesrepublik J.), Staat in SO-Europa, bestehend aus den Teilrepubliken Serbien (einschl. Kosovo und Wojwodina) und Montenegro, grenzt im N an Ungarn, im O an Rumänien und Bulgarien, im S an die Rep. Makedonien, Albanien und das Adriat. Meer, im W an Bosnien und Herzegowina sowie an Kroatien.
Staat und Recht: Nach der Verf. vom 27. 4. 1992 ist J. eine Bundesrep., die aus den Teilrep. Serbien und Montenegro besteht und die sich als in der Kontinuität des zerfallenen J. stehend begreift. Der Anschluss weiterer Republiken ist möglich. Die Legislative wird von der aus zwei Kammern bestehenden Bundesversammlung gebildet, die für vier Jahre gewählt wird: Der »Rat der Bürger« setzt sich aus 138 Abg. (darunter 30 aus Montenegro) zus., in den »Rat der Rep.« entsendet jedes Rep.parlament 20 Abg. Staatsoberhaupt ist der von der Bundesversammlung für vier Jahre gewählte Präs. der Rep. Die Exekutivgewalt liegt bei der Reg. unter Vorsitz des MinPräs., der vom Präs. nominiert und von beiden Kammern mit absoluter Mehrheit gewählt wird. Die Teilrep. verfügen über eigene Gesetzgebungs- und Vollzugsorgane. - Einflussreichste Parteien in Montenegro sind Demokrat. Partei der Sozialisten Montenegros (DPS, Nachfolgeorganisation der KP), Sozialdemokrat. Partei Montenegros (SDP), Volkspartei Montenegros (NS), Sozialist. Volkspartei (SNP) und Liberaler Bund Montenegros. In Serbien dominieren die Sozialist. Partei Serbiens (SPS, Nachfolgeorganisation der KP), die Serb. Radikale Partei (SRS), die Serb. Erneuerungsbewegung (SPO) und die Demokrat. Partei (DS). Die Albaner sind v. a. im Demokrat. Bund von Kosova (LDK) und in der Nat. Front zur Befreiung Kosovas (LKCK) zusammengeschlossen, die Ungarn im Bund der Ungarn in der Wojwodina (VMSZ).
Landesnatur: J. hat im N Anteil am Großen Ungar. Tiefland mit der Batschka, Sirmien und dem westl. Teil des Banats. Der größte Teil des Landes wird von Hügel- und Gebirgsland eingenommen: südlich von Save und Donau das fruchtbare Hügelland der Šumadija, das Kopaonikgebirge (bis 2 017 m ü. M.), das Serb. Erzgebirge und andere Gebirgszüge, östlich der Morava-Vardar-Furche, einer wichtigen Verkehrsachse in N-S-Richtung, verlaufen die Ausläufer des Westbalkans; dazwischen liegen weite Beckenlandschaften wie Amselfeld und Metohija. Im S hat J. Anteil am Karsthochland des Dinar. Gebirges (Gebirgsstock Durmitor bis 2 522 m ü. M.), mit der montenegrin. Küste am Adriat. Meer und an der Grenze zu Albanien am Skutarisee. Hauptflüsse sind Donau, Save, Theiß und Morava. - Das gemäßigt kontinentale Klima mit heißen Sommern und kalten Wintern trägt im S zunehmend mediterrane Züge. Die Niederschläge liegen in der Wojwodina zw. 500 und 700 mm jährlich und steigen in den Gebirgsländern im O bis 1 000 mm, im SW bis 2 000 mm jährlich an.
