Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Humboldt
Hụmboldt,1) Alexander Freiherr von, Naturforscher und Geograph, * Berlin 14. 9. 1769, ✝ ebd. 6. 5. 1859, Bruder von 2); nach naturwiss. und Bergbaustudien 1792-96 Bergassessor im preuß. Staatsdienst; 1799-1804 forschte er mit dem frz. Botaniker Aimé Bonpland (* 1773, ✝ 1858) im Gebiet der heutigen Staaten Venezuela, Kuba, Kolumbien, Ecuador, Peru, Mexiko und kehrte über Kuba und die USA nach Europa zurück. Mithilfe exakter Messinstrumente verwirklichte H. erstmals ökolog. Landschaftsforschung, führte u. a. genaue Ortsbestimmungen und Höhenmessungen durch (u. a. Bestimmung des Verlaufs des Río Casiquiare, Besteigung des Chimborazo bis 5 400 m ü. M.) und maß die Temperaturen der später nach ihm benannten Meeresströmung (Humboldtstrom). 1807-27 lebte er meist in Paris, wo er seine Expedition im größten privaten Reisewerk der Geschichte »Voyage aux régions équinoxiales du nouveau continent« (36 Lieferungen, 1805-34) auswertete. Mit dieser seiner bedeutendsten Leistung begründete er die Pflanzengeographie und, am Beispiel Mexikos, die moderne Landeskunde. Seine Vorlesungen in Berlin 1827/28 eröffneten eine neue Blütezeit der Naturwiss. in Dtl. 1829 reiste er über das Baltikum und Moskau in den Ural und bis zur chines. Grenze (Zusammenarbeit mit C. F. Gauß). Seit 1830 wieder in Berlin, begann H. mit der Darstellung des gesamten Wissens über die Erde (»Kosmos. Entwurf einer phys. Weltbeschreibung«, 1845-62).
▣ Literatur:
Schleucher, K.: A. von H. Darmstadt 1985.
⃟ Rübe, W.: A. von H. München 1988.
2) Wilhelm Freiherr von, Gelehrter und Politiker, * Potsdam 22. 6. 1767, ✝ Tegel (heute zu Berlin) 8. 4. 1835, Bruder von 1); verkehrte mit seinem Bruder im Salon der Henriette Herz; war nach dem Studium 1790/91 am Berliner Kammergericht. Danach widmete er sich seinen philosophisch-ästhet. und später sprachwiss. Interessen; mit F. H. Jacobi, F. A. Wolf, Schiller und Goethe befreundet. 1794-97 arbeitete er in Jena an Schillers »Horen«. 1802-08 war er preuß. Ministerresident in Rom. Auf Veranlassung des Freiherrn vom Stein wurde er 1809 als Leiter des Kultur- und Unterrichtswesens in das preuß. Innenministerium berufen. H. konzipierte die Berliner Univ. (Humboldt-Universität zu Berlin) und das neuhumanist. Gymnasium (Neuhumanismus). Zum Staatsminister ernannt, ging er 1810 als Gesandter nach Österreich und vertrat Preußen neben Hardenberg 1814/15 auf dem Wiener Kongress. 1816/17 wirkte er als Mitgl. der dt. Territorialkommission in Frankfurt am Main, 1817 ging er als Gesandter nach London. 1819 wurde er Min. für die ständ. und kommunalen Angelegenheiten, doch führten Differenzen mit Hardenberg und seine in Denkschriften geäußerte Ablehnung der Karlsbader Beschlüsse im Dez. 1819 zu seiner Entlassung. Mit H. schied der neben Hardenberg letzte Vorkämpfer einer preuß. Verf. aus der Politik aus.
H. verstand Bildung als universalen, auf die Entfaltung aller Persönlichkeitskräfte gerichteten Prozess. Er lieferte ein Konzept der allgemein bildenden Einheitsschule. Bedeutend für die Entwicklung der Sprachwiss. (N. Chomsky u. a.) war H.s Auffassung, in jeder Sprache sei eine besondere Weltansicht begründet (in der Einleitung zu seinem Werk »Über die Kawi-Sprache auf der Insel Java«, 3 Bde., 1836-40).
Weitere Werke: Prüfung der Untersuchungen über die Urbewohner Hispaniens vermittelst der vaskischen Sprache (1821); Über die Aufgabe des Geschichtsschreibers (1822).
▣ Literatur:
Menze, C.: W. von H.s Lehre u. Bild vom Menschen. Ratingen 1965.
⃟ Borsche, T.: W. von H. München 1990.
