Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Gruppe
Gruppe,1) Chemie: a) Bestandteil eines Moleküls, z. B. die funktionelle G.; b) Periodensystem.
2) Mathematik: eine Menge von Elementen, für die eine Verknüpfung definiert ist, sodass jedem geordneten Paar von Elementen eindeutig ein 3. Element der G. zugeordnet ist. Bezüglich der Verknüpfung muss das Assoziativgesetz gelten; in der G. muss ein neutrales Element (Einselement) und zu jedem Element ein inverses Element existieren. Erfüllt die G. außerdem das Kommutativgesetz , so heißt sie kommutative oder abelsche G. Eine G. mit 6 Elementen (endl. G.) bilden z. B. die Permutationen (Vertauschungen) von 3 Elementen, eine G. mit unendlich vielen Elementen (unendl. G.) die durch Zusammenzählen verknüpften ganzen Zahlen a = 0, ± 1, ± 2, ± 3, ...; hierbei ist die Null das neutrale Element, —a das zu a inverse Element. Die G.-Theorie findet vielseitige Anwendungen in Algebra, Geometrie, Kristallographie, Quanten-, Elementarteilchen-, Relativitätstheorie u. a. Die G. als Grundtyp einer abstrakten algebraischen Struktur wurde erstmalig von L. Kronecker formuliert (1882).
3) Militärwesen: 1) aus 8-12 Mann bestehende Teileinheit unter Führung eines G.-Führers (meist Unteroffizier ohne Portepee); 2-4 G. bilden einen Zug; 2) dem Bataillon vergleichbarer Truppenverband der Luftwaffe, Teil eines Geschwaders.
4) Soziologie: eine Mehrzahl von Menschen, die durch soziale Kontakte (gemeinsame Wertorientierungen, Interessen, Ziele u. Ä.) zeitlich relativ beständig miteinander verbunden sind, sodass sie eine soziale Einheit bilden. Jedes Mitgl. der G. besitzt eine mehr oder minder eindeutig abgegrenzte Stellung und Aufgabe innerhalb der G., es ist in seinem Verhalten durch bestimmte, seiner sozialen Stellung entsprechende Rollen im Rahmen eines Systems gruppenspezif. Normen festgelegt. Die Einhaltung dieser Normen unterliegt einer sozialen Kontrolle mit positiven und negativen Sanktionen. Entscheidend für die G. sind ferner das Zusammengehörigkeitsgefühl ihrer Mitgl. (G.-Bewusstsein), das sich in Solidarität der Eigen-G. gegenüber Fremd-G. und Kooperation (G.-Kohäsion) innerhalb der G. sowie einer besonderen Sprache (G.-Sprache oder sogar G.-Jargon) äußert. Nach der Zahl der Mitgl. werden Groß- (z. B. polit. Parteien) und Klein-G. (soziolog. G.-Begriff i. e. S.; nicht mehr als etwa 25 Personen) unterschieden; nach der Entstehung und dem Charakter der Regelungen, denen die Mitgl. unterworfen sind, formale G. (planmäßig geschaffen, formales Regelsystem) und informale G. (psycholog. G.; spontane Beziehungen, ohne Satzungen, Gesetze u. Ä., kein formales Regelsystem); nach dem Grad der Intensität und Intimität der Beziehungen zw. Primär-G. (enge persönl. Beziehungen; bes. Familien, Spiel- oder Freundschafts-G.) und Sekundär-G. (durch bestimmte rationale Zielsetzungen organisiert). Die sozialpsycholog. Aspekte der Beziehungen und Interaktionen innerhalb und zw. G. werden im Rahmen der Gruppendynamik erforscht. Prakt. Anwendung finden die Ergebnisse der G.-Forschung bes. in der Gruppentherapie, Gruppenpädagogik und bei der Zusammenstellung von Arbeitsteams (Wirtschaft, Militär).
Literatur:
B. Schäfers. Einführung in die Gruppensoziologie. Geschichte, Theorien, Analysen, hg. v. Heidelberg u. a. 21994.
Claessens, D.: G. u. Gruppenverbände. Neuausg. Hamburg 1995.
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