Bevölkerung: J. ist immer noch ein Vielvölkerstaat; nach der Volkszählung von 1991 bilden die Serben mit 62,3 % die Mehrheit, als Montenegriner bezeichnen sich 5 %. Die größte Gruppe der Minderheiten bilden mit 16,3 % die Albaner (Kosovo) und mit 3,3 % die Ungarn (Wojwodina), außerdem Kroaten, Rumänen, Makedonier, Muslime ethn. Zugehörigkeit u. a. Als Folge des Bürgerkriegs flüchteten zahlr. Kroaten und Muslime in benachbarte Staaten bzw. kamen serb. Flüchtlinge aus Kroatien sowie Bosnien und Herzegowina. Die etwa seit einem Jahrzehnt anhaltende Unterdrückung der Kosovo-Albaner (Kosovaren) gipfelte im März und April 1999 in deren systemat. Vertreibung (etwa 0,5 Mio.) und teilweise phys. Vernichtung. - Allg. Schulpflicht besteht vom 7. bis 14. Lebensjahr; das Sekundarschulwesen ist vielstufig gegliedert; höhere Ausbildung erfolgt an Fach- und Hochschulen sowie Universitäten (Belgrad, Novi Sad, Kragujevac, Niš, Priština, Podgorica). - Die Mehrheit der Bev. (Serben und Montenegriner) sind orth. Christen und gehören der serbisch-orthodoxen Kirche an, die für viele Serben sowie in ihrem eigenen kirchl. Selbstverständnis die nat. Identität des serb. Volkes verkörpert. Die Kosovo-Albaner (Kosovaren) sind mehrheitlich sunnit. Muslime, eine kleine Zahl kath. Christen. Die meisten nichtorth. Christen (neben Katholiken bes. Lutheraner und Reformierte) leben in der Wojwodina. Von den rd. 2 500 Juden lebt etwa die Hälfte in Belgrad.
Wirtschaft, Verkehr: Nach den Unabhängigkeitserklärungen der einstigen Teilrepubliken und durch Kriegshandlungen ist J. in eine tiefe wirtsch. Krise geraten, gekennzeichnet durch stark rückläufige Ind.produktion, hohe Inflationsrate, Arbeitslosigkeit und Auslandsverschuldung; schwere Einbußen erlitten auch Außenhandel und Tourismus. Luftschläge der NATO im März und April 1999 wegen der Vertreibung der Albaner aus dem Kosovo führten zur weitgehenden Zerstörung der Rüstungsindustrie. Wichtige Wirtschaftszweige sind Land- und Forstwirtschaft; die wichtigsten Anbaugebiete liegen v. a. im N (Wojwodina) und in den Flussniederungen mit Anbau von Weizen, Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln, Roggen, Sonnenblumen, Tabak, Hanf; in der Viehwirtschaft spielt die Haltung von Rindern, Schweinen und Schafen eine Rolle; Wein- und Obstbau bes. in Montenegro und im Kosovo. J. ist reich an Bodenschätzen (u. a. Braunkohle, Bauxit, Eisen-, Blei- und Zinkerz). Erdöl- und Erdgasförderung (25 % des Bedarfs) wird in der Saveniederung betrieben und nahe Belgrad, dem Ind.zentrum des Landes. Wichtigste Ind.zweige sind Verhüttung, Stahlind., Maschinen- und Fahrzeugbau, chem., Textil-, Möbel-, Nahrungsmittel- und Tabakindustrie. Bedeutung hat die Energieerzeugung durch Wasserkraftwerke, darunter das Donaukraftwerk am Eisernen Tor (1964-72 mit Rumänien errichtet, 2 532 MW). Der einst eine große Rolle spielende Fremdenverkehr, bes. an der Adriat. Küste, ging nach 1990 stark zurück. Exportgüter sind v. a. landwirtsch. Erzeugnisse, Kohle, Blei, Zink, Bauxit. Haupthandelspartner (1996) sind Dtl., Russland, Italien und die USA. - J. ist ein wichtiges Durchgangsland mit gut ausgebautem Verkehrsnetz (49 620 km Straßen, 4 031 km Eisenbahnen); die wichtigste Fernstraße ist der Autoput Ljubljana-Zagreb-Belgrad-Skopje zur makedonisch-grch. Grenze, die wichtigste nat. Eisenbahnlinie seit 1976 die Strecke von Belgrad zum Fähr- und Ind.hafen Bar (476 km lang), ein weiterer Hafen ist Kotor. Der größte Binnenschifffahrtsweg ist die Donau. Internat. Flughäfen in Belgrad, Niš und Podgorica.
