Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Jugendstil
Jugendstil,dt. Bez. einer internat. Stilrichtung von etwa 1890 bis 1914, die in Frankreich und Belgien Art nouveau, in England Modern Style, in Österreich Sezessionsstil genannt wird. - Der J., benannt nach der Münchner Ztschr. »Jugend« (1896-1940), ist als Bewegung gegen die historisierenden Stile des 19. Jh. entstanden. Er suchte nach neuen Formen, die alle Bereiche der Kunst und des Lebens durchdringen sollten. Die Grenzen zw. den Künsten wurden aufgehoben. Die Form eines Gegenstandes wurde aus den Gegebenheiten seines Materials und seiner Funktion entwickelt. Materialgerechtigkeit wurde zur Forderung. Zu den formalen Besonderheiten zählen Flächenhaftigkeit und Betonung der Linie als dynamisch bewegtes Ausdrucksmittel, der sich eine vegetative Ornamentik unterordnet. Den Weg bereiteten W. Morris und die Arts-and-Crafts-Bewegung in England. Von besonderer Bedeutung für den J. war die engl. Buchkunst, die mit A. Beardsley ihren Höhepunkt erreichte. -
In Frankreich entwickelten É. Bernard und Gauguin, angeregt von japan. Farbholzschnitten, einen umrissbetonten Flächenstil. Durch die Plakate von Toulouse-Lautrec wurde der neue Stil populär. In der Architektur trat H. Guimard hervor. Ein Bahnbrecher auf dem Gebiet der Glaskunst war É. Gallé. Schmuck, Möbel und Glasfenster entwarfen G. de Feure, É. Gaillard, R. Lalique und der Tscheche A. Mucha, der sich auch als Plakatkünstler verdient machte. - In Belgien trafen die Einflüsse von England und Frankreich zusammen; der einflussreichste Künstler der Jh.wende wurde H. van de Velde; bed. Architektur- und Innenarchitekturleistungen von V. Horta und P. Hankar. - In Deutschland erfolgte der Aufbruch in München, wo u. a. F. von Stuck, O. Eckmann, H. Obrist, A. Endell, R. Riemerschmid wirkten. Darmstadt wurde durch die Gründung einer Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe, der u. a. H. van de Velde und P. Behrens angehörten, ein weiteres fruchtbares Zentrum. - Der österr. J. war an Wien gebunden; zentrale Figur war der Maler G. Klimt. - Bedeutende Maler des J. sind v. a. der Norweger E. Munch und der Schweizer F. Hodler. Überragende Persönlichkeiten des J. sind ferner der Architekt A. Gaudí in Spanien, der Glaskünstler L. C. Tiffany in den USA, der Goldschmied P. C. Fabergé in Russland.In der Literatur bezieht sich der Begriff J. vorwiegend auf die literar. Kleinform, bes. auf die Lyrik (v. a. O. J. Bierbaum, E. von Wolzogen, R. Dehmel, A. Mombert, E. Stucken) um die Jahrhundertwende, jedoch auch auf die Dichtungen von S. George, R. M. Rilke, H. von Hofmannsthal, E. Lasker-Schüler und G. Heym, soweit sie in dieser Zeit entstanden.
▣ Literatur:
Jost, D.: Literar. J. Stuttgart 21980.
⃟ Haslam, M.: J. Seine Kontinuität in den Künsten. A. d. Engl. Stuttgart 1990.
⃟ Eschmann, K.: J. Ursprünge, Parallelen, Folgen. Göttingen u. a. 1991.
⃟ Sternberger, D.: Über J. Tb.-Ausg. Frankfurt am Main 41991.
⃟ Bangert, A. u. Fahr-Becker, G.: J. Möbel u. Glas, Schmuck u. Malerei. München 1992.
⃟ J., hg. v. J. Hermand. Darmstadt 31992.
⃟ Langer, A.: J. u. Buchkunst. Leipzig 1994.
⃟ Fahr-Becker, G.: J. Köln 1996.
⃟ Sembach, K.-J.: J. Die Utopie der Versöhnung. Köln u. a. 1996.
