Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Glasmalerei
Glasmalerei,die Kunst, Glasfenster meist aus bemalten, zusammengesetzten und schließlich verbleiten Glasstücken herzustellen. Aus verschiedenfarbigen Glasplatten wurden nach einer Vorzeichnung einzelne Stücke geschnitten und durch Bleiruten miteinander verbunden, die zugleich die Umrisse und die stärksten Linien der Binnenzeichnung ergaben (musiv. G.). Als Malfarbe diente Schwarzlot, ein leichtflüssiges Bleiglas, das den Scheiben vor der Verbleiung im Ofen aufgeschmolzen wurde. Aus diesem konnten Linien, Muster oder Schriftzeichen herausgekratzt werden. Nach 1300 benutzte man als Glasmalfarbe auch Silbergelb oder Silberlot, im 15./16. Jh. kamen weitere Farben hinzu (u. a. Eisenrot). Allmählich breitete sich auch die Verwendung von Überfangglas aus. - Im Unterschied zur musiv. G. arbeitete die Kabinettmalerei nur mit Schmelzfarben auf farblosem Glas. Von völlig anderer Art ist die Hinterglasmalerei.
Geschichte: Bed. frühe Zeugnisse stammen aus karoling. Zeit (aus dem Kloster Lorsch, wohl 9. Jh.; heute Hess. Landesmuseum in Darmstadt). Die frühesten vollständig erhaltenen Zeugnisse monumentaler G. sind die Prophetenfenster des Augsburger Doms (um 1100). Mit der Gotik setzte die eigentl. Blütezeit der G. ein, v. a. in Frankreich (Chartres, Bourges, Reims, Paris), dessen G. einwirkte auf England (Canterbury, Lincoln, York), Spanien (León), Italien (Assisi, Orvieto) und Dtl. (Straßburg, Marburg, Regensburg, Köln, Freiburg im Breisgau, Erfurt), das im 14. Jh. führend wurde. - Im Profanbau kam Ende des 15. Jh. die mit Emailfarben bemalte Kabinettscheibe auf; der Hausbuchmeister, H. Suess von Kulmbach, H. Baldung, A. Dürer, J. Breu d. Ä. u. a. haben Entwürfe und Skizzen geliefert. - Wieder aufgenommen wurde die G. im 19. Jh. Eine künstler. Erneuerung, bes. auch der kirchl. G., setzte erst im 20. Jh. ein, wobei die Künstler wieder von den handwerkl. Voraussetzungen der mittelalterl. Technik ausgingen (J. Thorn Prikker, F. Léger, M. Chagall, G. Meistermann, J. Schreiter u. a.).
Literatur:
Brisac, C.: Glasfenster. 1000 Jahre europ. G., Fotos v. Y. Watabe. A. d. Frz. Freiburg im Breisgau u. a. 1985.
Dt. G. des Mittelalters, hg. v. R. Becksmann, 2 Bde. Berlin 1992-95.
Die Welt der Glasfenster. Zwölf Jahrhunderte abendländ. G. in über 500 Farbbildern, Beiträge v. L. Lee u. a., Fotos v. S. Halliday u. L. Lushington. A. d. Engl. Sonderausg. München 1992.
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