Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Haartracht
Haartracht(Frisur), die Art, in der das Kopfhaar oder sein Ersatz getragen wird.Assyrer und Perser salbten und kräuselten ihr Haar oder trugen wie die vornehmen Ägypter große Perücken. Bei den Griechen gingen die Männer im 5. Jh. v. Chr. zum kurzen Haarschnitt über; die Frauen kannten kunstvolle H. Die Römer trugen bis um 300 v. Chr. langes, danach geschorenes und gesalbtes Haar. Bei den Kelten galt ebenso wie bei den Germanen langes Haar als ein Zeichen männl. Würde und Freiheit. Die Gallier banden das Haar am Hinterkopf zusammen, die meisten Germanen ließen es frei herabwallen, nur die Karolinger (Franken) trugen kurz geschorenes Haar. Im MA. trugen die Männer bis ins 14. Jh. langes, gelocktes, zunächst bis auf die Schultern fallendes, dann etwas kürzeres Haar; die Jungfrauen ließen es offen oder zu Zöpfen geflochten herabhängen, verheiratete Frauen verbargen es unter Kopftuch oder Haube. Im 15. und 16. Jh. trugen die Männer meist kurz geschorenes Haar. Bei den Frauen-H. des 15. Jh. war für Dtl. der breite, um den Kopf gelegte Zopf kennzeichnend. In der 1. Hälfte des 16. Jh. hielten die Frauen das Haar am Hinterkopf mit der Netzhaube zusammen; in Dtl. war daneben auch ein Hängezopf üblich. Zu Anfang des 17. Jh. kam für die Männer wieder lang herabfallendes, gelocktes Haar auf. In der 1. Hälfte des 18. Jh. trugen die Frauen eine flachere und schlichtere Frisur, die um 1770 zu einem hohen, gepuderten Aufbau anwuchs. Die Frz. Revolution beseitigte Perücke, Puder, Haarbeutel und Zopf; die Frauen trugen halb offenes, gelocktes Haar, die Männer zunächst langes, dann im 19. Jh. kurz geschorenes Haar mit unterschiedl. Schnitt. In der Zeit des Klassizismus (Biedermeier) folgten grch. Knoten, Tituskopf und Chignon. Im 19. Jh. entstanden schnell wechselnde flache oder hochgetürmte Locken- oder Zopftrachten, z. T. unter freier Benutzung geschichtl. H. 1872 wurde die Ondulations-, 1901 die Dauerwelle erfunden. Nach 1920 kam kurz geschnittenes Haar (Bubi-, Pagenkopf, Herrenschnitt) allg. in Mode. Seit den 1950er-Jahren ist der Wechsel der Haarmode bei Jugendlichen bes. auffallend; oftmals von Musikstars (z. B. E. Presley, The Beatles) kreiert, fanden diese Frisuren, zunächst schichtenspezifisch als zur Schau getragene gesellschaftl. Überzeugung (»Langhaarige«) und dann als so genannter Look allg. Verbreitung. Hippiebewegung und Studentenrevolte förderten mit langen, oft betont ungepflegten Haaren bei der Jugend eine weit verbreitete Antimode, der erst Ende der 1970er-Jahre von schockierenden Punkfrisuren (grellbunte Haarfarben, Irokesenschnitt) bis hin zur »Skinhead«-Glatze eine neue Ausrichtung gegeben wurde.
Literatur:
M. Jedding-Gesterling Die Frisur. Eine Kulturgeschichte der Haarmode ..., hg. v. u. G. Brutscher. München 1988.
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