Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Halbleiter
Halbleiter,kristalline oder amorphe Festkörper, deren elektr. Leitfähigkeit bei Zimmertemperatur zw. der von Metallen und der der Isolatoren liegt, mit abnehmender Temperatur aber kleiner wird, sodass sie sich am absoluten Nullpunkt der Temperatur wie ein Isolator verhalten. Die wichtigsten H.-Materialien sind Silicium (Si) und Germanium (Ge). Neben diesen Element-H., zu denen auch noch Selen (Se) und Tellur (Te) gehören, gewinnen Verbindungs-H., v. a. Verbindungen von Elementen aus der III. und V. oder II. und VI. Hauptgruppe des Periodensystems, d. h. die III-V-H. (GaAs, InP, GaP, InSb u. a.) oder II-VI-H. (CdS, PbS, PbSe, CdSe, CdTe, ZnS u. a.), immer mehr an Bedeutung. Darüber hinaus sind gewisse Oxide (z. B. Cu2O) und Carbide (z. B. SiC) halbleitend. Das elektr. Verhalten der H. wird durch das Energiebändermodell erklärt: Anders als bei Metallen wird das bei tiefen Temperaturen unbesetzte Leitungsband (LB) des H. durch eine verbotene Zone von den voll besetzten Valenzbändern (VB) getrennt, da die Fermi-Energie der Elektronen innerhalb der Bandlücke liegt, d. h., es gibt keine frei bewegl. Elektronen. Der Energieabstand vom VB zum LB ist beim H. jedoch wesentlich kleiner als beim Isolator. Bei Energiezufuhr, z. B. durch therm. oder opt. Anregung, können einzelne Elektronen das VB verlassen und ins LB springen, wobei gleichzeitig im VB ein unbesetzter Zustand (Loch, Defektelektron) entsteht (Generation). Sowohl Elektronen im LB als auch Defektelektronen im VB können sich im Kristall frei bewegen und liefern einen Beitrag zur elektr. Leitfähigkeit. Im Ggs. zu Metallen haben die quasifreien Elektronen im H. aufgrund der Rekombination von Elektronen und Löchern aber nur eine begrenzte Lebensdauer. In starken elektr. Feldern können einzelne Ladungsträger in H. so viel Energie aufnehmen, dass sie lawinenartig weitere Ladungsträger erzeugen (Stoßionisation, Lawinendurchbruch), oder es gelangen durch das Feld einzelne Elektronen ins LB (Zener-Effekt). Bei einem Eigen-H. werden die Elektronen aus dem idealen Kristallgitter herausgelöst, darum ist ein hoher Energiebetrag (Aktivierungsenergie) erforderlich. Diese Eigenleitung tritt bei allen H. ein, wenn die Temperatur so groß wird, dass die therm. Energie der Elektronen der Breite der verbotenen Zone vergleichbar wird. Stammen die Elektronen aus einem gestörten Gitterbereich (Fehlordnung) oder von Fremdatomen (Störstelle), deren Konzentration oft sehr gering sein kann, so ist die Aktivierungsenergie meist sehr viel kleiner (Störstellen-H. ). Bei der dabei auftretenden Störstellenleitung (Störleitung) wird unterschieden, ob die Störstellen Elektronen zur Leitung abgeben (Elektronenleitung, n-Leitung, n-Typ-H.) oder aus den Gitterbindungen aufnehmen (Defektelektronenleitung, p-Leitung, p-Typ-H.). Substanzen, bei denen beide Leitungsarten auftreten können, heißen amphotere H., z. B. Bleisulfid (PbS). Durch Dotierung, d. h. den Einbau bestimmter Elemente, die Elektronen binden (Akzeptoren) oder abgeben (Donatoren), kann n- oder p-Leitung eingestellt werden, z. B. in Germanium, Silicium n-Leitung (n-dotierter H.) durch Arsen, Antimon, Phosphor und p-Leitung (p-dotierter H.) durch Aluminium, Gallium, Indium, Bor. Für die Bindung in einem Siliciumkristall zu den nächsten Gitternachbarn werden vier Valenzelektronen je Atom benötigt. Bei Einbau eines fünfwertigen Phosphoratoms (Donator) bleibt ein Elektron übrig, das an der Gitterbindung nicht beteiligt und nur locker an das Phosphoratom gebunden ist; d. h., es existiert ein besetzter Elektronenzustand knapp unterhalb des LB. Analog entsteht durch den Einbau eines dreiwertigen Boratoms (Akzeptor) ein unbesetzter Elektronenzustand knapp oberhalb des VB. Dies erklärt die im Vergleich zum Eigen-H. niedrige Aktivierungsenergie zur Erzeugung eines bewegl. Elektrons im LB bzw. eines Defektelektrons im VB.
Literatur:
Müller, Rudolf: Grundlagen der H.-Elektronik. Berlin u. a. 71995.
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