Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
indogermanische Sprachen
indogermanische Sprachen(indoeuropäische Sprachen), Sprachfamilie, die schon zu Beginn der geschichtl. Überlieferung über ganz Europa und große Teile Vorderasiens und Vorderindiens verbreitet war. In der Neuzeit dehnte sie ihr Gebiet über die anderen Erdteile aus. Die i. S. zeigen in Laut- und Formenstruktur, in Syntax und Wortschatz so viele Übereinstimmungen, dass sie sich alle als genetisch verwandt und als Fortsetzer einer gemeinsamen, rekonstruierten Grundsprache (»Indogermanisch«) erweisen. Allerdings steht der Ansicht von einer einheitlichen Grundsprache heute die Auffassung des Indogermanischen als einer Verschmelzung zweier Komponenten gegenüber (Mischsprachentheorie). Im Einzelnen umfasst die Familie folgende Sprachgruppen: 1. die indoar. Sprachen; 2. die iran. Sprachen; 3. die Kafirsprachen; diese drei Gruppen werden zusammen häufig als indoiran. oder arische Sprachen bezeichnet; 4. die armen. Sprache; 5. die torar. Sprache; 6. die hethitisch-luw. Sprachen; 7. das Phrygische; 8. das Thrakische und das Dakische; 9. die grch. Sprache; 10. die alban. Sprache; 11. das Illyrische; 12. die italischen Sprachen; 13. die kelt. Sprachen; 14. die german. Sprachen; 15. die slaw. Sprachen; 16. die balt. Sprachen.Die Gemeinsamkeiten von möglichst vielen historisch bezeugten Einzelsprachen und die Erkenntnis von regelmäßigen Lautentsprechungen (Lautgesetzen) ermöglichen zugleich die teilweise Rekonstruktion von Wörtern einer zugrunde liegenden gemeinsamen indogerman. Grundsprache (Stammbaumtheorie). Diese ältere Ansicht wird ergänzt durch die Erkenntnis eines ständigen wechselseitigen Austauschs mit wellenförmiger Ausbreitung der sprachl. Neuerungen (Wellentheorie) und bei wachsender Entfernung zunehmenden Dialektunterschieden (Theorie der schiefen Ebene). Diese Grundsprache ist flektierend (und demzufolge sind alle i. S. primär flektierend) und zeigt als auffälliges Charakteristikum das System des Ablauts. Viele Einzelsprachen sind nur aus schriftl. Aufzeichnungen bzw. durch indirekten Nachweis aus Lehnwörtern rekonstruiert worden. Für die Gliederung des gesamten indogerman. Sprachgebiets spielte in der Forschung die Trennung der i. S. in Kentumsprachen und Satemsprachen eine Rolle (entsprechend der jeweiligen Wiedergabe des palatalen k der erschlossenen indogerman. Grundsprache als Verschlusslaut - in den Kentumsprachen - oder als Zischlaut - in den Salemsprachen); sie verliert jedoch immer mehr an Bedeutung gegenüber der Gliederung in westindogerman. (Keltisch, Italisch, Germanisch) und ostindogerman. Sprachen (Indoiranisch, Baltisch, Slawisch, Griechisch, Armenisch).
Literatur:
Lockwood, W. B.: Überblick über die i. S. A. d. Engl. Tübingen 1979.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: indogermanische Sprachen