Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Jean Paul
Jean Paul[ʒã-], eigtl. Johann Paul Friedrich Richter, Schriftsteller, * Wunsiedel 21. 3. 1763, ✝ Bayreuth 14. 11. 1825; Pfarrerssohn, studierte Theologie, war dann Hauslehrer. In Weimar (1796; 1798-1800) schloss er Freundschaft mit Herder; 1801 Heirat mit Caroline Mayer (* 1777, ✝ 1860), nahm 1804 seinen ständigen Wohnsitz in Bayreuth. Seine dichter. Weltauffassung ist ebenso geprägt von dem durch Rousseau geweckten schwärmer. Gefühl wie von der Erfahrung der herrschenden sozialen Verhältnisse und der Enttäuschung über den Verlauf der Frz. Revolution. Die in der Gestaltungsweise an L. Sterne und H. Fielding anknüpfenden Werke sind bestimmt vom Widerstreit zw. Idealität und Banalität, Ewigkeit und Vergänglichkeit (»Die unsichtbare Loge«, R., 1793, 2 Bde.; »Hesperus«, R., 1795, 3 Bde.). Eine Lösung bringt der Humor, der die Gebrechen der Welt ohne Bitterkeit annimmt (»Blumen-Frucht- und Dornenstücke oder Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. S. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel«, 1796, 3 Bde.; »Titan«, 1800-03, 4 Bde.; »Flegeljahre. Eine Biographie«, 1804/05, 2 Bde.). Das Gewicht der Darstellung liegt auf den seel. Vorgängen; in den meist fragmentar. Romanen wird der Fortgang der Handlung durchbrochen von Abschweifungen, Reflexionen, Kommentaren; Gegenständliches wird Chiffre für Seelisches. Außerordentlich ist der Reichtum der bildhaften Sprache (»Leben des Quintus Fixlein, aus fünfzehn Zettelkästen gezogen«, erschienen 1795; »J. P.s biograph. Belustigungen unter der Gehirnschale einer Riesin«, erschienen 1796). Theoret. Schriften geben Einblicke in den Vorgang poet. Produktion (»Vorschule der Ästhetik ...«, 1804, 3 Bde.).
Literatur:
Bruyn, G. de: Das Leben des J. P. Friedrich Richter. Eine Biographie. Tb-Ausg. Frankfurt am Main 6.-7. Tsd. 1993.
Ueding, G.: J. P. München 1993.
Müller, Götz: J. P. im Kontext, hg. v. W. Riedel. Würzburg 1994.
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