Geschichte: Nach dem Zerfall (1989-91/92) des 1945/46 unter sozialist. Vorzeichen errichteten J. vereinbarten Serbien und Montenegro am 12. 2. 1992 im Abkommen von Titograd (jetzt Podgorica) den Zusammenschluss zu einem neuen jugoslaw. Staat (am 22. 2. 1992 durch die Parlamente beider Teilrepubliken gebilligt; am 1. 3. 1992 in Montenegro durch ein Referendum bestätigt). Mit In-Kraft-Treten der Verf. erfolgte am 27. 4. 1992 die Proklamation der (neuen) Bundesrep. Jugoslawien. Staatspräs. wurde im Juni 1992 D. Cosić, nach seiner Abwahl im Juni 1993 Z. Lilić. Stärkste polit. Kraft in beiden Teilrepubliken wurden die Sozialisten (bestätigt bei den Parlamentswahlen von 1992 und 1996); als dominierender Politiker profilierte sich S. Milošević, 1989-97 Präs. der Teilrepublik Serbien, seit Juli1997 als Nachfolger von Lilić Präs. Jugoslawiens. MinPräs. der jugoslaw. Bundesrepublik: 1992-93 M. Panić, 1993-98 R. Kontić, seit 1998 M. Bulatović.
Unter dem bestimmenden Einfluss v. a. von Milošević unterstützte J. politisch und wirtsch. zunächst die bosn. Serben in Bosnien und Herzegowina, brach jedoch unter dem Druck von Sanktionen der UNO und der EU (seit 1992, ausgesetzt 1995) im Aug. 1994 diese Hilfe ab. Im Abkommen von Dayton (Nov. 1995) musste Milošević schließlich nach internat. Druck seine großserb. Ambitionen aufgeben und dem Verbleiben der bosn. Serben im kompliziert austarierten zweigeteilten Staat Bosnien und Herzegowina zustimmen. Nach der gegenseitigen Anerkennung J.s und der früheren Teilrepubliken J.s (1995/96) erkannten die EU-Staaten die neue Bundesrep. J. an. Nach der Annullierung des Wahlsiegs von Zajedno (Oppositionsbündnis »Gemeinsam«; inzwischen zerfallen) bei den serb. Kommunalwahlen vom 17. 11. 1996 durch den serb. Präs. Milošević kam es zu monatelangen tägl. Massenprotesten (Nov. 1996 bis Febr. 1997). Die mangelnde Einhaltung der Menschen- und Minderheitenrechte (bes. im Kosovo und in der Wojwodina) führte immer wieder zu Spannungen, auch zw. Serbien und Montenegro. In Montenegro setzte sich bei den Präsidentenwahlen vom Okt. 1997 der Milošević-Kritiker M. Djukanović (* 1963; DPS) durch. Ab Mai/Juni 1998 eskalierten die nat. Gegensätze im Kosovo zu einem Bürgerkrieg mit massiven Flüchtlingsbewegungen und zu einer internat. Krise. Das Eingreifen der NATO (Beginn von Luftschlägen am 24. 3. 1999) vermochte allerdings die Vertreibungen nicht zu stoppen, stärkte jedoch (zunächst) die Position von Milošević. Am 6. 5. 1999 einigten sich die Außenmin. der G 8-Staaten auf allg. Grundsätze zur polit. Lösung der Kosovokrise.
▣ Literatur:
Sundhaussen, H.: Gesch. J.s 1918-1980. Stuttgart u. a. 1982.
⃟ Bartl, P.: Grundzüge der jugoslaw. Geschichte. Darmstadt 1985.
⃟ Europ. Konfliktfall Ex-J. Versuch einer Bestandsaufnahme, hg. v. R. H. Dittel. Königsbrunn 21993.
⃟ Razumovsky, D.: Chaos J. Histor. Ursachen - Hintergründe - Perspektiven. München 31993.
⃟ Sundhaussen, H.: Experiment J. Von der Staatsgründung bis zum Staatszerfall. Mannheim u. a. 1993.
⃟ Silber, L. u. Little, A.: Bruderkrieg. Der Kampf um Titos Erbe. A. d. Engl. Graz u. a. 1995.
⃟ Meier, Viktor: Wie J. verspielt wurde. München 21996.
⃟ Baumgartner, I.: Der Balkan-Krieg der 90er. Fakten, Hintergründe, analysen, Zukunftsperspektiven. Berlin 1997.
⃟ Conflict in former Yugoslavia. An encyclopedia, hg. v. J. B. Alcock u. a. Denver, Colo., 1998.
⃟ Suster, Z.: Historical dictionary of the Federal Republic of Yugoslavia. Lanham, Md., 1998.
⃟ UN peacemaking in trouble: lessons learned from the former Yugoslavia, hg. v. W. Biermann u. a. Neudr. Aldershot 1999.
