Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Jugendbewegung
Jugendbewegung,eine pädagog., geistige und kulturelle Erneuerungsbewegung, die um 1900 entstand. In der Absicht, aus eigener Kraft eine selbstverantwortl. Lebensgestaltung zu finden, bildeten sich Jugendgruppen, die - im Ausbruch aus Stadtleben und Ind.gesellschaft - durch Wanderfahrten (Wandervogel), Lagerleben, Pflege des Volkstanzes und -liedes, des Laienspiels und einfache Kleidung eine auf Freundschaft gegründete Gemeinschaft suchten. Ein Gegengewicht zu völk. Schwärmertum entstand 1908 mit der »Dt. Akadem. Freischar«. In Opposition zu student. Korporationen formierte sich 1913 die »Freidt. Jugend« auf dem Hohen Meißner (Meißnerformel). Nach dem Ersten Weltkrieg nahm die schon vorher erkennbare Zersplitterung der J. zu. Es entstanden völk. (z. B. Bünd. Jugend; seit 1923 auch zusammenfassende Bez. für alle politisch und konfessionell unabhängigen Jugendbünde), religiöse (z. B. Quickborn), weltbürgerlich-pazifist. und sozialist. Gruppen (z. B. Falken). - Die Arbeiterjugendbewegung entstand in Dtl. nach 1900 aus Jugendgruppen der Arbeiterbildungsvereine. Gruppen in Offenbach, Mannheim, Ludwigshafen u. a. schlossen sich 1906 unter Führung des Sozialdemokraten Ludwig Frank (* 1874, ✝ 1914) zum »Verband junger Arbeiter Dtl.s« zusammen (Jugendzeitung »Die junge Garde«, seit 1906). Unabhängig davon waren Ende 1904 in Berlin und Hamburg als »unpolitisch freie Jugendbünde« Gruppen der arbeitenden Jugend entstanden; sie bildeten 1906 die »Vereinigung der freien Jugendorganisationen Dtl.s«. 1908 wurde eine »Zentralstelle für die arbeitende Jugend Dtl.s« gegr., in der die Gründungsverbände aufgingen (Organ: »Arbeiterjugend«). 1919 löste der »Hauptvorstand des Verbands der Arbeiterjugend« die Zentralstelle ab. Danach spalteten sich die »Freie proletar. Jugend« und die »Kommunist. Jugend« ab. - Soweit Verbände der J. nicht in der Hitlerjugend aufgingen, wurden sie 1933 verboten. Nach 1945 wurden Jugendverbände unter anderem Vorzeichen (wieder) gegründet.
Literatur:
Lütkens, C.: Die dt. J. Ein soziolog. Versuch. Neuausg. Münster 1986.
Brand, V.: Jugendkulturen u. jugendl. Protestpotential. Sozialgeschichtl. Untersuchung des Jugendprotestes von der J. zu Beginn des Jh. bis zu den Jugendkulturen der gegenwärtigen Risikogesellschaft. Frankfurt am Main u. a. 1993.
Klönne, A.: Jugend im Dritten Reich. Neuausg. München u. a. 1995.
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