Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Herzog
I Herzog[ahd. herizogo, urspr. »Heerführer«] (lat. Dux), urspr. bei den german. Völkern der für die Dauer eines Kriegszuges erwählte oberste militär. Befehlshaber (mitunter zum ständigen Heerkönig aufgestiegen); unter den Merowingern ein den Grafen übergeordneter königl. Amtsträger in Grenzbezirken des Frankenreiches. Durch die Schwäche des Königtums erlangten die H. weitgehende Selbstständigkeit und errichteten im 7./8. Jh. die »älteren« erbl. Stammesherzogtümer (z. B. Aquitanien, Bayern, Sachsen), die die Karolinger wieder beseitigten. Nach Versuchen der Zentralgewalt, die Macht der im 9./10. Jh. erneut auftretenden Stammes-H. einzuschränken (u. a. durch lehnsrechtl. Bindung und Neubelebung des amtsherzogl. Status), kam es Ende des 12. Jh./Anfang des 13. Jh. mit der Schaffung neuer Herzogtümer zu einer fortschreitenden Territorialisierung des Hl. Röm. Reiches (Herausbildung von Gebietsherzogtümern). - Ohne Vergabe von Territorium erfolgte die Verleihung lediglich des H.-Titels (Titular-H.) an persönlich dem Reichsfürstenstand zugehörige Hochadlige. - Im spätmittelalterl. und frühneuzeitl. Italien wurden mächtige Stadtherren zu H. erhoben (Mailand, Florenz). In Frankreich war H. (Duc) seit dem 10. Jh. ein Titel der Lehnsfürsten. Auch slaw. Stammesherrscher wurden als H. bezeichnet. In England (Duke) und in den nord. Ländern ist die H.-Würde nur ein Titel des hohen Adels; in neuerer Zeit Rangstufe des Hochadels zw. Großherzog und Fürst.
II Hẹrzog,
1) Chaim, israel. General und Politiker, * Belfast 17. 9. 1918, ✝ Tel Aviv 17. 4. 1997; Mitgl. der Israel. Arbeitspartei, seit 1935 in Palästina, trat der jüd. Selbstverteidigungsorganisation Haganah bei. Er stieg nach der Gründung des Staates Israel (1948) in der Armee auf. 1975-78 war er israel. Chefdelegierter bei der UNO, 1983-93 Staatspräsident.
2) Roman, Staatsrechtslehrer und Politiker (CDU), * Landshut 5. 4. 1934; Prof. in Berlin (seit 1966) und Speyer (seit 1969), 1978-83 Mitgl. der Reg. des Landes Bad.-Württ.; 1983 zum Vizepräs., 1988 zum Präs. des Bundesverfassungsgerichts ernannt. Am 23. 5. 1994 wählte ihn die Bundesversammlung zum Bundespräs. (im Amt seit dem 1. 7. 1994). Auf Anregung von H. wird seit 1996 alljährlich in Dtl. am 27. 1. der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus begangen. H. ist Mit-Hg. des »Evang. Staatslexikons« (31987) sowie vieler Kommentare zu Gesetzen.
3) Rudolf, Schriftsteller, * Barmen (heute zu Wuppertal) 6. 12. 1869, ✝ Rheinbreitbach (bei Bad Honnef) 3. 2. 1943; vertrat in seinen Romanen (»Die Wiskottens«, 1905; »Die Stoltenkamps und ihre Frauen«, 1917) das national gesinnte Bürgertum.
4) Thomas, Architekt, * München 3. 8. 1941; setzt sich bei der Entwicklung baul. Systeme (u. a. für Wohnungs-, Gewerbe- und Ausstellungsbauten) mit dem Einsatz erneuerbarer Energien auseinander; zählt zu den führenden Experten auf dem Gebiet der Solararchitektur.
5) Werner, eigtl. W. H. Stipetic, Filmregisseur und -produzent, * München 5. 9. 1942; drehte seit 1962 Kurz- und Spielfilme, auch einige Dokumentarfilme; schildert in eindringlicher Bildsprache meist Außenseiter der Gesellschaft. - Filme: Lebenszeichen (1967), Aguirre, der Zorn Gottes (1972), Jeder für sich und Gott gegen alle (1974; über Kaspar Hauser), Woyzeck (1979), Nosferatu - Phantom der Nacht (1979), Fitzcarraldo (1982), Cobra Verde (1987), Schrei aus Stein (1991), Lektionen in Finsternis (1992).
6) Wilhelm, Pseud. Julian Sorel, Publizist und Dramatiker, * Berlin 12. 1. 1884, ✝ München 18. 4. 1960; 1909-10 Hg. der Kunst- und Literaturztschr. »Pan«; seine Ztschr. »Das Forum« wurde 1915 wegen ihrer kriegsfeindl. Haltung verboten; 1919 Leiter der sozialist. Tageszeitung »Die Republik«; lebte 1933-52 in der Emigration; schrieb u. a. mit H. J. Rehfisch das Drama »Die Affäre Dreyfus« (UA 1929) sowie Lyrik.
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