Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Hinduismus
Hinduịsmusder, Religion, der heute etwa 650 Mio. Menschen (überwiegend in Indien) angehören. - Der H. ist keine Stifterreligion, sondern stellt eine Synthese aus den Traditionen des Brahmanismus und volkstüml. Kulten dar. Der H. kennt keine allgemein verbindl. Dogmatik. Seine religionsphilosoph. Grundlage bilden neben den über Jh. nur mündlich tradierten vier Samml. der Veden, auf deren Grundlage die ved. Priester (Brahmanen) seit ca. 800 v. Chr. die ved. Philosophie entwickelt haben, vor allem die »Bhagavadgita«, ein religiös-philosoph. Lehrgedicht aus dem Epos »Mahabharata«. Religiöse Grundelemente des H. sind die Lehre vom Karma und von der Wiedergeburt. Jedes Wesen (einschl. der Götter) durchwandert in ewigem Kreislauf die Welt, je nach seinen guten bzw. bösen Taten als Gott, Mensch, Tier oder in der Hölle. Der endlosen Kette der Wiedergeburten, dem Samsara, zu entrinnen, ist Ziel der Erlösung (Moksha), zu der zahlr. Wege führen, z. B. Askese, Yoga, Gottesliebe (Bhakti) oder mag. Praktiken. Der H. kennt eine Vielzahl von (lokal und regional verehrten) Gottheiten (rd. 33 000), aus der Brahma (der Schöpfer der Welt), Vishnu (der Erhalter) und Shiva (der Zerstörer) als gesamtindisch verehrte Hauptgötter herausragen; sie können menschl. Gestalt annehmen; bekannteste Inkarnationen Vishnus sind Rama und Krishna. Alles Geschehen realisiert sich in einem ewigen Ablauf endlicher, sich wiederholender Weltperioden, die in der Erschaffung durch Brahma ihren Anfang nehmen und in der Zerstörung durch Shiva ihren Abschluss finden. - Seinen soziostrukturellen Ausdruck findet der H. in der Gliederung der Gesellschaft in vier Haupt- und zahlr. Nebenkasten. Obwohl durch den Staat gesetzlich aufgehoben, prägt die Kastenordnung nach wie vor v. a. das gesellschaftl. Leben in den ländl. Regionen Indiens. Je höher der Hindu in der durch das Kastensystem vorgegebenen sozialen Rangordnung steht, desto strenger sind die für ihn geltenden Vorschriften, geregelt in den Dharma-Büchern, deren bekanntestes das Gesetzbuch des Manu ist. Zugrunde liegendes Prinzip der hinduist. Ethik für alle Kasten ist die Übereinstimmung der individuellen Handlungen des gesamten Lebens- und Glaubensvollzugs mit dem ewigen Weltgesetz (Dharma), das den Kosmos ordnet und trägt. Über Indien hinaus bekannt sind v. a. die jährl. großen Wallfahrten nach Varanasi mit dem Ziel eines rituellen Reinigungsbades im hl. Fluss Ganges. - In jüngster Zeit wurde auch ein fundamentalistischer H., Hindutra, aktiv. (indische Philosophie und Religion)
▣ Literatur:
Schneider, U.: Einführung in den H. Darmstadt 21993.
⃟ Hasenfratz, H. P.: Der ind. Weg. Die Spiritualität eines Kontinents entdecken. Freiburg im Breisgau 1994.
⃟ Pöhlmann, H. G.: Begegnungen mit dem H. Frankfurt am Main 1995.
⃟ Meisig, K.: Shivas Tanz. Der H. Freiburg im Breisgau 1996.
Hinduịsmusder, Religion, der heute etwa 650 Mio. Menschen (überwiegend in Indien) angehören. - Der H. ist keine Stifterreligion, sondern stellt eine Synthese aus den Traditionen des Brahmanismus und volkstüml. Kulten dar. Der H. kennt keine allgemein verbindl. Dogmatik. Seine religionsphilosoph. Grundlage bilden neben den über Jh. nur mündlich tradierten vier Samml. der Veden, auf deren Grundlage die ved. Priester (Brahmanen) seit ca. 800 v. Chr. die ved. Philosophie entwickelt haben, vor allem die »Bhagavadgita«, ein religiös-philosoph. Lehrgedicht aus dem Epos »Mahabharata«. Religiöse Grundelemente des H. sind die Lehre vom Karma und von der Wiedergeburt. Jedes Wesen (einschl. der Götter) durchwandert in ewigem Kreislauf die Welt, je nach seinen guten bzw. bösen Taten als Gott, Mensch, Tier oder in der Hölle. Der endlosen Kette der Wiedergeburten, dem Samsara, zu entrinnen, ist Ziel der Erlösung (Moksha), zu der zahlr. Wege führen, z. B. Askese, Yoga, Gottesliebe (Bhakti) oder mag. Praktiken. Der H. kennt eine Vielzahl von (lokal und regional verehrten) Gottheiten (rd. 33 000), aus der Brahma (der Schöpfer der Welt), Vishnu (der Erhalter) und Shiva (der Zerstörer) als gesamtindisch verehrte Hauptgötter herausragen; sie können menschl. Gestalt annehmen; bekannteste Inkarnationen Vishnus sind Rama und Krishna. Alles Geschehen realisiert sich in einem ewigen Ablauf endlicher, sich wiederholender Weltperioden, die in der Erschaffung durch Brahma ihren Anfang nehmen und in der Zerstörung durch Shiva ihren Abschluss finden. - Seinen soziostrukturellen Ausdruck findet der H. in der Gliederung der Gesellschaft in vier Haupt- und zahlr. Nebenkasten. Obwohl durch den Staat gesetzlich aufgehoben, prägt die Kastenordnung nach wie vor v. a. das gesellschaftl. Leben in den ländl. Regionen Indiens. Je höher der Hindu in der durch das Kastensystem vorgegebenen sozialen Rangordnung steht, desto strenger sind die für ihn geltenden Vorschriften, geregelt in den Dharma-Büchern, deren bekanntestes das Gesetzbuch des Manu ist. Zugrunde liegendes Prinzip der hinduist. Ethik für alle Kasten ist die Übereinstimmung der individuellen Handlungen des gesamten Lebens- und Glaubensvollzugs mit dem ewigen Weltgesetz (Dharma), das den Kosmos ordnet und trägt. Über Indien hinaus bekannt sind v. a. die jährl. großen Wallfahrten nach Varanasi mit dem Ziel eines rituellen Reinigungsbades im hl. Fluss Ganges. - In jüngster Zeit wurde auch ein fundamentalistischer H., Hindutra, aktiv. (indische Philosophie und Religion)
▣ Literatur:
Schneider, U.: Einführung in den H. Darmstadt 21993.
⃟ Hasenfratz, H. P.: Der ind. Weg. Die Spiritualität eines Kontinents entdecken. Freiburg im Breisgau 1994.
⃟ Pöhlmann, H. G.: Begegnungen mit dem H. Frankfurt am Main 1995.
⃟ Meisig, K.: Shivas Tanz. Der H. Freiburg im Breisgau 1996.