Meyers Großes Taschenlexikon in 25 Bänden
Gesellschaft
Gesellschaft,1) allg.: vieldeutig gebrauchter Begriff, der im weitesten Sinne die Verbundenheit von Lebewesen (Pflanzen, Tiere, Menschen) mit anderen ihrer Art und ihr Eingeschlossensein in den gleichen Lebenszusammenhang bezeichnet; allein auf den Menschen bezogen meint G. die Menschheit schlechthin oder bestimmte begrenzte Teile davon (z. B. die Menschen einer Nation) und weist auf deren Gliederung, (Rang-)Ordnung und bes. strukturiertes Beziehungssystem hin. Der Begriff G. wurde urspr. auch in vielerlei, z. T. bis heute geltenden besonderen Zusammenhängen verwendet, z. B. für gelehrte Vereinigung, Geheim-G. und Handelsgesellschaft.
2) Recht: Vereinigung mehrerer Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, z. B. als Handelsgesellschaft oder Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.
3) Soziologie: Die menschl. G. bildet auf jeder ihrer Entwicklungsstufen sowie in ihren unterschiedl. Formen und Ordnungen versch. G.-Systeme . Alle höher entwickelten G.-Ordnungen zeigen eine Stufung nach Ständen oder Klassen. In neuerer Zeit deutet der Begriff »pluralist. G.« darauf hin, dass sich die herkömml. Strukturen zugunsten eines vielschichtigen Gruppen- und Wertsystems auflösen.
Während im MA. die ständ. G. als Ausdruck der göttl. Weltordnung verstanden wurde und dem absoluten Staat zugeordnet war, entfaltete die in den bürgerl. Revolutionen seit 1789 entstehende bürgerl. G. eine Gegenbewegung, die im Wesentlichen durch wirtsch.-techn. Ursachen bedingt war (Klassenbildung, Industrialisierung, Verstädterung, Auflösung patriarchal. Ordnungen, Rationalisierung u. a.). Es entstanden dabei G.-Theorien von sehr unterschiedl. Ansätzen her (Soziologie). Von histor. Bedeutung war die vom Marxismus entwickelte These, die soziale Revolution werde, unter Aufhebung des Staats, naturnotwendig die klassenlose G. verwirklichen. Dem stehen im Rahmen der G.-Kritik und G.-Reform die Anhänger einer pluralist. »offenen« G. (K. R. Popper) gegenüber, nach denen Reformen schrittweise erfolgen sollen.
Literatur:
Tönnies, F.: Gemeinschaft u. G. Leipzig 81935. Nachdr. Darmstadt 1991.
Popper, K. R.: Die offene G. u. ihre Feinde, 2 Bde. A. d. Engl. Tübingen 71992.
Elias, N.: Die G. der Individuen, hg. v. M. Schröter. Frankfurt am Main u. a. 31996.
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