Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Jugendstrafrecht
Jugendstrafrecht,das für Jugendliche (14- bis 17-Jährige) und z. T. auch für Heranwachsende (18- bis 20-Jährige) geltende Straf- und Strafprozessrecht; es weicht in wesentl. Grundsätzen vom allg. Strafrecht ab. In Dtl. beginnt nach dem Jugendgerichts-Ges. (JGG) vom 11. 12. 1974 die strafrechtl. Verantwortlichkeit mit der Vollendung des 14. Lebensjahres, wenn der Jugendliche z. Z. der Tat nach seiner sittl. und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Auf Heranwachsende wird das J. trotz zivilrechtl. Volljährigkeit angewendet, wenn der Täter z. Z. der Tat nach seiner sittl. und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand oder es sich bei der Art der Tat um eine Jugendverfehlung handelt (§ 105 JGG). Die Straftat soll in erster Linie durch Erziehungsmaßregeln (Erteilung von Weisungen, Verpflichtung zur Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung, z. B. durch Erziehungsbeistandschaft) geahndet werden; wenn diese nicht ausreichen, wird die Straftat mit Zuchtmitteln (Verwarnung, Erteilung von Auflagen, Jugendarrest; gemäß Einigungsvertrag nicht in den neuen Bundesländern) oder mit Jugendstrafe geahndet. Über Verfehlungen Jugendlicher entscheiden die Jugendgerichte als besonderer Zweig der ordentlichen Gerichtsbarkeit: nach der Schwere des Falles das Amtsgericht, und zwar der Strafrichter als Jugendrichter oder das Jugendschöffengericht (Besetzung: ein Jugendrichter, zwei Jugendschöffen) oder am Landgericht die Jugendkammer. Letztere besteht als kleine Jugendkammer (ein Jugendrichter, zwei Jugendschöffen; Berufungsinstanz gegen Urteile des Jugendrichters) oder als große Jugendkammer (zwei oder drei Jugendrichter und zwei Jugendschöffen; bes. als Berufungsinstanz gegen Urteile des Jugendschöffengerichts oder anstelle des Schwurgerichts erstinstanzlich bei schweren Delikten Jugendlicher). Das Verfahren vor dem Jugendgericht ausschl. gegen Jugendliche ist nicht öffentlich. Im Jugendstrafverfahren wirkt die Jugendgerichtshilfe mit. Im Vor- und Hauptverfahren besteht die Möglichkeit, von der Strafverfolgung abzusehen und das Verfahren einzustellen, wenn eine Ahndung entbehrlich erscheint und andere Maßnahmen Erfolg versprechen (§§ 45, 47 JGG). Für Vollstreckung und Vollzug der im Verfahren ausgesprochenen Maßnahmen ist grundsätzlich der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter zuständig. Ein rascher Vollzug der Maßnahmen soll den Jugendlichen den inneren Zusammenhang zw. Tat, Urteil und Vollstreckung bewusst machen. Insgesamt ist das J. von der Absicht durchdrungen, die Jugendlichen zu einer straffreien Lebensführung zu erziehen. - In Österreich (JGG von 1988) und der Schweiz (Art. 82-100 StGB) gelten, mit einzelnen Abweichungen, ähnl. Grundsätze wie in Dtl.; das J. wird jedoch nicht auf Heranwachsende angewendet.
▣ Literatur:
Voß, M.: Jugend ohne Rechte. Die Entwicklung des J. Frankfurt am Main u. a. 1986.
⃟ Albrecht, P.-A.: J. Ein Studienbuch. München 21993.
⃟ Hartmann, A.: Schlichten oder Richten. Der Täter-Opfer-Ausgleich u. das (Jugend-)Strafrecht. München 1995.
⃟ Schaffstein, F. u. Beulke, W.: J. Eine systemat. Darstellung. Stuttgart u. a. 121995.
⃟ Böhm, A.: Einführung in das J. München 31996.