⃟ Riegler, H.: Einmal Dayton u. zurück. Perspektiven einer Nachkriegsordnung im ehemaligen J. Wien 1999.
Obwohl J. zunächst zum Ostblock gehörte, kam es im Frühjahr 1948 wegen sowjet. Einmischungen in die Innenpolitik zum jugoslawisch-sowjet. Konflikt. Dem ideolog. und polit. Druck der UdSSR setzte J. ein eigenes Sozialismusmodell entgegen (Titoismus). Durch amerikan. Wirtschaftshilfe, zahlr. Kontakte zum Westen und Zusammenarbeit mit den blockfreien Staaten (Balkanpakt) suchte J. seine unabhängige Politik nach außen abzusichern. Die von Chruschtschow 1955 herbeigeführte Aussöhnung mit J. war nach der sowjet. Intervention in Ungarn (Okt. 1956) und nach dem Einmarsch von Warschauer-Pakt-Truppen in die ČSSR (Aug. 1968) vorübergehend erneuten Spannungen ausgesetzt. J., das nach 1963 (neue Verf.) den Namen Sozialist. Föderative Republik J. (SFRJ) führte, wurde nach dem Sturz des langjährigen Innenmin. und Chefs der Geheimpolizei A. Ranković (Juli 1966) zunehmend dezentralisiert; dennoch flammten die nat. Spannungen wiederholt auf (z. B. »kroat. Frühling« 1971). Mit der Verf. vom 21. 2. 1974 wurden Selbstverwaltung und Föderalismus weiter ausgebaut. Nach dem Tod Titos (1980), der die Einigkeit und Unabhängigkeit des Vielvölkerstaats J. verkörperte, wechselten sowohl der Vorsitz im Präsidium der Rep. als auch im Bund der Kommunisten J.s (BdKJ) im jährl. Turnus. Der seit 1981 schwelende Nationalitätenkonflikt im Kosovo (zu 90 % von Albanern bewohnt) verschärfte sich seit 1988 zunehmend (Verfassungskrise, drast. Einschränkung [März 1989] und Aufhebung der formellen Autonomie [Juli 1990]). Die akute Wirtschaftskrise führte Ende 1988 zum Rücktritt der Reg. unter B. Mikulić; dem neuen (kroat.) MinPräs. (bis Dez. 1991) A. Marković gelang der beabsichtigte Wirtschaftsumbau auf marktwirtsch. Grundlage nur ansatzweise. Der Reformkurs (Marktwirtschaft, pluralist. Demokratie) der wirtsch. am weitesten entwickelten Teilrepubliken Slowenien und Kroatien, der 1988/89 zur Spaltung des BdKJ (endgültig Febr. 1990), 1989/90 zur verstärkten nat. Eigenständigkeit der beiden Teilrepubliken führte, wurde v. a. von Serbien bekämpft. Nach wachsenden Spannungen zw. den sechs Teilrepubliken und mehreren ergebnislosen innerjugoslaw. Krisengipfeln erklärten Slowenien und Kroatien ihre volle nat. Eigenexistenz (26. 6. 1991; unter EG-Vermittlung später bis zum 7. 10. 1991 ausgesetzt; seit 15. 1. 1992 internat. anerkannt) und leiteten damit die Auflösung des alten J. ein. Am 14. 10. 1991 erklärte auch Bosnien und Herzegowina seine Souveränität, am 20. 11. 1991 Makedonien (aufgrund grch. Einspruchs erst im April 1993 internat. anerkannt). Die anfängl. Weigerung Serbiens, den Zerfall des bisherigen J. anzuerkennen, und der anschließende Versuch, alle serb. Siedlungsgebiete zu einem (groß-)serb. Staat zusammenzuschließen, sowie die ethn. Konflikte (Nationalitätenfrage) führten stufenweise zu krieger. Auseinandersetzungen, zunächst in Slowenien (Juli 1991), danach in Kroatien (Juli-Dez. 1991/Jan. 1992). In Bosnien und Herzegowina kam es 1992-95 zu einem blutigen Bürgerkrieg. Am 27. 4. 1992 bildeten Serbien und Montenegro die neue Bundesrepublik Jugoslawien.
II Jugoslawi|en
⃟ Fläche: 102 173 km2
Einwohner: (1997) 10,351 Mio.
