Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Handel
Handel,Beschaffung von Waren und deren Verkauf ohne nennenswerte Veränderung, i. w. S. jeder Austausch von wirtsch. Gütern; auch die Gesamtheit der H.-Betriebe.
Nach dem Kriterium des Absatzgebietes wird zw. Binnen-H. und Außen-H., nach der Abnehmergruppe und der Absatzmenge zw. Groß-H. und Einzel-H., nach dem H.-Objekt zw. Waren-H., Effekten-H., Devisen-H., Immobilien-H., nach den Eigentumsverhältnissen zw. Eigen-H. (H. auf eigene Rechnung und Gefahr) und Kommissions-H. (H. im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung) unterschieden. Gesamtwirtsch. nimmt der H. eine Mittlerrolle zw. den Produzenten sowie zw. Produzenten und Konsumenten ein. Vor dem Warenumschlag werden Kontakte zw. den Marktpartnern hergestellt und etwa notwendige Informationen und Beratungen durchgeführt (Kontakt-, Informations-, Beratungsfunktion). Sachleistungen der verschiedensten Produzenten werden im Sortiment des Händlers vereinigt (Warenumgruppierungsfunktion). Die Überbrückung der Entfernungen führen H.-Betriebe selbst aus oder übertragen sie besonderen Einrichtungen des Transportgewerbes (Raumüberbrückungsfunktion). Durch die Lagerhaltung gleicht der H. zeitl. Differenzen zw. Erzeugung und Nachfrage aus (Zeitausgleichsfunktion). Stoffl. Veränderungen der H.-Waren haben lediglich den Charakter von Nebenleistungen (Veredlungsfunktion).Geschichte: Im Altertum entwickelte sich der H. bes. um das Mittelmeer. Phöniker, Karthager und Griechen waren nacheinander die führenden Seehandelsvölker. Im Röm. Reich wurden für die Getreideversorgung von Rom die Produktionsüberschüsse vieler Anrainerländer des Mittelmeers herangezogen. Nach dem Zerfall des Röm. Reichs in der Völkerwanderungszeit blieb nur Byzanz ein wichtiger Mittelpunkt für die H.-Beziehungen zw. Ost und West. Der H.-Verkehr zw. Europa und dem Orient erhielt weiter durch die Kreuzzüge Auftrieb und bewirkte seit dem 12. Jh. die wirtsch. Blüte der oberitalien. H.-Städte (Pisa, Venedig, Genua). Von Italien gingen wichtige H.-Wege nach Dtl., wo die großen süddt. H.-Städte, bes. Augsburg, Ulm, Nürnberg, Regensburg, aufblühten und mächtige Welthandelshäuser (Fugger, Welser) entstanden. Im N hatte sich gleichzeitig in den Anrainerländern der Ost- und Nordsee ein neues wichtiges H.-Gebiet entwickelt, das von der Hanse beherrscht wurde. Das Zeitalter der Entdeckungen veränderte die zwischenstaatl. H.-Beziehungen völlig. Ihr Schwerpunkt verlagerte sich in die Anrainerländer der Nordsee und des Atlant. Ozeans. Die Niederlande und bes. England wurden die führenden Welthandelsmächte. Unter dem Einfluss der liberalen Wirtschaftslehre des Freihandels nahmen die H.-Beziehungen einen gewaltigen Aufschwung. Der Kreis der beteiligten Mächte erweiterte sich ständig; Mittel- und Südafrika, Süd- und Ostasien, Australien und Ozeanien wurden für Europa erschlossen, das zunächst der Mittelpunkt der Weltwirtschaft blieb. Es entstand eine weltwirtsch. Arbeitsteilung zw. dem vorwiegend industriell eingestellten Nord- und Mitteleuropa und den Rohstoffländern im Osten und in Übersee. Seit Beginn des 20. Jh. entwickelten sich die USA zur führenden H.-Macht. Der Erste wie auch der Zweite Weltkrieg brachten zunächst eine starke Schrumpfung des Welt-H. und eine stärkere Bedeutung der Überseeländer für den H. Seit dem Zweiten Weltkrieg wurde der Welt-H. (Weltwirtschaft) zunehmend von größeren Blöcken getragen (EG, EFTA, RGW, ASEAN), Japan und Südostasien entwickelten sich zu neuen H.-Schwerpunkten.
Literatur:
Berekoven, L.: Geschichte des dt. Einzelhandels. Frankfurt am Main 41988.
Eggert, U.: Der H. im 21. Jh.Düsseldorf 1998.
Müller-Hagedorn, L.: Der H. Stuttgart 1998.
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