Jugendstrafrecht,das für Jugendliche (14- bis 17-Jährige) und z. T. auch für Heranwachsende (18- bis 20-Jährige) geltende Straf- und Strafprozessrecht; es weicht in wesentl. Grundsätzen vom allg. Strafrecht ab. In Dtl. beginnt nach dem Jugendgerichts-Ges. (JGG) vom 11. 12. 1974 die strafrechtl. Verantwortlichkeit mit der Vollendung des 14. Lebensjahres, wenn der Jugendliche z. Z. der Tat nach seiner sittl. und geistigen Entwicklung reif genug ist, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Auf Heranwachsende wird das J. trotz zivilrechtl. Volljährigkeit angewendet, wenn der Täter z. Z. der Tat nach seiner sittl. und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand oder es sich bei der Art der Tat um eine Jugendverfehlung handelt (§ 105 JGG). Die Straftat soll in erster Linie durch Erziehungsmaßregeln (Erteilung von Weisungen, Verpflichtung zur Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung, z. B. durch Erziehungsbeistandschaft) geahndet werden; wenn diese nicht ausreichen, wird die Straftat mit Zuchtmitteln (Verwarnung, Erteilung von Auflagen, Jugendarrest; gemäß Einigungsvertrag nicht in den neuen Bundesländern) oder mit Jugendstrafe geahndet. Über Verfehlungen Jugendlicher entscheiden die Jugendgerichte als besonderer Zweig der ordentlichen Gerichtsbarkeit: nach der Schwere des Falles das Amtsgericht, und zwar der Strafrichter als Jugendrichter oder das Jugendschöffengericht (Besetzung: ein Jugendrichter, zwei Jugendschöffen) oder am Landgericht die Jugendkammer. Letztere besteht als kleine Jugendkammer (ein Jugendrichter, zwei Jugendschöffen; Berufungsinstanz gegen Urteile des Jugendrichters) oder als große Jugendkammer (zwei oder drei Jugendrichter und zwei Jugendschöffen; bes. als Berufungsinstanz gegen Urteile des Jugendschöffengerichts oder anstelle des Schwurgerichts erstinstanzlich bei schweren Delikten Jugendlicher). Das Verfahren vor dem Jugendgericht ausschl. gegen Jugendliche ist nicht öffentlich. Im Jugendstrafverfahren wirkt die Jugendgerichtshilfe mit. Im Vor- und Hauptverfahren besteht die Möglichkeit, von der Strafverfolgung abzusehen und das Verfahren einzustellen, wenn eine Ahndung entbehrlich erscheint und andere Maßnahmen Erfolg versprechen (§§ 45, 47 JGG). Für Vollstreckung und Vollzug der im Verfahren ausgesprochenen Maßnahmen ist grundsätzlich der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter zuständig. Ein rascher Vollzug der Maßnahmen soll den Jugendlichen den inneren Zusammenhang zw. Tat, Urteil und Vollstreckung bewusst machen. Insgesamt ist das J. von der Absicht durchdrungen, die Jugendlichen zu einer straffreien Lebensführung zu erziehen. - In Österreich (JGG von 1988) und der Schweiz (Art. 82-100 StGB) gelten, mit einzelnen Abweichungen, ähnl. Grundsätze wie in Dtl.; das J. wird jedoch nicht auf Heranwachsende angewendet.
▣ Literatur:
Voß, M.: Jugend ohne Rechte. Die Entwicklung des J. Frankfurt am Main u. a. 1986.
⃟ Albrecht, P.-A.: J. Ein Studienbuch. München 21993.
⃟ Hartmann, A.: Schlichten oder Richten. Der Täter-Opfer-Ausgleich u. das (Jugend-)Strafrecht. München 1995.
⃟ Schaffstein, F. u. Beulke, W.: J. Eine systemat. Darstellung. Stuttgart u. a. 121995.
⃟ Böhm, A.: Einführung in das J. München 31996.