Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Golfkrieg
Golfkrieg, Bez. für zwei Kriege im Gebiet des Pers. Golfs:1. G.: Krieg zw. Irak und Iran 1980-88; verursacht durch den Versuch Iraks, den 1975 in einem Vertrag mit Iran festgelegten Grenzverlauf am Schatt el-Arab auf militär. Weg zu verändern. Der Krieg begann im Sept. 1980 mit dem Einmarsch irak. Truppen in die iran. Provinz Khusistan. Nach Errichtung einer weiteren irak. Front in Kurdistan (Dez. 1980) gelang es den iran. Streitkräften 1982, fast das gesamte vom Irak besetzte Gebiet zurückzuerobern. Bis 1988 entwickelte sich nun ein »Abnutzungskrieg«, in dem der besseren Bewaffnung der irak. Armee die zahlenmäßige Überlegenheit der iran. Streitkräfte gegenüberstand. Zahlreiche Großoffensiven Irans (Propagierung eines »heiligen Kriegs«) brachten kaum Geländegewinne auf irak. Territorium. Neben einem 1984 entbrannten »Tankerkrieg« (beidseitige Angriffe auf Erdöl transportierende Tanker) kam es auch zu einem »Städtekrieg« (gegenseitige Bombardierung großer Städte und der Erdölförderzentren). Im Zusammenhang mit dem 1. G. unternahmen irak. Truppen eine Großoffensive (Einsatz chem. Waffen) gegen die im N-Irak lebenden Kurden, denen eine Unterstützung Irans angelastet wurde.
Von Anfang an bestand die Gefahr einer internationalen Ausweitung des Krieges. Die arab. Anrainerstaaten, bes. Saudi-Arabien und Kuwait, unterstützten Irak. Die USA, später auch Großbritannien und Frankreich, nahmen die Gefährdung der Erdöltransportwege zum Anlass, Flotteneinheiten in das Kriegsgebiet zu entsenden. Seit 1987 gerieten US-Kriegsschiffe, die unter US-Flagge fahrenden kuwait. Tankern Geleitschutz boten, in Kampfhandlungen mit iran. Seestreitkräften.
Der 1. G., der auf beiden Seiten etwa 1 Mio. Tote und Verwundete forderte, endete nach langwierigen Vermittlungsaktionen der UNO mit einem Waffenstillstand im Aug. 1988.2. G.: Krieg zw. Irak und alliierten Streitkräften unter Führung der USA vom 17. 1. bis 28. 2. 1991. Dem 2. G. ging eine internat. Krise (Golfkrise) voraus: Sie begann, als Irak nach gescheiterten irakisch-kuwait. Gesprächen zur Beilegung eines Konfliktes um die Erdölförderung im gemeinsamen Grenzgebiet am 2. 8. 1990 Kuwait besetzte (Beseitigung der Monarchie und Angliederung Kuwaits als 19. irak. Provinz) und der UN-Sicherheitsrat daraufhin den »sofortigen und bedingungslosen Abzug aller irak. Soldaten« forderte. Am 6. 8. beschloss der UN-Sicherheitsrat ein Wirtschaftsembargo gegen Irak. Seit August entsandten die USA Truppen in die Golfregion (Aufmarsch in Saudi-Arabien) und setzten eine See- und Luftblockade durch. Daraufhin verwehrte der irak. Diktator Saddam Husain Tausenden Ausländern, insbesondere aus westl. Staaten, die Ausreise und ließ sie z. T. als »Schutzschilde« an strategisch wichtige Punkte des Landes bringen; verschiedene diplomat. Missionen erreichten die Freilassung der Geiseln. Der UN-Sicherheitsrat richtete im Nov. 1990 ein Ultimatum an Irak, das den Abzug der irak. Truppen bis zum 15. 1. 1991 forderte. Zahlreiche diplomat. Initiativen zur Verhinderung einer krieger. Auseinandersetzung scheiterten.
Nach Ablauf des von Irak nicht befolgten Ultimatums begannen am 17. 1. 1991 die militär. Operationen der alliierten Streitkräfte unter dem Oberbefehl des amerikan. Generals N. Schwarzkopf (Aktion »Wüstensturm«). Eine wochenlange Luftoffensive gegen Stellungen in Kuwait und Irak zielte auf die Zerstörung der irak. Luftwaffe und die Ausschaltung der irak. Elitetruppen (»Republikan. Garde«). Die Vernichtung der militär. Objekte und Kommandozentralen richtete auch im zivilen Bereich starke Zerstörungen an (u. a. in Bagdad, Basra). Am 24. 2. 1991 leiteten die alliierten Streitkräfte eine Landoffensive ein, befreiten Kuwait bis zum 27. 2. und besetzten auch südl. Teile des Irak. Bei ihrem Rückzug aus Kuwait setzten die irak. Truppen Öllager und Ölquellen in Brand. Nachdem Irak alle UN-Forderungen bedingungslos anerkannt hatte, trat am 28. 2. Waffenruhe ein. Die am 6. 4. 1991 vom Irak angenommenen Waffenstillstandsbedingungen legten u. a. die Inspektion und Vernichtung aller irak. Massenvernichtungswaffen fest. - Bestärkt durch die ablehnende Haltung der USA gegenüber dem Regime Saddam Husains und dessen Schwächung durch die Niederlage ausnutzend, begannen im März 1991 oppositionelle schiit. Kräfte und die Kurden einen bewaffneten Aufstand, der nach anfängl. Erfolgen (Einnahme zahlreicher Städte im N) von Reg.truppen niedergeschlagen wurde. Die nachfolgenden Repressalien lösten eine Massenflucht der Kurden nach Iran und in das türk. Grenzgebiet aus.
Literatur:
Niemetz, A.: Brennpunkt Nahost. Geschichte u. Hintergründe polit. u. religiöser Konfrontationen. Neuausg. München 1993.
Trautner, B. J.: Der erste u. der zweite G. Münster u. a. 1994.
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