Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Hochschulen
Hochschulen,Einrichtungen im Bereich des Bildungswesens, die Aufgaben in Lehre und Forschung wahrnehmen und damit der Pflege und Entwicklung von Wiss. und Künsten dienen und auf akadem. und künstler. Berufe vorbereiten. Dazu gehören Univ., techn. H. (TH) bzw. Univ. (TU), Univ.-Gesamt-H. (U-GH), pädagog. H. (PH), H. für Medizin, Tiermedizin, Sport, Wirtschaft oder Handel, Kunst-H. (H. für bildende Kunst, darstellende Kunst und Musik), kirchl. H. (theolog. oder philosoph.-theolog. H.) sowie Fach-H. Unter wiss. H. i. e. S. werden Univ., TU, TH, U-GH, Bundeswehruniv. sowie H., die nur eine wiss. Disziplin (auf Universitätsebene) anbieten, verstanden. Wiss. H. sind berechtigt, akadem. Grade zu verleihen. Voraussetzung für die Zulassung zum Studium an einer H. ist die Hochschulreife.H. in Dtl. sind mit wenigen Ausnahmen Körperschaften des öffentl. Rechts und zugleich staatl. Einrichtungen in der Trägerschaft der einzelnen Bundesländer. Im Rahmen der entsprechenden gesetzl. Bestimmungen und rechtl. Verordnungen haben H. das Recht zur Selbstverw. und eigenverantwortl. Gestaltung ihrer Grundordnungen, an der heute alle Gruppen (Professoren, Hochschulassistenten, wiss. Mitarbeiter wie Lehrbeauftragte und Tutoren, Studenten, techn. und Verwaltungspersonal) mit deutlich unterschiedl. Stimmenanteil beteiligt sind. Mit dem Hochschulrahmen-Ges. von 1976 (inzwischen mehrfach geändert) existiert eine bundesrechtl. Grundlage für das Hochschulwesen, die u. a. versch. Rahmenbedingungen, Entscheidungsbefugnisse, Regelstudienzeiten und Vergabekriterien für Studienplätze in Numerus-clausus-Fächern festlegt.Das heutige Hochschulwesen fußt auf den im MA. entstandenen Univ., die aus privaten Gelehrtenschulen, bes. Rechts- und Medizinschulen, und/oder deren Studentenschaften, Kloster- und Domschulen hervorgingen. Anfang des 13. Jh. erhielten die ersten Einrichtungen vorwiegend dank städt. oder fürstl. Initiative kaiserl. und päpstl. Privilegien wie Satzungsautonomie, Lehrfreiheit und eigene Gerichtsbarkeit verliehen; erstmals Bologna um 1200 (gegr. 1119 als Rechtsschule), es folgten im frühen 13. Jh. Salerno (gegr. um 1050 als Medizinschule), Montpellier (im 12. Jh. gegr. als Rechtsschule), Oxford (Zusammenschluss von Magistern und Scholaren; seit dem 12. Jh. mehrere Klosterschulen), Cambridge (durch Abwanderung aus Oxford 1209), Salamanca (vor 1218; gegr. als Domschule), Padua (durch Abwanderung aus Bologna 1222), Paris (gegr. 1257 als Domschule mit Internat, klösterl. Schulbetrieb seit um 1150). Eine neue mittelalter. Gründungswelle folgte Mitte des 14 Jh.: Prag (1348), Wien (1365), Heidelberg (1386), Köln (1388), Erfurt (1392 Eröffnung) sowie Leipzig (1409) u. a. Eine bis heute nachwirkende Neuorientierung brachte der Neuhumanismus: Die Humboldt-Universität zu Berlin (1810) wurde zum Modell einer auf der Einheit von Forschung und Lehre beruhenden Reform der Univ. Im 19. Jh. entstanden techn. Spezialschulen, die gegen Ende des Jahrhunderts den Stand techn. H. erreicht hatten und um die Jahrhundertwende den Univ. gleichgestellt wurden. Die seit 1926 gegründeten pädagog. Akademien zur Lehrerausbildung sind heute meist in Univ. integriert, in einigen Bundesländern bestehen sie noch als selbstständige Einrichtungen (Pädagog. Hochschulen). Seit den 1960er-Jahren erfolgte ein verstärkter Ausbau der H. (einschl. neuer Formen wie Gesamt-H., Fach-H.), und es wurde eine umfassende Hochschulreform in Angriff genommen. Die Reformbestrebungen richteten sich 1. organisatorisch auf Veränderungen in den Entscheidungsstrukturen an wiss. H. durch Umorganisation der Hochschulleitung, Repräsentation und Mitbestimmung aller Gruppen, öffentl. Ausschreiben von Lehrstühlen u. a. (»Demokratisierung der H.«); 2. materiell auf Verbesserungen der sozialen Sicherung von Studenten (Ausbildungsförderung, Wohnheimbau) wie der Stellung der wiss. Mitarbeiter und den weiteren Ausbau der H.; 3. strukturell auf Erweiterung des Lehrpersonals um den so genannten wiss. Mittelbau und im Sinne einer stärkeren Durchsichtigkeit auf Neugliederung des Hochschul- und Studiengangsystems; 4. inhaltlich auf Maßnahmen der Studienreform wie z. B. Orientierung der wiss. Ausbildung an Berufspraxis, Zwischenprüfungen, Neuerstellen von Studien- und Prüfungsordnungen.In Österreich bestehen fünf Univ. (Wien, Graz, Linz, Innsbruck, Salzburg), zwei TU (Wien, Graz), eine Montanuniv. (Leoben), die Univ. für Bodenkultur (Wien), die Veterinärmedizin. Univ. (Wien), die Wirtschaftsuniv. (Wien) und die Univ. für Bildungswiss. (Klagenfurt).
In der Schweiz gibt es sieben Univ. (Basel, Bern, Freiburg, Genf, Lausanne, Neuenburg, Zürich), zwei techn. H. (ETH Zürich, EPF Lausanne) und die H. für Wirtschafts- und Sozialwiss. (St. Gallen).
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