Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Hannover
Hannover,1) histor. Land in NW-Dtl., fast ausschl. auf dem Gebiet des heutigen Ndsachs., ehemals Kernland des Königreichs H.; Herzstück war das welf. Teilfürstentum Calenberg (Reg.sitz seit 1636 in H.). Herzog Ernst August (1676-98) sicherte die Einheit des Landes (Primogenitur) und erreichte 1692 die Erhebung zum Kurfürstentum (reichsrechtlich Kurbraunschweig, allg. jedoch Kur-H. genannt).
Kurfürstentum H.: Ernst Augusts Gemahlin Sophie von der Pfalz (* 1630, ✝ 1714) brachte als Enkelin Jakobs I. dem Haus H. die Anwartschaft auf den engl. Thron; Georg Ludwig (1698-1727) begründete als Georg I. die Personalunion mit Großbritannien (1714-1837), H. wurde von einem königl. Statthalter und einem Geheimen Rat regiert. 1705 wurde das Fürstentum Celle, 1720 das Herzogtum Bremen und das Herzogtum Verden erworben. 1757/58 und 1803/06-13 französisch (1801 und 1805 preußisch) besetzt, kam der S zum Königreich Westphalen (1807-13). 1813 befreit, wurde H. am 12. 10. 1814 zum Königreich erhoben.
Königreich H.: Auf dem Wiener Kongress erhielt H. Ostfriesland, Emsland, Osnabrück, Hildesheim, Goslar. 1819 wurde eine Verf. (zwei Kammern) oktroyiert. König Ernst August (1837-51) hob das liberale Staatsgrundgesetz von 1833 auf und provozierte ganz Dtl. bewegende Verfassungskämpfe (Göttinger Sieben). Nach einer Reform 1848/49 kam es unter Georg V. (1851-66) zu erneuter Reaktion; nach der Niederlage im Dt. Krieg wurde H. von Preußen annektiert.
Preußische Provinz H.: Gegen den Verlust der Eigenstaatlichkeit (preuß. Verf., 1. 10. 1867) leistete v. a. die Dt.-Hannoversche Partei Widerstand; es kam zur Beschlagnahme des königl. Vermögens (Welfenfonds). Nach Gebietsaustauschen (1922 und 1932/33) mit anderen dt. Ländern kam es nach 1945 unter der brit. Militärreg. zu neuen Selbstständigkeitsbestrebungen; das wieder errichtete Land H. (23. 8. 1946) ging aber am 1. 10. 1946 im neu gebildeten Land Ndsachs. auf.
2) RegBez. des Landes Ndsachs., 9 046 km2, (1998) 2,15 Mio. Ew.; umfasst die kreisfreie Stadt H. und die Landkreise Diepholz, Hameln-Pyrmont, H., Hildesheim, Holzminden, Nienburg (Weser), Schaumburg.
3) Landkreis im RegBez. H., Ndsachs., 2 086 km2, (1998) 594 600 Einwohner.
4) Hptst. von Ndsachs., Sitz der Verw. des RegBez. H. und des Landkreises H., kreisfreie Stadt, 518 200 Ew.Die Stadt liegt am Südrand der Norddt. Tiefebene an der Leine und am Mittellandkanal; die Ausläufer des Weserberglandes grenzen an das Stadtgebiet. H. ist eine bed. Ind.- und Handelsstadt und als Verw.- und Kulturzentrum Niedersachsens Sitz der Landesreg., der Wasser- und Schifffahrtsdirektion, Bundesanstalt für Geowiss. und Rohstoffe, Bundessortenamt, Landesarbeitsamt Niedersachsen-Bremen, Niedersächs. Finanzgericht, Landesarbeitsgericht u. a. Gerichte; Kirchenkanzlei der Evang. Kirche in Dtl., Landeskirchenamt der Evang.-Luther. Landeskirche, Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Max-Planck-Inst. für experimentelle Endokrinologie, Fraunhofer-Inst. für Toxikologie und Aerosolforschung, Dt. Institut für Kautschuk-Technologie; Univ., Medizin. und Tierärztl. Hochschulen, Hochschule für Musik und Theater, zwei FH; Niedersächs. Landesmuseum, Kestner-Museum, Kunstmuseum, Histor. Museum, Wilhelm-Busch-Museum, Niedersächs. Landesbibliothek, Niedersächs. Hauptstaatsarchiv, mehrere Theater, u. a. neues Schauspielhaus (1992); zoolog. Garten. Wichtige Industriebranchen sind Maschinen- und Fahrzeugbau, Gummiind., Herstellung von Bürobedarf, Nahrungs- und Genussmittel-, elektrotechn. und elektron. sowie chem. Industrie. Große Wirtschaftsunternehmen und Versicherungen haben in H. ihren Sitz. Die Stadt ist ein bed. Messestandort (H.-Messe, CeBiT u. a.); günstige Verkehrslage mit internat. Flughafen (H.-Langenhagen), vier Häfen am Mittellandkanal, Autobahnkreuz. Mit weitläufigen Wald- und Grüngebieten, Parkanlagen und dem 1934-36 angelegten Maschsee weist H. einen hohen Wohn- und Freizeitwert auf. Im Jahr 2000 findet in H. die Weltausstellung EXPO 2000 (Motto »Mensch-Natur-Technik«) statt.- Nach starken Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde eine moderne City aufgebaut. Erhalten bzw. wieder aufgebaut wurden u. a. Marktkirche (14. Jh.), Kreuzkirche (1333), Altes Rathaus (15. Jh.), Neues Rathaus (1903-08, Innenausstattung 1910-13), Leineschloss (18./19. Jh., seit 1962 Landtagsgebäude) und Opernhaus (1848-52). In H.-Herrenhausen berühmte Barock-Gartenanlagen.Vor 1100 entstand die Marktsiedlung Honovere (1202 als Stadt bezeichnet, 1241 Bestätigung und Erweiterung der Stadtrechte durch den Herzog von Braunschweig-Lüneburg). Im 13. Jh. rasche wirtsch. Entwicklung; 1368 Mitgl. der Hanse. Im 14. Jh. erhielt H. weitgehende Selbstständigkeit vom Stadtherrn, wurde aber 1636 Residenz des welf. Fürstentums Calenberg. 1837 Residenz des Königreichs H., 1866 Verw.sitz der preuß. Provinz H., 1946 Landeshauptstadt.
Literatur:
B. Häussermann. H. Porträt einer Landeshauptstadt, hg. v. Hannover 1988.
Schrader, E.: Der Große Garten zu Herrenhausen, H. Hannover 21989.
H.-Chronik, hg. v. K. Mlynek u. W. R. Röhrbein. Hannover 1991.
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