Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Glocke
Glocke,hohler, meist konkav gewölbter, fast kegelstumpfförmiger Klangkörper aus Metall, der von innen mit einem frei beweglich aufgehängten, metall. Klöppel oder von außen mit einem Hammer angeschlagen und zu Eigenschwingungen angeregt wird. Der G.-Klang ist gekennzeichnet durch vorwiegend nichtharmon. Teilschwingungen, die im unteren Frequenzbereich von großer Intensität und geringer Dämpfung sind, während sie im dichten oberen Bereich schnell abfallen. Die Kunst des G.-Gießers besteht darin, im unteren, tiefen Bereich möglichst harmon. Frequenzen zu erhalten. Der am längsten anhaltende, tiefste Ton (1. Teilton) ist die Unteroktave, der nächste, etwa eine Oktave höhere Ton (2. Teilton) bestimmt die Klangfarbe der G., darüber sollten in annähernd exakten Intervallabständen die weiteren Teiltöne liegen. (Klang)Das G.-Gießen ist bis heute ein Kunsthandwerk. Zunächst wird mit dem Entwurf der »Rippe« (halber G.-Querschnitt) Profil, Größe, Gewicht, Tonhöhe und Innenharmonie der G. festgelegt. Ein aus luftdurchlässigen, ungebrannten Lehmsteinen aufgemauerter Kern, der dem inneren Hohlraum der G. entspricht, wird mittels einer zentriert aufgehängten Holzschablone mit Lehm glatt abgedreht, sodass der innere Kurvenzug der Rippe exakt abgeformt erscheint. Auf diesen Kern wird, isoliert durch Asche, Papier oder Rindertalg, eine Modell-G. aus Lehm geformt (falsche G.), auf die nach dem Abtrocknen der G.-Mantel in mehreren Schichten aufgetragen wird. Die Form der G.-Krone wird nach dem Wachsausschmelzverfahren gesondert vorbereitet und mit dem Mantel fest verbunden. Nachdem der Mantel getrocknet ist, wird er nach oben abgezogen, die Modell-G. wird vom Kern entfernt und der G.-Mantel wieder maßgerecht auf den Kern aufgesetzt. In den so entstandenen Hohlraum wird das flüssige Metall, die G.-Speise, eingefüllt. Die klass. Legierung für den G.-Guss ist die G.-Bronze, eine Gussbronze mit rd. 20-25 % Zinn.Kulturgeschichte: Die G. entwickelte sich wahrscheinlich aus tönenden Fruchtschalen oder Holzgefäßen, wurde dann aus Stein und v. a. aus Metall gefertigt. Eiserne, geschmiedete G. finden sich heute als Musikinstrumente in Afrika. Am verbreitetsten ist jedoch die gegossene G. Obwohl die G. als Signal- und Rhythmusinstrument auch profanen Aufgaben dient, nutzt man sie v. a. für mag. und kult. Zwecke. So soll ihr Klang z. B. Unheil abwenden oder auf die Gottheit einwirken. Oft dient die G. aber auch der Markierung bestimmter Abschnitte der Liturgie. - Von Vorderasien aus, wo man zuerst G. zu gießen verstand (das älteste erhaltene Exemplar stammt aus dem 9. Jh. v. Chr.), verbreitete sich die G. im 6. bis 8. Jh. n. Chr. nach Europa. Der G.-Guss wurde hier zunächst von Mönchen, seit dem 13./14. Jh. auch von Handwerkern betrieben. Bis zum 17. Jh. wurden G. ausschl. aus Bronze gegossen, seither wird auch Eisen, seit 1852 Stahl verwendet. G. in den heutigen großen Formen wurden erstmals im 14. Jh. hergestellt.
▣ Literatur:
M. Schilling. G.n. Gestalt, Klang u. Zier, hg. v. München 1988.
Glocke,hohler, meist konkav gewölbter, fast kegelstumpfförmiger Klangkörper aus Metall, der von innen mit einem frei beweglich aufgehängten, metall. Klöppel oder von außen mit einem Hammer angeschlagen und zu Eigenschwingungen angeregt wird. Der G.-Klang ist gekennzeichnet durch vorwiegend nichtharmon. Teilschwingungen, die im unteren Frequenzbereich von großer Intensität und geringer Dämpfung sind, während sie im dichten oberen Bereich schnell abfallen. Die Kunst des G.-Gießers besteht darin, im unteren, tiefen Bereich möglichst harmon. Frequenzen zu erhalten. Der am längsten anhaltende, tiefste Ton (1. Teilton) ist die Unteroktave, der nächste, etwa eine Oktave höhere Ton (2. Teilton) bestimmt die Klangfarbe der G., darüber sollten in annähernd exakten Intervallabständen die weiteren Teiltöne liegen. (Klang)Das G.-Gießen ist bis heute ein Kunsthandwerk. Zunächst wird mit dem Entwurf der »Rippe« (halber G.-Querschnitt) Profil, Größe, Gewicht, Tonhöhe und Innenharmonie der G. festgelegt. Ein aus luftdurchlässigen, ungebrannten Lehmsteinen aufgemauerter Kern, der dem inneren Hohlraum der G. entspricht, wird mittels einer zentriert aufgehängten Holzschablone mit Lehm glatt abgedreht, sodass der innere Kurvenzug der Rippe exakt abgeformt erscheint. Auf diesen Kern wird, isoliert durch Asche, Papier oder Rindertalg, eine Modell-G. aus Lehm geformt (falsche G.), auf die nach dem Abtrocknen der G.-Mantel in mehreren Schichten aufgetragen wird. Die Form der G.-Krone wird nach dem Wachsausschmelzverfahren gesondert vorbereitet und mit dem Mantel fest verbunden. Nachdem der Mantel getrocknet ist, wird er nach oben abgezogen, die Modell-G. wird vom Kern entfernt und der G.-Mantel wieder maßgerecht auf den Kern aufgesetzt. In den so entstandenen Hohlraum wird das flüssige Metall, die G.-Speise, eingefüllt. Die klass. Legierung für den G.-Guss ist die G.-Bronze, eine Gussbronze mit rd. 20-25 % Zinn.Kulturgeschichte: Die G. entwickelte sich wahrscheinlich aus tönenden Fruchtschalen oder Holzgefäßen, wurde dann aus Stein und v. a. aus Metall gefertigt. Eiserne, geschmiedete G. finden sich heute als Musikinstrumente in Afrika. Am verbreitetsten ist jedoch die gegossene G. Obwohl die G. als Signal- und Rhythmusinstrument auch profanen Aufgaben dient, nutzt man sie v. a. für mag. und kult. Zwecke. So soll ihr Klang z. B. Unheil abwenden oder auf die Gottheit einwirken. Oft dient die G. aber auch der Markierung bestimmter Abschnitte der Liturgie. - Von Vorderasien aus, wo man zuerst G. zu gießen verstand (das älteste erhaltene Exemplar stammt aus dem 9. Jh. v. Chr.), verbreitete sich die G. im 6. bis 8. Jh. n. Chr. nach Europa. Der G.-Guss wurde hier zunächst von Mönchen, seit dem 13./14. Jh. auch von Handwerkern betrieben. Bis zum 17. Jh. wurden G. ausschl. aus Bronze gegossen, seither wird auch Eisen, seit 1852 Stahl verwendet. G. in den heutigen großen Formen wurden erstmals im 14. Jh. hergestellt.
▣ Literatur:
M. Schilling. G.n. Gestalt, Klang u. Zier, hg. v. München 1988.