Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
germanische Sprachen
germanische Sprachen,Gruppe der indogermanischen Sprachen. Ihr heutiger Bestand umfasst einschl. der jeweiligen früheren Ausprägung die »nordgerman. Sprachen« (Schwedisch, Dänisch, Norwegisch, Isländisch, Färöisch) und die »westgerman. Sprachen« (Englisch, Deutsch, Niederländisch, Friesisch sowie die Neusprachen Jiddisch und Afrikaans). Zu den g. S. gehören außerdem weitere fragmentarisch überlieferte, inzwischen untergegangene Sprachen, u. a. Gotisch, Burgundisch, Langobardisch und Wandalisch. Von der indogerman. Grundsprache heben sich die g. S. bes. durch folgende Charakteristika ab: a) die durch die german. (erste) Lautverschiebung bewirkten Veränderungen; b) die Betonung der Stammsilbe gegenüber dem im Indogermanischen freien Wortakzent; c) Vereinfachung des grammat. Systems und Beschränkung auf zwei Tempora (Präsens, Präteritum) und das Entstehen von schwachen Verbformen.
Die historisch hervortretenden Stämme und Gruppierungen (Germanen) lassen sich einem sprachl. Stammbaum nicht ohne weiteres zuordnen. Die früher vorgenommene Einteilung in Nord-, Ost- und Westgermanen wird fraglich, wenn man sie als eine früh vollzogene Teilung ansieht. Tatsächlich sind jedoch Germanen einerseits süd- und ostwärts gewandert (so im 3. Jh. v. Chr. die Bastarnen, seit dem 2. Jh. n. Chr. die Goten ans Schwarze Meer), andererseits die Burgunder und Wandalen süd- und weiterhin westwärts. Im 5. Jh. zogen auch die Goten nach Westen, ein Teil von ihnen hielt sich jedoch auf der Krim bis ins 16. Jh. Der Zusammenhang des »westgerman.« Bereichs ist durch Wanderungen und Bildung von neuen Stämmen durch Überschichtung entstanden. Die »ostgerman.« Sprachen (v. a. Gotisch) sind mit den Krimgoten und der Romanisierung der Ost- und Westgoten ausgestorben.
Literatur:
Hutterer, C. J.: Die g. S. Ihre Geschichte in Grundzügen. Budapest 31990.
Schweikle, G.: Germanisch-deutsche Sprachgeschichte im Überblick. Stuttgart 31990.
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