Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Hegel
Hegel,Georg Wilhelm Friedrich, Philosoph, * Stuttgart 27. 8. 1770, ✝ Berlin 14. 11. 1831; studierte am Tübinger Stift zus. mit F. Hölderlin und F. W. Schelling, wurde 1805 außerordentl. Prof. in Jena, 1808 Rektor des Gymnasiums in Nürnberg, 1816 Prof. in Heidelberg und 1818 J. G. Fichtes Nachfolger in Berlin. - Als angehender Theologe beteiligte sich H., zunächst von der Aufklärung (v. a. J.-J. Rousseau) beeinflusst, an den Auseinandersetzungen um das Christentum und wandte sich staatsphilosoph. Problemen zu. Einen ersten Höhepunkt ihrer Entwicklung fand H.s Philosophie in seiner »Phänomenologie des Geistes« (1807), die er u. a. in der »Enzyklopädie der philosoph. Wissenschaften im Grundrisse« (1817) ausgestaltete. Im Mittelpunkt seines Systems, in dem er die tradierte aristotel. Metaphysik, die modernen naturwiss. Methoden, das moderne Naturrecht (Locke, Hobbes) und die Theorie der bürgerl. Gesellschaft (Stewart, A. Smith, Ricardo) zum Ausgleich zu bringen versucht, steht das Absolute, der Weltgeist, in seinen verschiedenen Ausgestaltungen. In der »Wiss. der Logik« (2 Bde., 1812-16) stellt H. das Absolute im Zustande des »An-sich-Seins«, in seiner abstrakt-log. Form dar. Die Naturphilosophie beschreibt es - als »Für-sich-Sein« - im Zustand der Entäußerung: In der materiellen Welt der Natur gewinnt das Absolute dingl. Form. Zu sich selbst kommt es durch das immer stärker erwachende Selbstbewusstsein des menschl. Geistes (sein »An-und-für-sich-Sein«, Philosophie des Geistes). Weltgeschichte ist demnach der notwendig fortschreitende Prozess des absoluten Geistes, in welchem er sich seiner Freiheit bewusst wird. Als subjektiver Geist konkretisiert sich das Absolute im menschl. Individuum, als objektiver Geist in Familie, Gesellschaft, Staat, als absoluter Geist in Kunst, Religion und Philosophie. Das Absolute ist für H. nichts unbewegt Substanzielles wie für Parmenides, sondern prozesshaft im Sinne Heraklits; es entwickelt sich »dialektisch«. Die Dialektik ist keine äußerl. Denktechnik, sondern die Entwicklung in Gegensätzen und Widersprüchen (Dreischritt von These, Antithese und Synthese) gehört notwendig zu Geist und Begriff, damit aber auch zur Wirklichkeit selbst (Realdialektik). - Gehalt und Methoden der Philosophie H.s waren von großem Einfluss sowohl auf philosophisch-geisteswiss. wie auf politisch-soziales Denken. Bes. nachhaltig wirkten die »Phänomenologie des Geistes« (1807), in der einzelne Formen des Bewusstseins und sittl. Einstellungen als für geschichtl. Epochen repräsentativ erscheinen, die Philosophie der Weltgeschichte (die Staaten als Manifestationen der Volksgeister, aus der geschichtl. Abfolge ergibt sich »Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit«), die v. a. in den »Grundlinien der Philosophie des Rechts« (1820) dargestellte Rechts- und Staatsphilosophie (»Sittlichkeit« zeigt sich hiernach konkret in der Familie, in der bürgerl. Gesellschaft und im Staat); Letztere, ein konstitutionell-monarchisch geprägter Liberalismus, wurde v. a. von konservativen Ideologen ausgewertet. Zur Wirkungsgesch. Hegelianismus, Neuhegelianismus.
▣ Literatur:
Wiedmann, F.: G. W. F. H. mit Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten. Reinbek 76.-78. Tsd. 1993.
⃟ Ludwig, R.: Hegel für Anfänger, Phänomenologie des Geistes. München 1997.
⃟ Taylor, C.: H. A. d. Engl. Frankfurt am Main 31997.
