Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Homer
I Homer(grch. Homeros), grch. Dichter, lebte im 8. Jh. v. Chr. im ion. Kleinasien. Als legendär erscheint die Blindheit des Dichters. Unter seinem Namen werden die Epen »Ilias« und »Odyssee« tradiert. Die moderne Philologie nimmt jedoch im Allg. an, dass beide Werke nicht vom gleichen Verfasser stammen; ihr zeitl. Abstand dürfte etwa eine Generation betragen. Die »Ilias«, als deren Verfasser H. heute gilt, ist das älteste erhaltene Großepos der europ. Literatur (etwa 16 000 Verse); es behandelt die entscheidenden 51 Tage der zehnjährigen Belagerung Trojas. Die Geschehnisse sind unter die leitende Idee des Achilleuszornes gestellt. Zahlr. Episoden unterbrechen den Gang der Handlung, wobei in wechselnder Folge grch. und trojan. Helden als Protagonisten hervortreten. Parallel zum menschl. Geschehen läuft eine Götterhandlung; die Götter suchen den Gang der Ereignisse nach ihrem Willen zu lenken. Ob hinter dem Epos ein konkretes myken. Unternehmen gegen Troja steht, ist umstritten. Als Versmaß verwandte H. den Hexameter, der bei ihm bereits seine klass. Gestalt gefunden hat. Seine Sprache ist eine typ. Kunstsprache mit ionisch-äol. Elementen. Die ep. Technik charakterisieren stehende Beiwörter (Epitheta) und Verswiederholungen, formelhafte Verse und typ. Szenen. Die »Odyssee« (etwa 12 000 Verse) ist der Bericht von den zehnjährigen Irrfahrten des Odysseus, die sich an die Eroberung Trojas anschließen, und von dessen Heimkehr nach Ithaka. Einen eigenen Handlungszug bildet die »Telemachie«: Telemach, der Sohn des Odysseus, ist ein junger Mensch, der sich zum ersten selbstständigen Handeln entschließt, indem er sich aufmacht, um nach dem Schicksal des Vaters zu forschen. In Dtl. entstanden im 18. Jh. die H.-Übersetzungen von A. Bürger, C. und F. Grafen zu Stolberg und bes. von J. H. Voss (»Odyssee«, 1781; »Ilias«, 1793), weitere von R. A. Schröder (»Odyssee«, 1929; »Ilias«, 1943), T. von Scheffer, W. Schadewaldt, H. Rupé, A. Weiher. Die homer. Frage der Neuzeit, inwieweit H. Verfasser der Epen ist, wird heute dahingehend beantwortet, dass eine jahrhundertelange Tradition mündl. Heldendichtung den homer. Epen vorausging; das eigtl. »Homerische« sucht man heute in der dichter. Umgestaltung dieser Tradition zu der die Schriftlichkeit voraussetzenden kunstvollen Komposition von Ilias und Odyssee zu erfassen.
▣ Literatur:
Latacz, J.: H. Der erste Dichter des Abendlandes. München u. a. 21989.
⃟ H. Die Dichtung u. ihre Deutung, hg. v. J. Latacz. Darmstadt 1991.
⃟ Bannert, H.: H. mit Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten. Reinbek 23.-25. Tsd., 51992.
II Homer
['həʊmə], Winslow, amerikan. Maler, * Boston (Mass.) 24. 2. 1836, ✝ Prout's Neck (Me.) 29. 9. 1910; anfänglich Zeitschriftenillustrator, nach Teilnahme am Bürgerkrieg schuf er in naturalist. Manier Küstenlandschaften und Meeresbilder, auch Genrebilder sowie zahlreiche Aquarelle.
I Homer(grch. Homeros), grch. Dichter, lebte im 8. Jh. v. Chr. im ion. Kleinasien. Als legendär erscheint die Blindheit des Dichters. Unter seinem Namen werden die Epen »Ilias« und »Odyssee« tradiert. Die moderne Philologie nimmt jedoch im Allg. an, dass beide Werke nicht vom gleichen Verfasser stammen; ihr zeitl. Abstand dürfte etwa eine Generation betragen. Die »Ilias«, als deren Verfasser H. heute gilt, ist das älteste erhaltene Großepos der europ. Literatur (etwa 16 000 Verse); es behandelt die entscheidenden 51 Tage der zehnjährigen Belagerung Trojas. Die Geschehnisse sind unter die leitende Idee des Achilleuszornes gestellt. Zahlr. Episoden unterbrechen den Gang der Handlung, wobei in wechselnder Folge grch. und trojan. Helden als Protagonisten hervortreten. Parallel zum menschl. Geschehen läuft eine Götterhandlung; die Götter suchen den Gang der Ereignisse nach ihrem Willen zu lenken. Ob hinter dem Epos ein konkretes myken. Unternehmen gegen Troja steht, ist umstritten. Als Versmaß verwandte H. den Hexameter, der bei ihm bereits seine klass. Gestalt gefunden hat. Seine Sprache ist eine typ. Kunstsprache mit ionisch-äol. Elementen. Die ep. Technik charakterisieren stehende Beiwörter (Epitheta) und Verswiederholungen, formelhafte Verse und typ. Szenen. Die »Odyssee« (etwa 12 000 Verse) ist der Bericht von den zehnjährigen Irrfahrten des Odysseus, die sich an die Eroberung Trojas anschließen, und von dessen Heimkehr nach Ithaka. Einen eigenen Handlungszug bildet die »Telemachie«: Telemach, der Sohn des Odysseus, ist ein junger Mensch, der sich zum ersten selbstständigen Handeln entschließt, indem er sich aufmacht, um nach dem Schicksal des Vaters zu forschen. In Dtl. entstanden im 18. Jh. die H.-Übersetzungen von A. Bürger, C. und F. Grafen zu Stolberg und bes. von J. H. Voss (»Odyssee«, 1781; »Ilias«, 1793), weitere von R. A. Schröder (»Odyssee«, 1929; »Ilias«, 1943), T. von Scheffer, W. Schadewaldt, H. Rupé, A. Weiher. Die homer. Frage der Neuzeit, inwieweit H. Verfasser der Epen ist, wird heute dahingehend beantwortet, dass eine jahrhundertelange Tradition mündl. Heldendichtung den homer. Epen vorausging; das eigtl. »Homerische« sucht man heute in der dichter. Umgestaltung dieser Tradition zu der die Schriftlichkeit voraussetzenden kunstvollen Komposition von Ilias und Odyssee zu erfassen.
▣ Literatur:
Latacz, J.: H. Der erste Dichter des Abendlandes. München u. a. 21989.
⃟ H. Die Dichtung u. ihre Deutung, hg. v. J. Latacz. Darmstadt 1991.
⃟ Bannert, H.: H. mit Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten. Reinbek 23.-25. Tsd., 51992.
II Homer
['həʊmə], Winslow, amerikan. Maler, * Boston (Mass.) 24. 2. 1836, ✝ Prout's Neck (Me.) 29. 9. 1910; anfänglich Zeitschriftenillustrator, nach Teilnahme am Bürgerkrieg schuf er in naturalist. Manier Küstenlandschaften und Meeresbilder, auch Genrebilder sowie zahlreiche Aquarelle.