Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Holzschnitt
Holzschnitt,graf. Technik, bei der eine Zeichnung erhaben aus einer Holzplatte (Holzstock) herausgeschnitten und nach Einfärben gedruckt wird, sowie der von dieser Platte auf Papier abgezogene Druck. Auf der geglätteten, meist mit einer dünnen Kreideschicht überzogenen Oberfläche eines etwa 2 cm dicken Holzstocks wird das Bild des Künstlers (im MA. des »Reißers«) zuerst vorgezeichnet (seitenvertauscht im Verhältnis zum späteren Abzug), dann wird von dem Formschneider (der auch der entwerfende Künstler selbst sein kann) mit dem Messer, später auch Stichel, so viel Holz ausgehoben, dass die übrig bleibenden Stege oder Flächen das vorgezeichnete Bild abdrucken können. Abgedruckt wird mit der Hand oder mit der Druckerpresse. Als Holzstöcke dienten bis zum 18. Jh. in der Längsrichtung des Stammes geschnittene und mit dem Schneidemesser bearbeitete Langholzplatten aus Birn- oder Nussbaum. Für den im 19. Jh. bevorzugten Holzstich (Xylographie) wird Hirnholz (meist Buchsbaum) verwendet, in das feine Linien mit dem Holzstichel gestochen werden. Aus dem Holzstich entwickelte sich der Tonstich, der Halbtöne wiedergibt. Von zwei oder mehr Platten gedruckt werden der Helldunkelschnitt (Clair-obscur-Schnitt) und der Farb-H. Beim Weißschnitt erscheinen in das Holz geritzte Linien weiß auf schwarzem Grund.Geschichte: Die ältesten H. entstanden in China (Funde aus dem 7. Jh.) und in Japan (8. Jh.). In China sind Farb-H. aus der Zeit um 1600 erhalten. Bekannt sind v. a. die H. der vielbändigen Mallehrbücher »Zehnbambushalle« (1643 ff.) und »Senfkorngarten« (1679 ff.). In Japan begann im 17. Jh. die Blütezeit des H. als Gattung des Ukiyo-e. Im 18. Jh. kamen der Vielfarbendruck und die Blindpressung auf (Harunobu). Stilprägend wurden Moronobu mit klarer Linienzeichnung, expressiv Sharaku, psychologisierend Utamaro; für den europ. H. erlangten v. a. Hokusai und Hiroshige Bedeutung. In Europa, wo der H. in der zweiten Hälfte des 14. Jh. aufkam, verwendete man ihn für Einblattdrucke, Blockbücher, dann Illustrationen. Die frühen, auf Umrisse beschränkten H. wurden farbig ausgemalt (handkolorierte H.). Um 1450 begann man auch die Binnenform mit Linienwerk zu füllen und auf Farben zu verzichten. 1498 erschien die Apokalypse, die erste der graf. Folgen A. Dürers. Die neben den Werken Dürers hervorragendsten H. der Zeit schufen L. Cranach d. Ä., H. Baldung, A. Altdorfer, H. Burgkmair und H. Holbein d. J. Nach Dürer verlor der H. an Bedeutung. Im 17. und 18. Jh. wurde er durch den Kupferstich verdrängt. Im 19. Jh. verbreitete sich der von T. Bewick erfundene Holzstich bes. in Frankreich (G. Doré u. a.). Dt. Künstler, bes. A. Rethel, hielten zunächst noch an der alten Technik fest. Die Zeichnungen A. Menzels zur Gesch. Friedrichs d. Gr. (1840) wurden dagegen von Holzstechern übertragen. Eine Wiederbelebung ging gegen Ende des 19. Jh. von England aus (Höhepunkt mit den Jugendstil-H. A. Beardsleys). Neue Ausdruckswirkungen fanden der Norweger E. Munch und die dt. Expressionisten (E. Nolde, F. Marc, M. Beckmann), sie wurden von F. Masereel, C. Felixmüller und HAP Grieshaber weiterentwickelt. Buch-H. schuf vor allem A. Maillol.
▣ Literatur:
Michener, J. A.: Japanische H.e von den frühen Meistern bis zur Neuzeit. München 1961.
⃟ Hansen, H. W.: Dt. Holzschnittmeister des 20. Jh. Toppenstedt 21979.
⃟ Amann, P.: Der H. Sonderausg. Kirchdorf a. Inn 1988.
⃟ Der dt. H. im 20. Jh., hg. v. G. Thiem, Ausst.-Kat. Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart. Berlin 21988.
▣ Literatur:
Michener, J. A.: Japanische H.e von den frühen Meistern bis zur Neuzeit. München 1961.
⃟ Hansen, H. W.: Dt. Holzschnittmeister des 20. Jh. Toppenstedt 21979.
⃟ Amann, P.: Der H. Sonderausg. Kirchdorf a. Inn 1988.
⃟ Der dt. H. im 20. Jh., hg. v. G. Thiem, Ausst.-Kat. Institut für Auslandsbeziehungen, Stuttgart. Berlin 21988.