Hegel,Georg Wilhelm Friedrich, Philosoph, * Stuttgart 27. 8. 1770, ✝ Berlin 14. 11. 1831; studierte am Tübinger Stift zus. mit F. Hölderlin und F. W. Schelling, wurde 1805 außerordentl. Prof. in Jena, 1808 Rektor des Gymnasiums in Nürnberg, 1816 Prof. in Heidelberg und 1818 J. G. Fichtes Nachfolger in Berlin. - Als angehender Theologe beteiligte sich H., zunächst von der Aufklärung (v. a. J.-J. Rousseau) beeinflusst, an den Auseinandersetzungen um das Christentum und wandte sich staatsphilosoph. Problemen zu. Einen ersten Höhepunkt ihrer Entwicklung fand H.s Philosophie in seiner »Phänomenologie des Geistes« (1807), die er u. a. in der »Enzyklopädie der philosoph. Wissenschaften im Grundrisse« (1817) ausgestaltete. Im Mittelpunkt seines Systems, in dem er die tradierte aristotel. Metaphysik, die modernen naturwiss. Methoden, das moderne Naturrecht (Locke, Hobbes) und die Theorie der bürgerl. Gesellschaft (Stewart, A. Smith, Ricardo) zum Ausgleich zu bringen versucht, steht das Absolute, der Weltgeist, in seinen verschiedenen Ausgestaltungen. In der »Wiss. der Logik« (2 Bde., 1812-16) stellt H. das Absolute im Zustande des »An-sich-Seins«, in seiner abstrakt-log. Form dar. Die Naturphilosophie beschreibt es - als »Für-sich-Sein« - im Zustand der Entäußerung: In der materiellen Welt der Natur gewinnt das Absolute dingl. Form. Zu sich selbst kommt es durch das immer stärker erwachende Selbstbewusstsein des menschl. Geistes (sein »An-und-für-sich-Sein«, Philosophie des Geistes). Weltgeschichte ist demnach der notwendig fortschreitende Prozess des absoluten Geistes, in welchem er sich seiner Freiheit bewusst wird. Als subjektiver Geist konkretisiert sich das Absolute im menschl. Individuum, als objektiver Geist in Familie, Gesellschaft, Staat, als absoluter Geist in Kunst, Religion und Philosophie. Das Absolute ist für H. nichts unbewegt Substanzielles wie für Parmenides, sondern prozesshaft im Sinne Heraklits; es entwickelt sich »dialektisch«. Die Dialektik ist keine äußerl. Denktechnik, sondern die Entwicklung in Gegensätzen und Widersprüchen (Dreischritt von These, Antithese und Synthese) gehört notwendig zu Geist und Begriff, damit aber auch zur Wirklichkeit selbst (Realdialektik). - Gehalt und Methoden der Philosophie H.s waren von großem Einfluss sowohl auf philosophisch-geisteswiss. wie auf politisch-soziales Denken. Bes. nachhaltig wirkten die »Phänomenologie des Geistes« (1807), in der einzelne Formen des Bewusstseins und sittl. Einstellungen als für geschichtl. Epochen repräsentativ erscheinen, die Philosophie der Weltgeschichte (die Staaten als Manifestationen der Volksgeister, aus der geschichtl. Abfolge ergibt sich »Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit«), die v. a. in den »Grundlinien der Philosophie des Rechts« (1820) dargestellte Rechts- und Staatsphilosophie (»Sittlichkeit« zeigt sich hiernach konkret in der Familie, in der bürgerl. Gesellschaft und im Staat); Letztere, ein konstitutionell-monarchisch geprägter Liberalismus, wurde v. a. von konservativen Ideologen ausgewertet. Zur Wirkungsgesch. Hegelianismus, Neuhegelianismus.
▣ Literatur:
Wiedmann, F.: G. W. F. H. mit Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten. Reinbek 76.-78. Tsd. 1993.
⃟ Ludwig, R.: Hegel für Anfänger, Phänomenologie des Geistes. München 1997.
⃟ Taylor, C.: H. A. d. Engl. Frankfurt am Main 31997.