Hụmboldt,1) Alexander Freiherr von, Naturforscher und Geograph, * Berlin 14. 9. 1769, ✝ ebd. 6. 5. 1859, Bruder von 2); nach naturwiss. und Bergbaustudien 1792-96 Bergassessor im preuß. Staatsdienst; 1799-1804 forschte er mit dem frz. Botaniker Aimé Bonpland (* 1773, ✝ 1858) im Gebiet der heutigen Staaten Venezuela, Kuba, Kolumbien, Ecuador, Peru, Mexiko und kehrte über Kuba und die USA nach Europa zurück. Mithilfe exakter Messinstrumente verwirklichte H. erstmals ökolog. Landschaftsforschung, führte u. a. genaue Ortsbestimmungen und Höhenmessungen durch (u. a. Bestimmung des Verlaufs des Río Casiquiare, Besteigung des Chimborazo bis 5 400 m ü. M.) und maß die Temperaturen der später nach ihm benannten Meeresströmung (Humboldtstrom). 1807-27 lebte er meist in Paris, wo er seine Expedition im größten privaten Reisewerk der Geschichte »Voyage aux régions équinoxiales du nouveau continent« (36 Lieferungen, 1805-34) auswertete. Mit dieser seiner bedeutendsten Leistung begründete er die Pflanzengeographie und, am Beispiel Mexikos, die moderne Landeskunde. Seine Vorlesungen in Berlin 1827/28 eröffneten eine neue Blütezeit der Naturwiss. in Dtl. 1829 reiste er über das Baltikum und Moskau in den Ural und bis zur chines. Grenze (Zusammenarbeit mit C. F. Gauß). Seit 1830 wieder in Berlin, begann H. mit der Darstellung des gesamten Wissens über die Erde (»Kosmos. Entwurf einer phys. Weltbeschreibung«, 1845-62).
▣ Literatur:
Schleucher, K.: A. von H. Darmstadt 1985.
⃟ Rübe, W.: A. von H. München 1988.
2) Wilhelm Freiherr von, Gelehrter und Politiker, * Potsdam 22. 6. 1767, ✝ Tegel (heute zu Berlin) 8. 4. 1835, Bruder von 1); verkehrte mit seinem Bruder im Salon der Henriette Herz; war nach dem Studium 1790/91 am Berliner Kammergericht. Danach widmete er sich seinen philosophisch-ästhet. und später sprachwiss. Interessen; mit F. H. Jacobi, F. A. Wolf, Schiller und Goethe befreundet. 1794-97 arbeitete er in Jena an Schillers »Horen«. 1802-08 war er preuß. Ministerresident in Rom. Auf Veranlassung des Freiherrn vom Stein wurde er 1809 als Leiter des Kultur- und Unterrichtswesens in das preuß. Innenministerium berufen. H. konzipierte die Berliner Univ. (Humboldt-Universität zu Berlin) und das neuhumanist. Gymnasium (Neuhumanismus). Zum Staatsminister ernannt, ging er 1810 als Gesandter nach Österreich und vertrat Preußen neben Hardenberg 1814/15 auf dem Wiener Kongress. 1816/17 wirkte er als Mitgl. der dt. Territorialkommission in Frankfurt am Main, 1817 ging er als Gesandter nach London. 1819 wurde er Min. für die ständ. und kommunalen Angelegenheiten, doch führten Differenzen mit Hardenberg und seine in Denkschriften geäußerte Ablehnung der Karlsbader Beschlüsse im Dez. 1819 zu seiner Entlassung. Mit H. schied der neben Hardenberg letzte Vorkämpfer einer preuß. Verf. aus der Politik aus.
H. verstand Bildung als universalen, auf die Entfaltung aller Persönlichkeitskräfte gerichteten Prozess. Er lieferte ein Konzept der allgemein bildenden Einheitsschule. Bedeutend für die Entwicklung der Sprachwiss. (N. Chomsky u. a.) war H.s Auffassung, in jeder Sprache sei eine besondere Weltansicht begründet (in der Einleitung zu seinem Werk »Über die Kawi-Sprache auf der Insel Java«, 3 Bde., 1836-40).
Weitere Werke: Prüfung der Untersuchungen über die Urbewohner Hispaniens vermittelst der vaskischen Sprache (1821); Über die Aufgabe des Geschichtsschreibers (1822).
▣ Literatur:
Menze, C.: W. von H.s Lehre u. Bild vom Menschen. Ratingen 1965.
⃟ Borsche, T.: W. von H. München 1990.