Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Geweihe
Geweihe,paarige, knöcherne Stirnwaffen beim männl. Geschlecht der meisten Hirscharten (beim Rentier auch beim weibl. Geschlecht). Das G. besteht aus zwei Stangen, die auf Stirnbeinfortsätzen, den Rosenstöcken, stehen. Die kranzförmige Verdickung der Stangenbasis heißt Rose, die Erhabenheiten auf der Stangenoberfläche heißen Perlen, zw. ihnen verlaufen Längsfurchen, die Riefen. Durch Abzweigung von der Stange entstehen Enden oder Sprossen. Drei oder mehr Enden in der Stangenspitze bilden die Krone. Stark verbreiterte Abflachung der Stange führt zur Bildung der Schaufel.Das G. wird alljährlich abgeworfen und neu gebildet, wobei Jugendformen durchlaufen werden, bis die Reifeform erreicht und einige Jahre wiederholt wird. Im hohen Alter wird das G. wieder geringer (zurückgesetzt). Das fertige G. besteht aus totem Knochen mit einer dichten äußeren Rindenschicht und einer inneren porösen Knochensubstanz. Das Abwerfen der Stangen wird durch die Auflösung der Knochenschicht zw. Rosenstock und Stange ermöglicht. Die Knochenwunde der Abwurfstelle verschorft und wird von der Haut des Rosenstockrandes überwachsen. Aus dieser Narbenhaut geht der Bast hervor, eine Haut mit plüschähnl. Haaren, die das wachsende G. bedeckt und ernährt. Das neue G. ist zunächst knorpelig weich (Kolben); während des Wachsens wird es durch Verknöcherung von der Basis zur Spitze hin allmählich hart. Nach beendetem Wachstum stirbt der Bast ab und wird durch Reiben (Fegen) an Baumstämmen abgestreift; dabei wird der weiße Knochen braun. Das Wachstum des G. wird durch Hormone, z. B. der Hoden und der Hirnanhangdrüse, gesteuert.In der Jägersprache heißt das G. beim Rothirsch auch Gefänge, Gewicht, beim Rehbock Gehörn, Gewicht(e)l, Krone, beim Dam- und Elchhirsch Schaufeln. Die weiteste innere Entfernung der Stangen voneinander ist die Auslage. Die Enden an den Stangen des Rothirsches heißen von unten nach oben Aug(en)sprosse, Eissprosse (fehlt oft), Mittelsprosse, Kronenenden. Am Rehgehörn werden Vorder-, Mittel- und Hinterspross unterschieden. Nach der Zahl der Enden an beiden Stangen spricht man von Spießer, Gabler, Sechs(end)er (Endstufe beim Rehbock), Acht(end)er. Ein Hirsch mit bes. kräftig entwickeltem G. wird Kapitalhirsch, ein Damhirsch oder Elch Kapitalschaufler genannt. Unregelmäßigkeiten am G. entstehen durch Beschädigungen in der Bastzeit, Verletzung oder Bruch des Rosenstocks, Ernährungsstörungen und Verlust oder Verkümmerung der Hoden (Perückengeweih).
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