Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Historienmalerei
Histori|enmalerei,Gattung der Malerei, die geschichtl. Ereignisse, i. w. S. auch bibl. Szenen sowie Erzählstoffe aus Legende, Sage und Dichtung, zum Inhalt hat. - Darstellungen geschichtl. Geschehnisse finden sich schon in den frühen Hochkulturen, z. B. in der ägypt. Kunst Schlachtendarstellungen in den Tempeln Sethos' I. und Ramses' II. und aus der Zeit Ramses' III. Von dokumentar. Wert ist die H. der Assyrer unter Assurnasirpal II. bis zu Assurbanipal. Bei den Griechen ist die Darstellung geschichtl. Ereignisse mit mytholog. Vorstellungen verquickt (Alexanderschlacht). Die Römer kannten diese H. in Form von Reliefs, bes. häufig in der Kaiserzeit an Triumphbögen und Triumphsäulen (Trajan und Mark Aurel).
Im MA. spielten Darstellungen von Heiligenlegenden und Szenen aus den Kreuzzügen eine große Rolle. Die Wiederentdeckung der Antike durch die Renaissance führte dazu, dass von der Mitte des 15. Jh. an die antiken Heldengeschichten zum Bildthema der H. wurden. Es entstanden drei Epoche machende Schlachtenbilder: Leonardo da Vincis »Schlacht von Anghiari« (Karton von 1503-05; verschollen), Michelangelos »Überfall bei den Cascine« (Karton verschollen, Federzeichnung von 1505 erhalten) und Tizians »Schlacht bei Cadore« (1538 vollendet, nicht erhalten). Das bedeutendste Werk jener Zeit nördlich der Alpen schuf A. Altdorfer mit der »Alexanderschlacht« (1529). Die H. des Barock erreichte mit Rubens' Medicizyklus (1621-25) und Velázquez' »Schlüsselübergabe von Breda« (1635) ihren Höhepunkt. Neuen Aufschwung nahm die H. mit Erstarken des Bürgertums (J.-L. David, »Schwur der Horatier«, 1784/85). Die H. des 19. Jh. wandte sich der (nat.) Geschichte zu; E. Delacroix, T. Géricault, P. Delaroche, É. Manet in Frankreich, P. Cornelius, A. Rethel, K. F. Lessing, W. von Kaulbach, K. von Piloty, A. von Menzel in Dtl., E. Stückelberg und F. Hodler in der Schweiz. In Süd- und Osteuropa fand v. a. in der H. die Auflehnung gegen Fremdherrschaft und Unterdrückung ihren Ausdruck (u. a. J. Čermák und M. Aleš in Böhmen, T. Aman und N. Grigorescu in Rumänien, J. Kossak, A. Grottger und J. Matejko in Polen sowie I. Repin, W. W. Wereschtschagin und W. M. Wasnezow in Russland). Bittere Anklagen gegen den Krieg erhoben u. a. Goya (»Desastres de la guerra«, 1810-14), Picasso (»Guernica«, 1937). Während in der westl. modernen Kunst die H. in der Folgezeit an Bedeutung verlor, erhielt sie in Osteuropa eine zeitweilige Belebung. Idealisierende Tendenzen zeigten sich bes. in der sowjet. H., in der der Personenkult um Lenin und Stalin mit- oder nachwirkte, fanden sich aber auch neben - gleichnishaften Darstellungen sowie krit. Auseinandersetzungen mit aktuellen Ereignissen- in der H. der DDR. Eine große Bedeutung erlangte die H. innerhalb der mexikan. revolutionären Wandmalerei (Muralismo).
Literatur:
E. Mai, H. in Europa, hg. v. unter Mitarb. v. A. Repp-Eckert. Mainz 1990.
H., hg. v. T. W. Gaehtgens u. U. Fleckner. Berlin 1996.
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