Hauptstadt: Belgrad
Verwaltungsgliederung: 2 Republiken
Amtssprache: Serbisch
Nationalfeiertag: 27. 4.
Währung: 1 Jugoslawischer Neuer Dinar (N. Din) = 100 Para (p)
Zeitzone: MEZ
(amtlich serb. Savezna Republika Jugoslavija; dt. Bundesrepublik J.), Staat in SO-Europa, bestehend aus den Teilrepubliken Serbien (einschl. Kosovo und Wojwodina) und Montenegro, grenzt im N an Ungarn, im O an Rumänien und Bulgarien, im S an die Rep. Makedonien, Albanien und das Adriat. Meer, im W an Bosnien und Herzegowina sowie an Kroatien.
Staat und Recht: Nach der Verf. vom 27. 4. 1992 ist J. eine Bundesrep., die aus den Teilrep. Serbien und Montenegro besteht und die sich als in der Kontinuität des zerfallenen J. stehend begreift. Der Anschluss weiterer Republiken ist möglich. Die Legislative wird von der aus zwei Kammern bestehenden Bundesversammlung gebildet, die für vier Jahre gewählt wird: Der »Rat der Bürger« setzt sich aus 138 Abg. (darunter 30 aus Montenegro) zus., in den »Rat der Rep.« entsendet jedes Rep.parlament 20 Abg. Staatsoberhaupt ist der von der Bundesversammlung für vier Jahre gewählte Präs. der Rep. Die Exekutivgewalt liegt bei der Reg. unter Vorsitz des MinPräs., der vom Präs. nominiert und von beiden Kammern mit absoluter Mehrheit gewählt wird. Die Teilrep. verfügen über eigene Gesetzgebungs- und Vollzugsorgane. - Einflussreichste Parteien in Montenegro sind Demokrat. Partei der Sozialisten Montenegros (DPS, Nachfolgeorganisation der KP), Sozialdemokrat. Partei Montenegros (SDP), Volkspartei Montenegros (NS), Sozialist. Volkspartei (SNP) und Liberaler Bund Montenegros. In Serbien dominieren die Sozialist. Partei Serbiens (SPS, Nachfolgeorganisation der KP), die Serb. Radikale Partei (SRS), die Serb. Erneuerungsbewegung (SPO) und die Demokrat. Partei (DS). Die Albaner sind v. a. im Demokrat. Bund von Kosova (LDK) und in der Nat. Front zur Befreiung Kosovas (LKCK) zusammengeschlossen, die Ungarn im Bund der Ungarn in der Wojwodina (VMSZ).
Landesnatur: J. hat im N Anteil am Großen Ungar. Tiefland mit der Batschka, Sirmien und dem westl. Teil des Banats. Der größte Teil des Landes wird von Hügel- und Gebirgsland eingenommen: südlich von Save und Donau das fruchtbare Hügelland der Šumadija, das Kopaonikgebirge (bis 2 017 m ü. M.), das Serb. Erzgebirge und andere Gebirgszüge, östlich der Morava-Vardar-Furche, einer wichtigen Verkehrsachse in N-S-Richtung, verlaufen die Ausläufer des Westbalkans; dazwischen liegen weite Beckenlandschaften wie Amselfeld und Metohija. Im S hat J. Anteil am Karsthochland des Dinar. Gebirges (Gebirgsstock Durmitor bis 2 522 m ü. M.), mit der montenegrin. Küste am Adriat. Meer und an der Grenze zu Albanien am Skutarisee. Hauptflüsse sind Donau, Save, Theiß und Morava. - Das gemäßigt kontinentale Klima mit heißen Sommern und kalten Wintern trägt im S zunehmend mediterrane Züge. Die Niederschläge liegen in der Wojwodina zw. 500 und 700 mm jährlich und steigen in den Gebirgsländern im O bis 1 000 mm, im SW bis 2 000 mm jährlich an.
