Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Handschrift
Handschrift,1) allg.: der sichtbare Ausdruck der individuellen Schreibbewegung. Die H. ist von der seel. und körperl. Verfassung wie vom Alter abhängig und in den feineren Einzelheiten fast stets unnachahmbar; daher die Rechtsverbindlichkeit der Unterschrift. Die persönl. Eigentümlichkeiten einer H. können Aufschluss über den Charakter ihres Urhebers (Graphologie) geben.
2) Buchkunde: Abk. Hs., i. e. S. das handschriftl. Buch, bes. des MA. in der Form des Codex (Kodex); i. w. S. alles handschriftlich Geschriebene, so das Autograph und das Manuskript für Druckwerke. Mit der Entstehung und Geschichte befasst sich die Handschriftenkunde, mit der Entzifferung die Paläographie.Geschichte: Vorläufer sind die ägypt. Totenbücher (Papyrusrollen), die starken Einfluss auf die spätantike westl. und byzantin. H.-Kunst ausübten. Geschrieben wurde auf den mit Zirkelstichen und blinden Prägestichen linierten Pergamentblättern (seit dem 13. Jh. auch Papier) mit Rohrfedern und Tinte. Überschriften und wichtige Stellen im Text wurden durch rote Farbe hervorgehoben (rubriziert), die Anfangsbuchstaben kleinerer Absätze oft abwechselnd blau und rot geschrieben (Lombarden). Anfangsbuchstaben größerer Kapitel (Initialen), Randleistenverzierungen und Illustrationen (Buchmalerei) wurden meist von Miniatoren ausgeführt. Pracht-H. wurden v. a. im frühen und hohen MA. in den Skriptorien der Klöster, bes. der Benediktiner und Zisterzienser, hergestellt. Wichtige Schreibschulen entstanden u. a. in Vivarium (Kalabrien), Luxeuil-les-Bains, Bobbio, Corbie, in Sankt Gallen, auf der Reichenau, in Fulda und Regensburg. In der Renaissance wurden v. a. an den Fürstenhöfen kostbare H. gefertigt. - H.-Sammlungen befinden sich heute meist im Besitz großer Bibliotheken und sind häufig nach diesen benannt (z. B. Codex Vaticanus); kostbar ausgestattete H.: Codex argenteus, Codex aureus, Manessische Handschrift.
Literatur:
J. Günther. Mittelalterl. H. und Miniaturen, bearb. v. Hamburg 1994.
H. und Miniaturen, bearb. v. G. Bologna. A. d. Italien. Eltville am Rhein 1995.
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