Jugendstil,dt. Bez. einer internat. Stilrichtung von etwa 1890 bis 1914, die in Frankreich und Belgien Art nouveau, in England Modern Style, in Österreich Sezessionsstil genannt wird. - Der J., benannt nach der Münchner Ztschr. »Jugend« (1896-1940), ist als Bewegung gegen die historisierenden Stile des 19. Jh. entstanden. Er suchte nach neuen Formen, die alle Bereiche der Kunst und des Lebens durchdringen sollten. Die Grenzen zw. den Künsten wurden aufgehoben. Die Form eines Gegenstandes wurde aus den Gegebenheiten seines Materials und seiner Funktion entwickelt. Materialgerechtigkeit wurde zur Forderung. Zu den formalen Besonderheiten zählen Flächenhaftigkeit und Betonung der Linie als dynamisch bewegtes Ausdrucksmittel, der sich eine vegetative Ornamentik unterordnet. Den Weg bereiteten W. Morris und die Arts-and-Crafts-Bewegung in England. Von besonderer Bedeutung für den J. war die engl. Buchkunst, die mit A. Beardsley ihren Höhepunkt erreichte. -
In Frankreich entwickelten É. Bernard und Gauguin, angeregt von japan. Farbholzschnitten, einen umrissbetonten Flächenstil. Durch die Plakate von Toulouse-Lautrec wurde der neue Stil populär. In der Architektur trat H. Guimard hervor. Ein Bahnbrecher auf dem Gebiet der Glaskunst war É. Gallé. Schmuck, Möbel und Glasfenster entwarfen G. de Feure, É. Gaillard, R. Lalique und der Tscheche A. Mucha, der sich auch als Plakatkünstler verdient machte. - In Belgien trafen die Einflüsse von England und Frankreich zusammen; der einflussreichste Künstler der Jh.wende wurde H. van de Velde; bed. Architektur- und Innenarchitekturleistungen von V. Horta und P. Hankar. - In Deutschland erfolgte der Aufbruch in München, wo u. a. F. von Stuck, O. Eckmann, H. Obrist, A. Endell, R. Riemerschmid wirkten. Darmstadt wurde durch die Gründung einer Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe, der u. a. H. van de Velde und P. Behrens angehörten, ein weiteres fruchtbares Zentrum. - Der österr. J. war an Wien gebunden; zentrale Figur war der Maler G. Klimt. - Bedeutende Maler des J. sind v. a. der Norweger E. Munch und der Schweizer F. Hodler. Überragende Persönlichkeiten des J. sind ferner der Architekt A. Gaudí in Spanien, der Glaskünstler L. C. Tiffany in den USA, der Goldschmied P. C. Fabergé in Russland.In der Literatur bezieht sich der Begriff J. vorwiegend auf die literar. Kleinform, bes. auf die Lyrik (v. a. O. J. Bierbaum, E. von Wolzogen, R. Dehmel, A. Mombert, E. Stucken) um die Jahrhundertwende, jedoch auch auf die Dichtungen von S. George, R. M. Rilke, H. von Hofmannsthal, E. Lasker-Schüler und G. Heym, soweit sie in dieser Zeit entstanden.
▣ Literatur:
Jost, D.: Literar. J. Stuttgart 21980.
⃟ Haslam, M.: J. Seine Kontinuität in den Künsten. A. d. Engl. Stuttgart 1990.
⃟ Eschmann, K.: J. Ursprünge, Parallelen, Folgen. Göttingen u. a. 1991.
⃟ Sternberger, D.: Über J. Tb.-Ausg. Frankfurt am Main 41991.
⃟ Bangert, A. u. Fahr-Becker, G.: J. Möbel u. Glas, Schmuck u. Malerei. München 1992.
⃟ J., hg. v. J. Hermand. Darmstadt 31992.
⃟ Langer, A.: J. u. Buchkunst. Leipzig 1994.
⃟ Fahr-Becker, G.: J. Köln 1996.
⃟ Sembach, K.-J.: J. Die Utopie der Versöhnung. Köln u. a. 1996.