Bevölkerung: J. ist immer noch ein Vielvölkerstaat; nach der Volkszählung von 1991 bilden die Serben mit 62,3 % die Mehrheit, als Montenegriner bezeichnen sich 5 %. Die größte Gruppe der Minderheiten bilden mit 16,3 % die Albaner (Kosovo) und mit 3,3 % die Ungarn (Wojwodina), außerdem Kroaten, Rumänen, Makedonier, Muslime ethn. Zugehörigkeit u. a. Als Folge des Bürgerkriegs flüchteten zahlr. Kroaten und Muslime in benachbarte Staaten bzw. kamen serb. Flüchtlinge aus Kroatien sowie Bosnien und Herzegowina. Die etwa seit einem Jahrzehnt anhaltende Unterdrückung der Kosovo-Albaner (Kosovaren) gipfelte im März und April 1999 in deren systemat. Vertreibung (etwa 0,5 Mio.) und teilweise phys. Vernichtung. - Allg. Schulpflicht besteht vom 7. bis 14. Lebensjahr; das Sekundarschulwesen ist vielstufig gegliedert; höhere Ausbildung erfolgt an Fach- und Hochschulen sowie Universitäten (Belgrad, Novi Sad, Kragujevac, Niš, Priština, Podgorica). - Die Mehrheit der Bev. (Serben und Montenegriner) sind orth. Christen und gehören der serbisch-orthodoxen Kirche an, die für viele Serben sowie in ihrem eigenen kirchl. Selbstverständnis die nat. Identität des serb. Volkes verkörpert. Die Kosovo-Albaner (Kosovaren) sind mehrheitlich sunnit. Muslime, eine kleine Zahl kath. Christen. Die meisten nichtorth. Christen (neben Katholiken bes. Lutheraner und Reformierte) leben in der Wojwodina. Von den rd. 2 500 Juden lebt etwa die Hälfte in Belgrad.
Wirtschaft, Verkehr: Nach den Unabhängigkeitserklärungen der einstigen Teilrepubliken und durch Kriegshandlungen ist J. in eine tiefe wirtsch. Krise geraten, gekennzeichnet durch stark rückläufige Ind.produktion, hohe Inflationsrate, Arbeitslosigkeit und Auslandsverschuldung; schwere Einbußen erlitten auch Außenhandel und Tourismus. Luftschläge der NATO im März und April 1999 wegen der Vertreibung der Albaner aus dem Kosovo führten zur weitgehenden Zerstörung der Rüstungsindustrie. Wichtige Wirtschaftszweige sind Land- und Forstwirtschaft; die wichtigsten Anbaugebiete liegen v. a. im N (Wojwodina) und in den Flussniederungen mit Anbau von Weizen, Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln, Roggen, Sonnenblumen, Tabak, Hanf; in der Viehwirtschaft spielt die Haltung von Rindern, Schweinen und Schafen eine Rolle; Wein- und Obstbau bes. in Montenegro und im Kosovo. J. ist reich an Bodenschätzen (u. a. Braunkohle, Bauxit, Eisen-, Blei- und Zinkerz). Erdöl- und Erdgasförderung (25 % des Bedarfs) wird in der Saveniederung betrieben und nahe Belgrad, dem Ind.zentrum des Landes. Wichtigste Ind.zweige sind Verhüttung, Stahlind., Maschinen- und Fahrzeugbau, chem., Textil-, Möbel-, Nahrungsmittel- und Tabakindustrie. Bedeutung hat die Energieerzeugung durch Wasserkraftwerke, darunter das Donaukraftwerk am Eisernen Tor (1964-72 mit Rumänien errichtet, 2 532 MW). Der einst eine große Rolle spielende Fremdenverkehr, bes. an der Adriat. Küste, ging nach 1990 stark zurück. Exportgüter sind v. a. landwirtsch. Erzeugnisse, Kohle, Blei, Zink, Bauxit. Haupthandelspartner (1996) sind Dtl., Russland, Italien und die USA. - J. ist ein wichtiges Durchgangsland mit gut ausgebautem Verkehrsnetz (49 620 km Straßen, 4 031 km Eisenbahnen); die wichtigste Fernstraße ist der Autoput Ljubljana-Zagreb-Belgrad-Skopje zur makedonisch-grch. Grenze, die wichtigste nat. Eisenbahnlinie seit 1976 die Strecke von Belgrad zum Fähr- und Ind.hafen Bar (476 km lang), ein weiterer Hafen ist Kotor. Der größte Binnenschifffahrtsweg ist die Donau. Internat. Flughäfen in Belgrad, Niš und Podgorica.
