Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Hörspiel
Hörspiel,für den Rundfunk produzierte literar. Gattung, deren wesentlichstes Merkmal die akust. Unmittelbarkeit ist. Heute unterscheidet man begrifflich das aus dem Bühnenschauspiel entstandene traditionelle oder literar. H. vom experimentellen H., in dem Sprache, Musik, Geräusche als Material für Kompositionen dienen, die nicht mehr figuren- und handlungsbezogen sind, sondern die Sprache und ihre Verwendungsweisen, z. T. das akust. Material insgesamt zum Thema haben. Dem H. verwandt sind die Funkerzählung und das Feature.
Die Geschichte des H. beginnt mit Bearbeitungen v. a. von Theaterstücken (»Radiodrama« gen.). Als erstes Original-H. gilt »Danger« von R. A. W. Hughes (1924). Einen großen Aufschwung nahm das H. nach dem Zweiten Weltkrieg in Dtl. u. a. durch W. Borchert, G. Eich, I. Aichinger, I. Bachmann, F. von Hoerschelmann, A. Andersch, M. Frisch, H. Böll, P. Hirche, W. Weyrauch, M.-L. Kaschnitz, W. Hildesheimer; später traten D. Wellershoff, G. Wohmann, E. Jandl, L. Harig, F. Mon u. a. hervor, mit Originalton-H. (Collage aus direkt aufgenommenem akust. Material) F. Kriwet, P. Wühr, J. Alberts, V. Friesel, R. Hey. Durch Stereophonie und Kunstkopftechnik ergaben sich neue dramaturg. Bedingungen für einen perfekten Illusionismus und die Schaffung völlig abstrakter Sprachgewebe, die ausschl. musikal. Gesetzen folgen (J. Cage: »Roaratorio«, 1979). - Wichtigster H.-Preis ist der Hörspielpreis der Kriegsblinden; für das experimentelle H. seit 1970 der Karl-Sczuka-Preis.
Literatur:
C. W. Thomsen Grundzüge der Geschichte des europ. H., hg. v. u. I. Schneider. Darmstadt 1985.
Döhl, R.: Das neue H. Darmstadt 21992.
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