Geschichte: Nach dem Zerfall (1989-91/92) des 1945/46 unter sozialist. Vorzeichen errichteten J. vereinbarten Serbien und Montenegro am 12. 2. 1992 im Abkommen von Titograd (jetzt Podgorica) den Zusammenschluss zu einem neuen jugoslaw. Staat (am 22. 2. 1992 durch die Parlamente beider Teilrepubliken gebilligt; am 1. 3. 1992 in Montenegro durch ein Referendum bestätigt). Mit In-Kraft-Treten der Verf. erfolgte am 27. 4. 1992 die Proklamation der (neuen) Bundesrep. Jugoslawien. Staatspräs. wurde im Juni 1992 D. Cosić, nach seiner Abwahl im Juni 1993 Z. Lilić. Stärkste polit. Kraft in beiden Teilrepubliken wurden die Sozialisten (bestätigt bei den Parlamentswahlen von 1992 und 1996); als dominierender Politiker profilierte sich S. Milošević, 1989-97 Präs. der Teilrepublik Serbien, seit Juli1997 als Nachfolger von Lilić Präs. Jugoslawiens. MinPräs. der jugoslaw. Bundesrepublik: 1992-93 M. Panić, 1993-98 R. Kontić, seit 1998 M. Bulatović.
Unter dem bestimmenden Einfluss v. a. von Milošević unterstützte J. politisch und wirtsch. zunächst die bosn. Serben in Bosnien und Herzegowina, brach jedoch unter dem Druck von Sanktionen der UNO und der EU (seit 1992, ausgesetzt 1995) im Aug. 1994 diese Hilfe ab. Im Abkommen von Dayton (Nov. 1995) musste Milošević schließlich nach internat. Druck seine großserb. Ambitionen aufgeben und dem Verbleiben der bosn. Serben im kompliziert austarierten zweigeteilten Staat Bosnien und Herzegowina zustimmen. Nach der gegenseitigen Anerkennung J.s und der früheren Teilrepubliken J.s (1995/96) erkannten die EU-Staaten die neue Bundesrep. J. an. Nach der Annullierung des Wahlsiegs von Zajedno (Oppositionsbündnis »Gemeinsam«; inzwischen zerfallen) bei den serb. Kommunalwahlen vom 17. 11. 1996 durch den serb. Präs. Milošević kam es zu monatelangen tägl. Massenprotesten (Nov. 1996 bis Febr. 1997). Die mangelnde Einhaltung der Menschen- und Minderheitenrechte (bes. im Kosovo und in der Wojwodina) führte immer wieder zu Spannungen, auch zw. Serbien und Montenegro. In Montenegro setzte sich bei den Präsidentenwahlen vom Okt. 1997 der Milošević-Kritiker M. Djukanović (* 1963; DPS) durch. Ab Mai/Juni 1998 eskalierten die nat. Gegensätze im Kosovo zu einem Bürgerkrieg mit massiven Flüchtlingsbewegungen und zu einer internat. Krise. Das Eingreifen der NATO (Beginn von Luftschlägen am 24. 3. 1999) vermochte allerdings die Vertreibungen nicht zu stoppen, stärkte jedoch (zunächst) die Position von Milošević. Am 6. 5. 1999 einigten sich die Außenmin. der G 8-Staaten auf allg. Grundsätze zur polit. Lösung der Kosovokrise.
▣ Literatur:
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⃟ Bartl, P.: Grundzüge der jugoslaw. Geschichte. Darmstadt 1985.
⃟ Europ. Konfliktfall Ex-J. Versuch einer Bestandsaufnahme, hg. v. R. H. Dittel. Königsbrunn 21993.
⃟ Razumovsky, D.: Chaos J. Histor. Ursachen - Hintergründe - Perspektiven. München 31993.
⃟ Sundhaussen, H.: Experiment J. Von der Staatsgründung bis zum Staatszerfall. Mannheim u. a. 1993.
⃟ Silber, L. u. Little, A.: Bruderkrieg. Der Kampf um Titos Erbe. A. d. Engl. Graz u. a. 1995.
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⃟ Baumgartner, I.: Der Balkan-Krieg der 90er. Fakten, Hintergründe, analysen, Zukunftsperspektiven. Berlin 1997.
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⃟ UN peacemaking in trouble: lessons learned from the former Yugoslavia, hg. v. W. Biermann u. a. Neudr. Aldershot 1999.
⃟ Riegler, H.: Einmal Dayton u. zurück. Perspektiven einer Nachkriegsordnung im ehemaligen J. Wien 1999.